Warum alte Geschichten auch heute noch wichtig sind
„Da fällt mir eine Geschichte ein….“ – wenn mein Großvater so oder so ähnlich begann, wusste ich: Jetzt kommt wieder eine Geschichte von früher. Und ich habe mich manchmal gefragt: Warum erzählt Opa das jetzt? Mittlerweile weiß ich, was mein Opa mir sagen wollte.
Denn in diesen Geschichten ging es um Menschen und ihr Tun. Und ich stelle fest: Wir mögen ja hundert Jahre weiter sein als die Menschen aus Opas Geschichten – aber eigentlich machen sie immer noch das, was sie früher auch gemacht haben. Ob Liebe oder Hass, ob Streit oder Versöhnung – alles das treibt auch heute die Menschen um. Wenn also mein Opa von früher erzählte, wollte er sagen: Das haben Menschen damals gemacht – und so könnten sie sich auch heute verhalten. Es war seine kleine Lektion in Geschichte, die mir helfen sollte, menschliches Verhalten in der Gegenwart besser zu verstehen.
Deshalb ist es auch so spannend, in der Bibel zu lesen. Da begegnen uns Menschen, die vor zwei- oder dreitausend Jahren gelebt haben – und sie verhalten sich auch nicht viel anders als Menschen heute. Da begegnen uns Könige, die einen Krieg anfangen, um ihr Reich zu vergrößern, andere, die eitel und prahlerisch sind – aber auch Menschen, die sich selbstlos für Mitmenschen einsetzen. Menschen, die fröhlich sind oder traurig, hoffnungsvoll oder auch mutlos.
Und mittendrin begegnet uns Gott – der heute derselbe ist, der er gestern war. Wenn ich lese, dass Gott einen Petrus nicht fallen ließ, obwohl er Jesus verleugnete, dann denke ich: Danke, Gott, dass du mich trotz aller meiner Fehler auch nicht fallen lässt. Wenn ich lese, dass Jesus sagte: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“, dann freue ich mich, dass er auch jetzt bei mir ist, egal, was passiert.
Gut, dass es diese alten Geschichten gibt. Sie machen mir auch heute Mut.

Thomas Salberg
Pfarrer der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Friedewalde