Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Wo ist Gott?
Ist Gott bei denen in der Kirche? Ist er bei denen, die irgendwo weit entfernt große Erweckungen erleben, riesige Gottesdienste feiern? Ist Gott weit weg oben im Himmel?
Der Prophet Jeremia lässt es im Monatsspruch für den beginnenden September so klingen, wenn er in Gottes Namen redet und fragt: “Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?” Jeremia 23:23.
Und die Antwort ist: Ja! Gott ist bei denen in der Kirche, bei den großen Gottesdiensten am anderen Ende der Welt und oben im Himmel. Gott ist weit weg.
Und trotzdem ist er jetzt hier. Bei mir. Ganz nah. Ganz aufmerksam. Für das, was mein Herz und meine Gedanken bewegt. Das, was ich heute erlebe. Es gibt keinen Ort auf der Erde, an dem er nicht für mich da wäre. Bei Jeremia beantwortet Gott die Frage am Ende selber: „Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?“ Ja. Das ist Gott. Der, der die ganze Erde erfüllt. Der sogar mir heute persönlich begegnet.
Wie das geht, wie das aussehen kann, das sehen wir bei Jesus. Immer wieder. Auch in seiner Begegnung mit einer Frau, die eigentlich dachte weit weg von Gott zu leben. Mittags geht sie zum Brunnen, um Wasser zu holen. Mitten in ihrem Alltag spricht Jesus sie an. Stört sie erstmal. Aber als sie ins Gespräch kommen, merkt sie, wie gut Jesus sie schon kennt. Wie offen, sogar liebevoll er ihr begegnet. Wie er etwas neues, etwas stärkendes, annehmendes in ihr Leben hineinbringt. Sie ist so begeistert, dass sie gleich ihrem ganzen Dorf davon erzählt, einem Dorf voller Menschen, die vom jüdischen oder christlichen Glauben nichts wussten oder wissen wollten. Und Jesus bleibt noch ein paar Tage. Unangekündigt platzt er in dieses Dorf hinein und prägt die Menschen. Durch seine Nähe, seine Offenheit, seine Liebe. Niemand dort hatte damit gerechnet. Aber auf einmal war Gott da. Viel näher als erwartet. Zum Glück.
Falls sie die Geschichte von der Begegnung am Brunnen noch einmal nachlesen möchten: Johannesevangelium 4,1-42.
Christine Berneburg
Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lerbeck
Was Gott am siebten Tag so macht
Sonntagsruhe
„Der liebe Gott ist nicht zuhause“, höre ich eine Frau mit Engelsstimme. „Heute ist Sonntag, da hat der liebe Gott frei.“ Ich würde doch die Schöpfungsgeschichte kennen: „Am siebten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken.“ (1.Mose 2,2)
„Aber wie stellen Sie sich das vor“, frage ich zurück, „kann denn der liebe Gott sich so einfach frei nehmen? Ich meine, der wird doch gebraucht heutzutage. Schließlich leben wir nicht mehr im Paradies.“ „Nun“, erklärt mir die Engelsstimme geduldig lächelnd, „der liebe Gott versteht es, Arbeit zu delegieren. ‚Appropriaton‘ heißt das Zauberwort. Damit umschifft er einen alten Lehrsatz, nach dem die Werke der Dreieinigkeit nach außen hin stets ungeteilt sind.“ So schicke er sonntags den Heiligen Geist los. Jesus müsse ja zur Kirche. „Wegen des Abendmahls, na, Sie wissen schon.“
„Und was“, frage ich, „macht Gott Vater so an seinem freien Tag?“ „Also, frühmorgens, da schwimmt der liebe Gott in der Regel mit den Delphinen um die Wette. Dann legt sich der liebe Gott auf die faule Haut und eine Blumenwiese, sieht – im Schatten eines Baumes – den Wolkenmalern zu. Liest Hermann Hesse oder blättert in einem Asterix-Heft. Später lässt er sich noch zu einem Stück Apfelkuchen einladen.“ Von Adam und Eva, die übrigens auch Andreas und Sabine heißen könnten. Die Schöpfungserzählungen seien schließlich keine Historienberichte. Es ginge da nicht um Weltentstehung, sondern um Lebensdeutung. Also, wie die Welt eigentlich von Gott gemeint sei.
Bei schönem Wetter spiele der liebe Gott gerne mit den Kindern ein bisschen Beach-Volleyball. Mit Kain auch noch eine Partie „Mensch-ärgere-dich-nicht“, was für diesen immer eine große Herausforderung darstellt.
Als am Abend ein paar himmlische Klaviertöne über die Erde wehen, da ahne ich, was die Engelsstimme gemeint und worauf sich der Kabarettist Hans Dieter Hüsch seinen eigenen Reim gemacht hat:
„Die Frage ist:
Soll‘n wir sie lieben, diese Welt,
Soll’n wir sie lieben?
Ich möchte sagen: Wir woll’n es üben.“
Jens Burgschweiger
Pfarrer am Bessel-NRW-Sportgymnasium Minden
Sammle Farben für den Winter
Die Wimpelkette wird immer länger. Rote, grüne, orangefarbene, blaue und gelbe Dreiecke habe ich zusammengefügt und fertige immer noch weitere an. Auf jedes Dreieck schreibe ich ein besonderes Erlebnis dieses Sommers. Manchmal nur in Stichworten, manchmal zwei Sätze. Ich will sie einfach nicht so schnell vergessen, die kleinen und großen Begebenheiten, Farben und Gerüche! Ich schaue mir meine Wimpel an und lese z.B. „Störche“ – ein großartiger Moment, die Gruppe von gut dreißig Störchen, die sich auf den Feldern versammelte! „Blühendes Rapsfeld“ – meine Wanderungen im Juniurlaub entlang der Ostseeküste – in dieser Erinnerung steckt so viel Urlaubsgefühl!
Jedes Jahr sammle ich meine Sommererinnerungen und schaue rund um den Herbstanfang zurück – was durfte ich in diesem Sommer erleben, riechen, schmecken und fühlen? Das Eis auf der Hand, Sonne auf der Haut. Glitzerndes Wasser und saftiges Grün der Bäume. Blühende Gärten und Wiesen. Wolkenspiel und schönste Sonnenaufgänge. All diese Farben von Unterwegs und von Zuhause will ich mitnehmen in den Herbst und den Winter. Dann, wenn es nasser, grauer und kälter wird, soll meine Seele sich an Sommer, an Farben und Gerüche erinnern und so auch manchem Nebel standhalten und froh bleiben können.
Im Psalm 103 heißt es „Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Ich will nicht vergessen. Weder die ganz großen guten Sachen in meinem Leben und nicht das Gute dieses Sommers. Und ich danke Gott als dem Schöpfer und Hüter meines Lebens. Deshalb tut mir gut, mich gut zu erinnern – was war im Juni? Was im Juli?
Woran erinnern Sie sich? Welche kleinen und großen Sommergeschichten fallen Ihnen ein? Und mögen Sie Ihre Momente und Farben sammeln für den Winter? Für die Zeit, wenn der Alltag wieder Oberhand gewinnt? „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Alle Farben des Sommers gegen das Vergessen. Ich wünsche Ihnen bestes Sammeln und Erinnern.
Sabine Hülsiepen
Gemeindepädagogin der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lahde