Sport verbindet, das ist die Erfahrung von Menschen, die mit anderen Sport treiben. Und Sport verbindet nicht nur mit den Menschen, mit denen wir gemeinsam Sport treiben, sondern zu einem gewissen Grad mit allen, die den gleichen Sport ausüben, z. B. bei den großen Sportevents, die dieses Jahr ins Haus stehen, die EM in Deutschland und die Olympischen Spiele. Diese Events, als Höhepunkt des Sports gefeiert, lassen viele von uns aber ratlos zurück. Sport verbindet, aber bei diesen Großereignissen werden so viele Dinge sichtbar, die uns trennen. Die Geldgeber dieser Events und die Funktionäre der Sportorganisationen lassen niemanden mitspielen. Sie leben in einer eigenen Welt. Ein Kontrast, der immer wieder ins Auge fällt, ist der zwischen den Mächtigen der Sportwelt, die Millionengewinne erwirtschaften, und den Menschen, die die Schattenseiten der Profitgier in den Nähfabriken zu spüren bekommen. Das ständige Foulspiel der mächtigen Dreierkette: Adidas, Nike und Puma gehört in die gleiche Liga, wie die Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter in Katar bei der letzten WM. Jüngst haben sich Fans in der Bundesliga gegen noch mehr Vermarktung gewehrt. Der Mainzer Sportvorstand Christian Heidel hat bei diesen Protesten gegen den Investoreneinstieg in der Bundesliga wegen der Spielunterbrechungen bezeichnenderweise gesagt: „Man sollte es irgendwann aber mal beenden, sonst hat das mit Fußball nicht mehr viel zu tun.“ Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wenn wir eine weitere Vermarktung nicht stoppen, hat es nichts mehr mit Sport zu tun, der verbindet, sondern nur noch mit einem Event, das Menschen trennt. Denn jeder Investor will wieder Ertrag sehen und überlegt sich die nächste Vermarktungsstrategie, bei der Menschen abgehängt werden. Selbst die am Gewinn beteiligten Sportler sind teilweise Opfer dieses Spiels. Sei es durch Gesundheitsschäden oder wegen des Lebensstils. Laut einer Analyse von Oliver Bierhoff ist jeder achte Profifußballer in Deutschland nach der Karriere pleite.
Am Sonntag feiern wir das Fest Palmsonntag, den Einzug Jesu in Jerusalem. Warum hat Jesus daraus nicht mehr gemacht, würde ein Manager fragen? Warum hat er sich nicht unverzichtbar gemacht, als Präsident einer Laienorganisation, da steckte doch Potenzial? Und mit Geld kommt man ins Spiel der Mächtigen, da hätten sie ihn nicht so einfach abservieren können. Aber er wollte, dass seine Ideen Menschen verbinden und hat auf die Macht verzichtet. Und er hat im Nachhinein viel mehr Menschen über Standesgrenzen hinweg zusammengebracht, viel mehr, als wenn er ein paar Jahre Präsident seiner religiösen Bewegung gewesen wäre. Glaube verbindet.

Clemens Becht

Clemens Becht

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien, Bezirk St. Lukas