Am 18. April jährte sich zum 500. Mal Martin Luthers Auftritt beim Reichstag zu Worms. Vor Kaiser und Spitzen von Staat und Kirche bekannte er sich zum evangelischen Verständnis christlichen Glaubens. Dafür riskierte er sein Leben. Was gab ihm Mut, so einzustehen?

Er selbst nannte „die klaren Vernunftgründe“ und sein „Gewissen“, das an den Aus­sagen der „heiligen Schrift“, der Bibel, ausgerichtet war. Dagegen kam selbst der Kaiser nicht an. So wurde Luther zum Wegbereiter unserer Gesell­schaft, in der staatliche Macht durch Vernunft und das Gewissen des/r Einzelnen begrenzt wird.
Der Mensch heute braucht beides, Vernunft und Gewissen: Gewissen ohne Vernunft wird Aberglauben, der ängstigt statt befreit. Vernunft ohne Gewissen wird zur Privatsache, die sich nur noch um sich selbst sorgt. Aktuell scheint es in Teilen der Gesellschaft an beidem zu fehlen: Menschen verweigern die Covid-19-Schutz­impfung aus Angst vor staatlicher Überwachung oder den Chips von Bill Gates – es fehlt an Vernunft. Andere lehnen die Impfung wegen befürchteter Neben­wirkungen ab – es fehlt an Gewissen. Denn die Impfung soll nicht nur mir sondern auch meinen Mitmenschen dienen. Verantwortung habe ich nicht nur für mich alleine. Christliches Gewissen, das wie bei Luther an der Bibel orientiert ist, weiß ja, wie Jesus den Willen Gottes für alle Menschen zusammen­fasst: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ (Markus 12,31 und 3. Mose 19,18). Dem entspreche ich, wenn ich mich gegen Corona impfen lasse: Ich tue damit der Ge­sundheit meines Nächsten ebenso Gutes wie mir selbst. Mit der Impfung folge ich nicht nur dem Ge­wis­sen, das sich an der Bibel ausrichtet. Ich folge auch der menschlichen Vernunft, den Ergebnissen der Wissenschaft. Impfverweigerung aber ist Angst oder Unvernunft – früher oder später macht beides unfrei und lebt auf Kosten der anderen.
Deshalb bitte ich Sie, sollten Sie noch zweifeln: lassen auch Sie sich impfen!
Ich bin froh und dankbar, dass ich geimpft bin.

Michael Mertins

Michael Mertins

Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Minden