Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Ihr hattet Böses mit mir vor, aber Gott hat es zum Guten gewendet!

„Unsere Schwester war immer Vaters Liebling…“ In bitterem Ton erzählt, die alten Verletzungen noch immer hörbar. Es gab nie ein klärendes Wort.
Der Satz oben steht am Ende einer Familiengeschichte des Alten Testaments. Sie erzählt von Jakob, seinen zwölf Söhnen und seinem Lieblingssohn, Josef. Von eifersüchtigen Brüdern, die ihn hassen. Als Jakob den Josef losschickt, nach den Brüdern zu sehen, kommt es beinahe zum Äußersten. Wir schlagen ihn tot! Doch einer hat Skrupel. Sie verkaufen ihn als Sklaven nach Ägypten. Dem Vater zeigen sie Josefs Mantel, voller Blut – ein wildes Tier habe ihn getötet. Ein Kartell des Schweigens – Vater darf die Wahrheit nie erfahren!
In Ägypten geht seine Geschichte weiter, sie erzählt von Vertrauen und Lüge, Intrigen und Undankbarkeit. Und Josef sitzt im Gefängnis. Bis zu dem Tag, wo Ägyptens Pharao träumt: Sieben große Kornähren, die von sieben dürren verzehrt werden; sieben fette Kühe, die von sieben mageren gefressen werden. Keiner kann die Träume deuten. Außer Josef. Auf sieben fruchtbare Jahre werden sieben Dürrejahre folgen. Josef wird zur rechten Hand des Pharaos. Lässt Speicher bauen.
Dann wird das Korn knapp, überall in den Ländern ringsum. Auch Jakob schickt seine Söhne nach Ägypten, Korn zu kaufen. Josef erkennt seine Brüder, sie erkennen ihn nicht. Er stellt sie hart auf die Probe.
Jakobs Familie siedelt über nach Ägypten. Ende gut, alles gut? Doch nach dem Tod Jakobs ist da plötzlich die schreckliche Angst, Josef könnte sich rächen. Im Rückblick auf sein Leben mit all den Wendungen beruhigt er sie, und spricht diesen erlösenden Satz. „Ihr wolltet mir Böses. Gott wendete Böses zum Guten.“
Dieses Fazit ist schon eine Zumutung für viele Lebenserfahrungen, wenn am Ende eben doch nichts Versöhnliches zu erkennen ist. Aber auch eine Ermutigung, manchmal geschieht so etwas wirklich.
Gott sei Dank.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.

 

 

 

Dieter Maletz

Dieter Maletz

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Oberlübbe-Rothenuffeln

Geh aus, mein Herz, und suche Freud

Geh aus, mein Herz, und suche Freud ist das wohl bekannteste geistliche Sommerlied zumindest des deutschsprachigen Protestantismus. Ganz sommerlich ist da etwa von der schönen Gärten Zier, von Täublein und Schwälblein, von schnellem Hirsch und leichtem Reh die Rede.

Wer sich jedoch die Lebensgeschichte des Lieddichters Paul Gerhardt (1607 – 1676) einmal genauer ansieht, mag sich wundern ob dieses so fröhlich und unbeschwert anmutenden Textes. Gerhardt erlebt den Dreißigjährigen Krieg in all seiner Länge und Grausamkeit, von fünf Kindern überlebt nur eines seine Eltern, auch seine Frau verliert er früh. Dies nur die heftigsten der vielfältigen Schicksalsschläge, die sein Leben prägen.

Und doch dichtet Gerhardt in diesem Lied nun von den schönsten Seiten der Welt und des Lebens. Wie geht das zusammen?

Ein Hinweis findet sich bereits in der allererste Zeile. Geh aus, mein Herz, und suche Freud. Freude möchte gesucht werden. Und zwar, indem man mutig in die Welt und in das Leben hinausgeht. In den (unvermeidlichen) Krisen des Leben wird das besonders deutlich, wenn Freude ihre Selbstverständlichkeit verliert und zuweilen mühsam errungen werden muss.

Die wahre Quelle für Gerhardts Freude jedoch kommt erst in der zweiten Hälfte des Liedes zum Ausdruck. Es ist sein, auch angesichts aller Schicksalsschläge, unerschütterliches Vertrauen auf Gott und seine Vorfreude auf das Leben in Gottes Reich, die ihn durch die Tragödien seines Lebens hindurchtragen und ihn dichten lassen:

Welch hohe Lust, welch heller Schein / wird wohl in Christi Garten sein! / Wie muss es da wohl klingen, / da so viel tausend Seraphim / mit unverdrossnem Mund und Stimm / ihr Halleluja singen?

So ein tiefes Gegründetsein in Gott wünsche ich Ihnen, wünsche ich uns allen. Und ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sommer, in dem Sie hoffentlich möglichst viel von dem erleben können, was Paul Gerhardt vor bald vierhundert Jahren so unvergesslich besungen hat.

Roman Groß

Roman Groß

Pfarrer der Ev.-Ref. Petri Kirchengemeinde Minden

Es war einmal…

Warum alte Geschichten auch heute noch wichtig sind

 

„Da fällt mir eine Geschichte ein….“ – wenn mein Großvater so oder so ähnlich begann, wusste ich: Jetzt kommt wieder eine Geschichte von früher. Und ich habe mich manchmal gefragt: Warum erzählt Opa das jetzt? Mittlerweile weiß ich, was mein Opa mir sagen wollte.

Denn in diesen Geschichten ging es um Menschen und ihr Tun. Und ich stelle fest: Wir mögen ja hundert Jahre weiter sein als die Menschen aus Opas Geschichten – aber eigentlich machen sie immer noch das, was sie früher auch gemacht haben. Ob Liebe oder Hass, ob Streit oder Versöhnung – alles das treibt auch heute die Menschen um. Wenn also mein Opa von früher erzählte, wollte er sagen: Das haben Menschen damals gemacht – und so könnten sie sich auch heute verhalten. Es war seine kleine Lektion in Geschichte, die mir helfen sollte, menschliches Verhalten in der Gegenwart besser zu verstehen.

Deshalb ist es auch so spannend, in der Bibel zu lesen. Da begegnen uns Menschen, die vor zwei- oder dreitausend Jahren gelebt haben – und sie verhalten sich auch nicht viel anders als Menschen heute. Da begegnen uns Könige, die einen Krieg anfangen, um ihr Reich zu vergrößern, andere, die eitel und prahlerisch sind – aber auch Menschen, die sich selbstlos für Mitmenschen einsetzen. Menschen, die fröhlich sind oder traurig, hoffnungsvoll oder auch mutlos.

Und mittendrin begegnet uns Gott – der heute derselbe ist, der er gestern war. Wenn ich lese, dass Gott einen Petrus nicht fallen ließ, obwohl er Jesus verleugnete, dann denke ich: Danke, Gott, dass du mich trotz aller meiner Fehler auch nicht fallen lässt. Wenn ich lese, dass Jesus sagte: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“, dann freue ich mich, dass er auch jetzt bei mir ist, egal, was passiert.

Gut, dass es diese alten Geschichten gibt. Sie machen mir auch heute Mut.

Thomas Salberg

Thomas Salberg

Pfarrer der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Friedewalde