Achtung – tödlich! – Wer so etwas liest oder hört, wird sofort alles tun, um die Lebensbedrohung abzuwenden. – Doch lesen Sie ruhig weiter, sie werden den Artikel überleben! Allerdings kommen sie nicht darum herum, sich mit Gedanken zum Tod auseinanderzusetzen.
Der November, der gerade begonnen hat, markiert auf vielschichtige Weise das Thema Tod. Die Gedenktage Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag rahmen diesen Monat am Beginn der dunklen Jahreszeit. Die Natur selbst liefert den Hintergrund für die kulturelle Auseinandersetzung mit dem Tod. Das Leben zieht sich über den Winter zurück und der Mensch verbindet dies auf der nördlichen Erdhalbkugel seit Urzeiten mit der eigenen Sterblichkeit, dem Tod und den Umgang mit den Toten. Doch wie bei der anfangs erwähnten Warnung versuchen viele sofort alles zu tun, um der tödlichen Bedrohung zu entgehen. Sie wenden sich dem Leben zu, machen, wenn sie können, gerade jetzt Urlaub in wärmeren Gegenden. Trotzdem: um den Tod kommt ausnahmslos keine und keiner herum. Der Tod ist schlichtweg und unumstößlich ein Ende. Und wir brauchen immer wieder das Ende. Diesen Artikel werden sie möglicherweise zu Ende lesen. Ein schöner Tag geht zu Ende, eine anstrengende Autofahrt endet. Eine unhaltbar gewordene Beziehung findet ihr Ende. Die Corona-Pandemie hat ihr Ende gefunden und die Kriege, unter denen Menschen leiden, werden enden… Wir brauchen die Endlichkeit. Denn nur, wenn etwas zu Ende geht, kann Neues kommen. Selbst die schönen Dinge im Leben brauchen ihr Ende. Ein spannendes Buch muss ein Ende haben, sonst kämen wir aus der Spannung nicht heraus. Ein schöner Film muss ein Ende haben, sonst verlören wir das Gespür für das Schöne und Angenehme. Und bei allen Leiderfahrungen, sehnen wir uns nach einem möglichst schnellen Ende. Es ist nichts schlimmer, als wenn sich Leid schier unendlich in die Länge zieht. Partner, die sich in einer Beziehung nur noch streiten und aufreiben, können zu einem neuen Leben finden, wenn sie zu einem Ende bereit sind. Und am Ende von den großen Katastrophen atmen die Menschen auf und das Leben beginnt von Neuem. Sicher ist dabei der Weg zum Ende einer Katastrophe mit tiefen und schmerzlichen Einschnitten für viele im eigenen Leben verbunden und es braucht länger, ja mitunter sehr lange, bis neues Leben Raum greifen kann. Schlimm, wenn es dann aber nicht gelingt, sich vom unwiederbringlich Vergangenen zu lösen. Dann gehen Menschen daran zugrunde. Mit den erfahrenen Verlusten bindet der Tod die Lebenden und hier gilt die Warnung: Achtung – tödlich! Dem zu entgehen ist nicht leicht und soll auch nicht verharmlost werden, aber es kann gelingen, wie bei dem befreundeten Paar, das vor einiger Zeit sein vierzehnjähriges Kind verlor. Ein Schock, eine Katastrophe, ein scheinbar totales Ende und doch gelingt es den beiden Eltern mehr und mehr sich dem Leben und seinen angenehmen Seiten wieder zuzuwenden, durch die Freunde, die eigenen Interessen und den gegenseitigen Halt, den die beiden verwaisten Eltern einander geben, ohne dabei ihr Kind aus den Gedanken zu verlieren. Und so leben die beiden heute mit neuer Lebensfreude und haben den Tod überwunden und das Leben gewonnen. Hierin mag sich verwirklichen, was Jesus nach dem Johannesevangelium sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird Leben auch wenn er stirbt.“ (Joh. 11,25).

Pfarrer Christoph Kretschmer
Berufskolleg Freiherr-vom-Stein