Kirchenmusik wirkt: Eine Studie der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat belegt, dass aktive Mitarbeit in Chören, Posaunenchören und Orchestern ein Ausgleich vom hektischen Alltag sein kann, Gemeinschaftsgefühl stärkt und einfach Freude macht. Aber was motiviert junge Menschen, einen Schritt weiter zu gehen und sich im anspruchsvollen C-Kurs zu Kirchenmusikerinnen und -musikern im Nebenamt ausbilden zu lassen?
Am 10. Februar waren Kandidatinnen und Kandidaten aus den vier Kirchenkreisen Herford, Lübbecke, Minden und Vlotho nach Bad Oeynhausen gekommen, um die Aufnahmeprüfung für den neuen C-Kurs abzulegen. Mit dem C-Kurs qualifizieren sie sich für Aufgaben im Nebenamt und werden so zum Bindeglied zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern.
Mit dabei war Hendrik Kuhn. Der 33-jährige Hüllhorster engagiert sich seit seiner Kindheit in der Kirchenmusik und sitzt regelmäßig an der Steinmann-Orgel der Schnathorster Dorfkirche. „Man sieht mich aber auch am Akkordeon, an der Tuba oder am Klavier beim Kinderchor. Diese Vielfalt ist mein Markenzeichen geworden“, erzählt er. Trotz seiner Erfahrung in Chören, als Organist beim Studium in Münster oder in seinem Hauptberuf, der Begleitung von Trauerfeiern, ist auch für ihn der C-Kurs eine herausfordernde Perspektive. „Die Aufnahmeprüfung war aufregend“, sagt er. „Aber ich freue mich auf die Arbeit mit den anderen Teilnehmern und Lehrenden und auf Input wie Tonsatz und Harmonielehre. Der Instrumentenunterricht wird mich auch fordern.“ Wohin die Reise danach geht? „Ich möchte von Schnathorst aus die Kirchenmusik der Region zu stärken. Kein Bereich der Kirche ist so breit gefächert wie die Musik und erreicht so viele Menschen.“
Līga Auguste, Kantorin an St. Stephan in Vlotho, freut sich über die Qualität des neuen Jahrgangs: Nicht nur waren viele junge Kandidatinnen und Kandidaten bei der Prüfung in der Auferstehungskirche. Sie brachten auch alle eine gute musikalische Vorbildung mit. „Das Niveau ist dieses Jahr wirklich sehr hoch“, sagt die Kursleiterin des neuen C-Kurses.
Das Interesse an Kirchenmusik bleibt in der Gesellschaft sehr hoch. Die Studie der EKM belegt die gesellschaftlichen Bindekräfte der Musik: zwei Drittel der Befragten engagieren sich in der Kirchenmusik, weil sie merken, dass sie so ihr Gemeindeleben mitgestalten können. Und das ist nicht auf die Kirche begrenzt, denn fast ebensoviele sehen ihr Engagement als Beitrag für das kulturelle Leben vor Ort insgesamt. Es erstaunt dann nicht, dass überdurchschnittlich viele von ihnen sich auch anderweitig ehrenamtlich einbringen.
„Kirchenmusik ist Gemeindearbeit“, betont Līga Auguste. „Und darauf bereiten wir die Teilnehmenden im C-Kurs vor.“ Es geht weniger um Virtuosität an einzelnen Instrumenten, sondern um „die Kirchenmusik im echten Gemeindeleben, besonders auch die Gestaltung von Gottesdiensten.“ Die Zahlen geben ihr recht: Über drei Viertel der Aktiven schätzen gerade die Chance, an Gottesdiensten mitzuwirken, und nochmal mehr sehen sich dabei nicht als Beiwerk, sondern als echten Teil der Gruppe, die den Gottesdienst gestaltet.
Der Gemeinschaftsgedanke zeigt sich auch bei Meik Hummert, der die Aufnahmeprüfung erst ein paar Tage verspätet ablegen konnte: „Mein Posaunenchor hat mir gesagt: Du machst das auch für uns.“ Seit Jahrzehnten engagiert er sich bei den Bläsern seiner Heimatgemeinde Eidinghausen-Dehme. Als stellvertretender Posaunenchorleiter hat er viel Erfahrung, aber er freut sich auf das neue Wissen, das er mit seinen Mitbläsern teilen kann und das sich auch auf seine eigenen Fähigkeiten auswirken wird: „Wenn ich dirigieren kann, kann ich auch besser auf Dirigenten reagieren.“ Trotz einiger Pannen und eines vergessenen Mundstücks bei seiner Aufnahmeprüfung ist er glücklich, diesen Schritt zu gehen: „Ich hätte das schon vor 20 Jahren machen sollen.“
Den Teilnehmenden stehen zwei volle Jahre bevor. Im Kurs vertiefen sie ihre Kenntnisse in der Theorie und Praxis der Kirchenmusik. Es ist eine intensive Ausbildung, selbst mit musikalischer Vorbildung. Sie spezialisieren sich dann in verschiedenen Richtungen, sei es die klassische Kombination von Orgelspiel und Chorleitung, Posaunenchorleitung oder das Novum im C-Kurs: Zum ersten Mal seit langem wird Kinderchorleitung als eigene Fachrichtung und damit die komplette Spanne des C-Kurses angeboten.
Der bestandene C-Kurs befähigt die Kirchenmusiker im Nebenamt für vielfältige Aufgaben in den Gemeinden: Sie können Chöre leiten, Gottesdienste begleiten und mit hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen die kirchenmusikalische Landschaft in Westfalen gestalten. „Eine tolle Aufgabe“, weiß die hauptamtliche Kantorin Līga Auguste.
(Beitrag von Kevin Potter / Evangelischer Kirchenkreis Vlotho)