Der November ist für viele Menschen ein trauriger Monat: Es wird früh dunkel, die Sonne geht und der Winter-Blues kommt. Dazu passt der morgige Totensonntag. In der evangelischen Kirche ist das ein Gedenktag für die Verstorbenen. In vielen Gemeinden finden Gottesdienste statt. Dort wird an die Verstorbenen des vergangenen Jahres erinnert, ihre Namen werden verlesen, Kerzen entzündet. Viele Menschen besuchen die Gräber auf dem Friedhof.

Aber hilft das alles? Ist es nicht manchmal besser, zu vergessen, als sich dem Schmerz über den Verlust auszusetzen? Ein Mensch ist gestorben, was kann der Besuch auf dem Friedhof oder ein Gottesdienst daran ändern?

Herbert Grönemeyer singt in seinem Lied „Mensch“: „Und der Mensch heißt Mensch, weil er vergisst, weil er verdrängt. Und weil er schwärmt und stählt, weil er wärmt, wenn er erzählt. Und weil er lacht und weil er lebt. Du fehlst.“

Dieser Songtext trifft die Spannung ziemlich gut: In der Trauer um geliebte Menschen gibt es beides: Ich bin tieftraurig und verzweifelt, mal länger, mal etwas kürzer. Ich will und muss erzählen von dem Verstorbenen, von seinem Leben und Sterben. Und das ist wichtig, so kann ich Abschied nehmen. Ich will und muss mich erinnern. Aber es ist auch wichtig, den Alltag aufrecht zu erhalten, mal was ganz anderes zu machen, zu vergessen. Beides gehört zusammen. Genau in dieser Spannung kann das Leben weitergehen. In aller Trauer und aller Erfahrung von Leid kann das Leben manchmal auch ungetrübt und leicht sein.

Der Verlust bleibt. Der geliebte Mensch fehlt. Die Traurigkeit kommt immer wieder einmal, manchmal auch nach langer Zeit noch. Aber sie ist nicht das einzige. Daran erinnert mich der morgige Sonntag. Das bewegt mich, wenn ich auf den Friedhof gehe: Das Leben, die Liebe ist stärker als der Tod. Das letzte Wort über uns hat nicht der Tod, sondern die Hoffnung auf Leben bei Gott. Das gibt mir Kraft.

Petra Ottensmeyer

Petra Ottensmeyer

Pfarrerin, TelefonSeelsorge Ostwestfalen