Minden. Nicht die langen Wege in ihrer Heimat oder schlechte Flugverbindungen, sondern die deutsche Visabürokratie hätte den lang geplanten Besuch fast verhindert: Die zehnköpfige Delegation um Superintendent Anderson Kipande aus Kaskazini, dem tansanischen Partnerkirchenkreis des Evangelischen Kirchenkreises Minden, musste Geduld mitbringen. Am 9. Mai trafen die ersten Delegierten in Minden ein; bis alle drei Reisegruppen ihr Ziel erreicht hatten, sollte es noch vier Tage dauern. Auf sie wartete ein Programm voller Begegnungen, Entdeckungen und Austausch. Immer wieder Thema dabei: Wasser.

Die Usambaraberge bestimmen die Landschaft im Kirchenkreis Kaskazini der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Tansania. Entlang der Regenwälder an ihren imposanten Hängen verfangen sich die Nebelwolken und lassen den Panganifluss anschwellen. Doch obwohl die jährliche Niederschlagsmenge selbst das platzregengewöhnte Mindener Land in den Schatten stellt, bleibt Wasser ein kritisches Thema. Außerhalb der Regenzeiten trocknet die Landschaft aus, und ein Drittel der Bevölkerung hat immer noch keinen verlässlichen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Dies war Ansporn genug für die Partnerkirchenkreise, das Projekt „Masi kwa woshe – Wasser für alle“ ins Leben zu rufen, um mit Rat und aktiver Unterstützung die Wasserversorgung in Kaskazini zu sichern. Vertreten war das Projekt durch Pfarrer Richard Mavale, Peris Mbazi und Elizabeth Shenkawa vom Wasserkomitee der Gemeinde Mnazi, die mit ihren Mitreisenden Gelegenheit hatten, die Wasserwirtschaft im Mühlenkreis näher kennenzulernen, einschließlich fachkundiger Führung durch Wasserwerke und einer Fahrt durch die Schachtschleuse. Die Besucher aus Tansania und Dr. Anne-Christina Achterberg-Boness, die zur Wasserverteilung in den Usambarabergen geforscht hat, stellten das wichtige Projekt in St. Thomas und im BÜZ vor. Bei trockener Theorie blieb es nicht, da die in Ostafrika aufgewachsene Dr. Achterberg-Boness auch als Sängerin der tansanischen Reggaegruppe Rise’n’Shine fungiert und mit ihren Bandkollegen das Publikum begeisterte. Das mit der Verbundschule Hille im BÜZ ausgerichtete „Konzert & Mehr“ war dann auch eines der vielen musikalischen Highlights des Besuchs.

Neben dem Austausch zu „Masi kwa woshe“ nahm das Thema Bildung einen wichtigen Platz in den zwei Wochen in Minden ein. Besuche in der Grundschule am Wiehen, der Wichernschule und des Herdergymnasiums standen mit auf dem Programm und waren besonders interessant für die mitreisenden Pädagogen aus Tansania: Die Grundschule Kalusese hatte ihre Leiterin Eni Elias und den Lehrer Albert Mapande als Gäste der Grundschule am Wiehen mit auf die Reise geschickt; Schulleiter David Manyanga vertrat seine weiterführende Schule in der Ortschaft Malindi. Besonders beeindruckte sie die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler als Einzelpersonen wahrzunehmen und zu fördern. Die Klassengrößen bei der sehr jungen und wachsenden Bevölkerung Tansanias machen diese enge Förderung unmöglich, dennoch nahmen die drei Pädagogen wichtige Anreize mit zurück in ihre Heimat.

Am Samstag begeisterte ein Besuch in Berlin einschließlich Führung durch den Reichstag die nun vollzählige Delegation. Auch in Minden wurden die Besucher um Anderson Kipande von Landrat Ali Dogan empfangen, und die Teilnehmer aus Tansania hatten am Mittwoch Gelegenheit zum Austausch mit Superintendent Michael Mertins und Mitarbeitenden des Kreiskirchenamts bei einem Frühstück im Martinihaus. Doch waren neben diesen offiziellen Empfängen gerade der private Austausch und die Teilnahme am kirchlichen Leben im Evangelischen Kirchenkreis Minden wichtig für die Besucher. Mit Gesang und Gebet gestalteten sie Konfirmationen in St. Thomas und St. Jakobus mit und machten die Gottesdienste für die deutschen Konfirmanden zu unvergesslichen Erlebnissen.

Auch Pfarrerin Catharina Bluhm zeigte sich beeindruckt von der schieren Energie ihrer Besucher, die selbst nach der anstrengenden Reise und dem vollen Besuchsprogramm noch ihre Gastgeber anspornten: „Am Schönsten war das einfache Zusammensein im Garten eines Gemeindeglieds: Zusammen essen, zusammen singen, und immer wieder die Aufforderung: Steh auf, tanz mit, zeig, was Du kannst!“

Für Cecilia Lucasi und Teresia Jackson, Gemeindeglieder aus Malindi, war der Besuch im Kirchenkreis Minden eine einmalige Erfahrung: „Nie hätten sie geträumt, in ihrem Leben noch Deutschland kennenzulernen“, berichtet Pfarrer Michael Brandt. „Sie dankten ihren Gastgebern, aber noch mehr Gott für diesen Empfang und dieses Erlebnis.“