Um 9 Uhr morgens ging es los: Mit der Vormittagsschicht begann am 15. März 1984 die Arbeit der TelefonSeelsorge Ostwestfalen. Seitdem stehen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Sorgen ihrer Mitmenschen bereit, jeden Tag, 24 Stunden lang, seit 40 Jahren. Um ihre Leistung zu würdigen, wird mit Unterstützung des Fördervereins das Jubiläumsjahr groß gefeiert. Los geht es mit einem Festgottesdienst mit Theopoetin Christina Brudereck, Superintendentin Dorothea Goudefroy und dem Team der TelefonSeelsorge am 15. März um 17 Uhr in der Versöhnungskirche Werste.

„Die TelefonSeelsorge ist ein Spiegel unserer Gesellschaft“, sagt Pfarrerin Petra Ottensmeyer (Foto), die mit ihrem Kollegen Martin Dohmstreich die TelefonSeelsorge im ganzen nördlichen Ostwestfalen und in Teilen des Landkreises Schaumburg leitet. Ihre Aussage stimmt in vielerlei Hinsicht: In den vier Jahrzehnten haben sich die Sorgen der Anrufenden, aber auch die Arbeitsweise und Technologien der TelefonSeelsorge geändert.

84 Männer und Frauen versehen hier ihren Dienst. Auch sie sind ein Spiegel der Gesellschaft, stammen aus allen Schichten und pendeln aus dem ganzen Einzugsgebiet in die Zentrale in Bad Oeynhausen. Auch wenn ungleich mehr Frauen mit dabei sind, ist das doch kein Missverhältnis. „Auch bei unseren Anrufern haben wir ungefähr dreimal mehr Frauen als Männer“, erklärt Dohmstreich. Zum Jahresende werden einige das Team verlassen. „Jeder Generationenwechsel bedeutet einen Einschnitt“, sagt Petra Ottensmeyer mit Blick auf ihr eingeschworenes Team. Daher freut sie sich auf den neuen Ausbildungsjahrgang im Sommer.

Als vor vierzig Jahren die Vorgängerorganisationen aus Herford, Minden und Lübbecke zusammenkamen, stiegen 27 Ehrenamtliche unter dem ersten Leiter, Pfarrer Johannes Lohmann, mit ein. Viel weniger als heute, doch freut sich Petra Ottensmeyer immer über Zuwachs: „Wir brauchen heute ein größeres Team. Die Anforderungen sind größer, und es gibt mehr Bedarf nach Hilfe.“ Die Lebensumstände der Menschen an beiden Enden der Leitung haben sich gewandelt. „Schon lange vor Corona und den Krisen der letzten Jahre begann unser Anrufaufkommen anzusteigen. Es ist kein Tabu mehr, um Hilfe zu bitten“, erklärt die Pfarrerin, die vor fünf Jahren die Leitung von Petra Henning übernommen hat.

Auch die Nöte der Menschen ändern sich. Nach Corona und dem russischen Überfall auf die Ukraine kehren altbekannte Themen zurück: Geldsorgen, Einsamkeit, körperliche und seelische Gesundheit. Als der Chad Varah vor 70 Jahren die Telefonseelsorge in England erfand, ging es um Suizidprävention. Heute ist das Spektrum vielfältiger, ein Alleinstellungsmerkmal, wie Dohmstreich erklärt. Es gäbe viele Hilfsangebote, wie Notrufe bei häuslicher Gewalt. Aber bei der TelefonSeelsorge haben die Mitarbeitenden ein offenes Ohr für alle Themen. Daher sieht er gerade die ehrenamtliche Arbeit als Stärke: „Viele Anrufende kommen aus einem therapeutischen Kontext und haben professionelle Unterstützung. Bei uns können sie einfach als Menschen mit Menschen sprechen.“

Es ist das menschliche Miteinander, das auch die Ehrenamtlichen für ihre Arbeit motiviert.  „Die Arbeit gibt etwas zurück“, weiß Ottensmeyer. Für viele ihrer Mitarbeitenden ist es die Möglichkeit, anderen zu helfen, aber auch, etwas für sich selbst zu lernen. Eine Mitarbeitende feiert sogar mit der TelefonSeelsorge gemeinsames Jubiläum: Als Mitglied der ersten Gruppe ist sie seit 40 Jahren tags und nachts am Hörer dabei. Ottensmeyer legt Wert darauf, diese Arbeit wertzuschätzen und ihr Team zu unterstützen. Wichtigstes Mittel dabei sind die Reflexionsgruppen, in denen die Mitarbeitenden sich austauschen können, aber auch Weiterbildungsangebote und die wohnlich eingerichteten Räume der TelefonSeelsorge sind Ausdruck dieser Wertschätzung. Hier haben alle Mitarbeitenden ihre Tasse, natürlich mit ihren Arbeitspseudonymen, im Regal stehen. Ottensmeyer betont: „Wohlfühlen ist bei unserer Arbeit wichtig.“

Zusammen mit ihrem hauptamtlichen Kollegen Martin Dohmstreich freut sie sich auf das Jubiläumsjahr: „Mit Unterstützung unseres Fördervereins haben wir vier Veranstaltungen geplant, mit denen wir auf die Menschen in der Region zugehen.“ Dabei sind ein Vortragsabend, ein Gospelkonzert mit Rehmissimo und ein Singegottesdienst im Advent, als Dankeschön für die Mitarbeitenden zum Tag des Ehrenamts.

(Beitrag von Kevin Potter / Evangelischer Kirchenkreis Vlotho)