Finde ich auch. Seit Tagen lässt mich die Idee nicht los: welche 95 Sätze würden auf meinem Kostüm stehen? Denn so nötig Luthers Thesen vor rund 400 Jahren waren, wir brauchen heute andere. Man kann man über den Reformstau der Kirche immer reden, aber die entscheidende Frage ist doch, was hat Kirche mit mir und mit meinem Glauben zu tun.
Über Kirche schimpfen, kein Problem. Aber ich bin Teil der Kirche. Kirche ist nicht abstrakt. Kirche, das bin auch ich. Kirche sind wir als Glaubende und Suchende, als Menschen, die nach Gott fragen, mit Gott leben. Gott lässt uns als Christen nicht allein durchs Leben gehen. Er stellt uns in eine Gemeinschaft. Weil es nämlich viel einfacher ist, mit meinen Fragen und Erfahrungen jemanden zum Reden zu haben. Das geht natürlich im Gebet. Aber manchmal muss ein Mensch her, mit dem ich meinen Glauben, auch meine Zweifel teilen kann, um zu überprüfen, ob ich in meinem Denken über Gott richtig liege.
Dafür ist Kirche da: ein Ort, wo ich glaubensmäßig auftanken kann. Wo jemand für mich betet. Wo wir gemeinsam in der Bibel herauszufinden versuchen, was Gott uns denn heute zu sagen hat und was das mit unserem Leben zu tun hat. Hier bekomme ich die Zusage, dass Gott mich liebt. Und das wir als Christen diese Liebe weitergeben sollen in jeden Winkel dieser Erde.
Auf meinem Kostüm sollten mutmachende, hoffnungsvolle Worte und Texte stehen. Denn Kirche, die Gemeinschaft von Christen hat etwas zu bieten. Genauer: Gott bietet eine Hoffnung, die über menschliches Fehlverhalten in Kirche hinausgeht. Auf meinem Kostüm sollte stehen, dass Gott uns begleitet. Dass wir uns an ihn wenden dürfen, er hört uns zu, schenkt Vergebung, Heilung, Gnade. Von Gottes Barmherzigkeit sollte zu lesen sein, die in Jesu Tod und Auferstehung ihren Höhepunkt hat und uns bis heute gilt. Von Gottes Liebe. Die wir erleben und weitergeben. Denn zu lieben sind wir da.
Pastorin Nicole Bernady
Ev.-methodistische Kirche – Gemeinde mit Herz