Neben mir liegt der Kalender zur Fußball-EM. In den nächsten 4 Wochen werden viele Termine um die entscheidenden Spiele der EM herumgelegt. Dabei kommt es sehr darauf an, wer gerade spielt: ist es Deutschland oder hat jemand vielleicht noch eine andere Mannschaft als Favoriten? Bei Sitzungen werden zwischendurch Spielstände mitgeteilt. Public Viewing ist angesagt, auch in Kirchen. Deutschland im Fußballfieber. Ein zweites Sommermärchen – das hätte was. Ob das klappt?
Fußball ist für viele die schönste Nebensache der Welt. Und so mache ich mit: lege Termine um, toleriere Terminverschiebungen und Jubel- oder Entsetzensschreie während der Spiele, koche landestypisch je nach Mannschaft, wenn ich mit Jugendlichen ein Spiel angucke, und freue mich, wenn die Fans um mich herum zufrieden sind. Wenn es richtig spannend wird, packt es mich aber auch. Dann bete ich, dass es fair läuft.
Ich hoffe, dass Schiedsrichter wirklich unparteiisch sind und das Wesentliche mitbekommen. Ich hoffe, dass die Spieler, gleich welcher Mannschaft, nicht unter ihren Möglichkeiten bleiben. Und ich hoffe, dass sie fair spielen.
Fair play – das wünsche ich mir nicht nur für den Fußball. Das erhoffe ich mir auch für das neue Europaparlament. Für die deutsche Politik. Für unser Miteinander hier in Minden. Fair play heißt, zuzuhören, wenn mir andere Meinungen begegnen. Mich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Und anzuerkennen, dass es auch eine andere Sicht auf Situationen gibt, die mir vielleicht fremd sind.
Jesus hat vor seiner Kreuzigung gebetet: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“ Es gehört viel Gottvertrauen dazu, das zu beten. Damals. Und heute: bei der EM. Bei all den großen und kleinen Entscheidungen in Europa, in unserer Welt, in meinem eigenen Leben. Zum Glück hat Gott wirklich den Überblick. Und da, wo ich engstirnig und hartherzig bin, ist Gott barmherzig und gnädig. Zum Glück kommt es bei Gott nicht nur auf Leistung an, bei ihm sind wir auch so okay.
Nicole Bernardy
Pastorin, Evangelisch-methodistische Kirche