Neulich fiel es mir wieder auf.

Wie oft benutzen wir Wörter und Redewendungen, die aus der Bibel stammen ohne groß darüber nachzudenken.

Dabei müssten wir bei manchen Kombinationen eigentlich stutzig werden.

„Bei der Erziehung meines Dackels ist Konsequenz das A und O“, erklärt mir der Hundebesitzer aus der Nachbarschaft. „Angesichts der wachsenden Gewalt an den Schulen ist Prävention das A und O“, versichert mir der Vorsitzende der Schulpflegschaft. „A und O ist und bleibt die Hygiene“, lese ich im Krankenhaus auf einem großen Plakat, das vor Infektionen warnt.

Das „A und O“ ist ein geläufiger Ausdruck für das geworden, was wirklich wichtig ist, für das Entscheidende, von dem alles andere abhängt, für den Kern der Sache.

Aber warum heißt es eigentlich „A und O“ und nicht „A und Z“ – eine Redewendung, die viel logischer wäre?

Weil sie ursprünglich auf das griechische Alphabet zurückgeht, dessen erster Buchstabe das A und dessen letzter das O ist. In der Antike galten A und O deshalb als Symbol für das Allumfassende. In diesem Sinne haben die Buchstaben auch Eingang in das Neue Testament gefunden: „Ich bin das A und das O, spricht Gott, der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ (Offenbarung 1,8)

Gott hält die Welt in seinen Händen. Auf ihn läuft unser Leben zu, mag uns dies nun bewusst sein oder nicht. Anfang und Ende unterliegen nicht einem blinden Schicksal, sondern ruhen in Gott.

Hier ist meine wahre Heimat. Von Gott komme ich her, zu ihm kehre ich am Ende heim. Mein ganzes Leben hindurch bin ich zu ihm unterwegs.

Eine jüdische Geschichte erzählt davon. Eines Tages bekommt ein polnischer Rabbiner unverhofft Besuch. Der Gast wundert sich, wie spartanisch der Rabbi lebt – in einem winzigen Zimmer, mit nur einer Bank, einem Tisch und einem Stuhl.

Er fragt deshalb den Rabbi: „Rabbi, wo hast du denn deine Möbel und den anderen Hausrat?“

Der Rabbi antwortet ihm mit einer Gegenfrage: „Wo hast du deine?“ – „Meine?“, staunt der Gast. „Ich bin doch hier nur auf der Durchreise!“ – „Siehst du“, sagt der Rabbi lächelnd, „ich auch.“

Esther Witte

Esther Witte

Pfarrerin, Kirchengemeinde Schlüsselburg, Heimsen und Windheim-Neuenknick