Minden. Die Sperrung auf der A2 und kilometerweiter Rückstau auf allen Umgehungsstraßen hatten sie nicht aufhalten können: 180 Freunde, Kollegen und Mitstreiter waren gekommen, um in der Martinikirche den Verwaltungsleiter des Ev. Kirchenkreises Minden, Ulrich Schlomann, feierlich aus seinem Amt zu verabschieden. Doch damit nicht genug: Auch der bereits Ende Oktober 2020 offiziell, aber unter strengen Coronaeinschränkungen nur im kleinen Kreise verabschiedete Superintendent Jürgen Tiemann sollte gebührend gewürdigt und der neue Verwaltungsleiter im Haus der Kirche, Dietrich Trölenberg, in sein Amt eingeführt werden.

„Wir müssen uns als Kirche neu aufstellen? Wie schön!“ In seiner Predigt sprach Superintendent Michael Mertins die Nöte der Zeit mit fast kämpferischem Ton an. Wandel, Veränderung, auch Verkleinerung seien Fakt, aber was als Zeit der Dürre und Trübsal erscheinen mag, wäre für Christen Ansporn zu fröhlicher Hoffnung. Doch manche Veränderung täten leid, wie der Abschied von Ulrich Schlomann. Dieser habe sein Amt als Dienst an den Gemeinden und den Menschen verstanden. „Alles Leiten sei ein Dienen“, betonte Mertins in Anlehnung an die Barmer Erklärung. So habe Ulrich Schlomann gewirkt, und so „wird die Kirche die Zukunft gewinnen.“

Ulrich Schlomann selbst dankte den Versammelten, besonders seinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus der Kirche für 17163 Tage guter Zusammenarbeit. Diese bedankten sich im Gottesdienst mit einer musikalischen Überraschung für ihren alten Chef. Als Chor des Tages unter Leitung von Kreiskantor Nils Fricke sangen sie dem sichtlich gerührten Ulrich Schlomann seine liebsten Kirchenlieder. Nicht enden wollende Standing Ovations begleiteten den scheidenden Verwaltungsleiter zum Abschluss.

Als Mitglied des Kreissynodalvorstands würdigte Kira Lepsien im persönlichen Gespräch die Zusammenarbeit mit Ulrich Schlomann mit seiner unaufgeregten und immer persönlich und inhaltlich überzeugenden Art. Er habe selbst knifflige oder strittige Themen immer genau recherchiert und gut vorbereitet in die Verhandlungen und zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Sie freue sich schon auf die Zusammenarbeit mit seinem Nachfolger, dem durch die Leistungen Ulrich Schlomanns „nicht nur ein guter Ruf, sondern ein richtiger Wind vorausgeht,“ sagte Lepsien. Dank kam auch vom Trägerverein des Hauses Mariensee auf Langeoog, der Insel, der sich Ulrich Schlomann seit Jahren beruflich und persönlich verbunden fühlt. Auch aus dem Kirchenkreis Vlotho kam echt ostwestfälisches Lob: Ulrich Schlomann sei „einer von hier, einer wie wir“, sagten übereinstimmend und anerkennend Superintendent i.R. Andreas Huneke und der stellvertretende Verwaltungsleiter Uwe Henke.

Stiller, aber nicht weniger herzlich gestaltete sich die Würdigung von Superintendent i.R. Jürgen Tiemann. Nachdem seine offizielle Verabschiedung vor zwei Jahren zwar in Anwesenheit der Präses Annette Kurschus, aber im publikumsleeren Mindener Dom stattfinden musste, war nun die Gelegenheit für einen öffentlichen Dank. Superintendent Mertins und Pfarrer Bernhard Speller, der bereits unter Jürgen Tiemann als Assessor dienen konnte, sprachen seine vielfältigen Leistungen und Qualitäten an, gelungene Aufbrüche wie die Verbindung der kreiskirchlichen Diakonie mit der Stiftung Salem-Köslin oder Abschiede wie den Verkauf des Hauses Reineberg, aber besonders Tiemanns Fähigkeit, Leitung und Teamgeist zu verbinden und den Kirchenkreis mit der Politik und Gesellschaft vor Ort zu verknüpfen.

Zwei Abschiede, ein Ankommen: Abschließend wurde Dietrich Trölenberg in sein Amt als neuer Mann an der Spitze des Hauses der Kirche eingeführt. Superintendent Mertins betonte das unerwartete Profil des neuen Verwaltungsleiters. Nicht nur sei er als erfolgreicher Steuerberater ein Mann der Zahlen. Der in Friedewalde aufgewachsene und fest verwurzelte Dietrich Trölenberg bringe als ausgebildeter Landwirt noch ganz andere Qualitäten mit. Als Finanzfachmann, Landwirt und Posaunenchorleiter in seiner Heimatgemeinde habe er die „perfekten Vorraussetzungen für ein Kirchenleitungsamt in Ostwestfalen.“ Er wisse, wie ein Feld gut bestellt wird, und ein gut bestelltes Feld habe ihm Ulrich Schlomann hinterlassen. Obwohl Dietrich Trölenberg bereits seit drei Jahren für den Kirchenkreis arbeitet und noch von Superintendent Tiemann für seinen Dienst eingesegnet wurde, war der Wechsel an die Verwaltungsleitung doch ein Neustart für ihn. Und so gab es zur Einführung ein passendes Geschenk: Eine Schultüte mit allerlei symbolischen Gegenständen, die ihn daran erinnern sollen, seinen Dienst umsichtig und menschlich auszufüllen.

(Beitrag von Kevin Potter)