Im wahrsten Sinne des Wortes zwingt mich dieser Tage oft ein Ohnmachtsgefühl in die Knie. In solchen Momenten schließe ich die Augen und lasse meinen Gedanken Raum:

„Wie wird er sein, unser Alltag in drei oder vier Monaten? Werden wir verzichten müssen? Wann werden wir die Krise überwunden haben? Wie wird es danach sein?

Solche und andere Fragen schwirren mir durch den Kopf. Die Schrecken des Krieges toben ohne Halt weiter. Die Nachrichtensendungen überschlagen sich mit negativen Prognosen.

Ich habe ein Déjà-vu. Irgendwie kenne ich diese Anspannung und diese Fragen alle schon.

Seit nun mehr als zwei Jahren befinden wir uns im Ausnahmezustand. Und nun werden wir als Gesellschaft wieder herausgefordert unsere eigenen Bedürfnisse einzuschränken und solidarisch zu sein.

Um ehrlich zu sein, diesmal fühlen sich die Opfer, die ich bringen soll, bedrohlicher an.

Keine Frage, die Isolation im Lockdown war hart und eine wirklich einschneidende Lebenserfahrung. Aber an die Masken habe ich mich schnell gewöhnt, Impfungen waren für mich nie ein Problem.

Nun aber, stehe ich vor der Herausforderung, zuhause den Gashahn abzudrehen und Geld zur Seite zu legen, um im kommenden Jahr meine Nebenkosten begleichen zu können.

Verstehen Sie mich nicht falsch, nichts was ich tun muss und soll ist vergleichbar mit dem, was Menschen in der Ukraine erfahren und geben müssen. Das weiß ich und dieser Vergleich weckt immer wieder tiefe Demut in mir.

Dennoch merke ich, dass auch mir die vergangenen Jahre ganzschön zugesetzt haben und dass es mir schwerfällt, jetzt wieder und weiterhin Solidarität und Kampfgeist zu beweisen.

Und mit diesem Gefühl trete ich aktuell oft im Gebet vor Gott. Dort ziehe ich ihn zur Verantwortung, klage ihm mein Leid, werde meine Sorgen los und bitte um Kraft.

Und wenn ich dann, nach diesen Gebeten, die Augen wieder öffne, dann fühle ich mich von guten Mächten wunderbar geborgen und kann getrost auf das warten, was kommen mag.

Alexander Möller

Alexander Möller

Vikar, St.-Martini-Kirchengemeinde Minden