Thema: Die Möglichkeiten liegen vor der Tür
Eine Woche ist es noch hin bis zur Bundestagswahl: Zeit für einen Hirtenbrief? Das war „früher“ das Mittel der Wahl. Kirchenleitende Männer schrieben auf, wie sie die politische Lage sahen, und ließen diese Gedanken von ihren Untergegebenen verlesen, damit ihre Schäfchen auch wussten, wie sie zu wählen hatten.
Auch wenn evangelische Christen und Christinnen ein anderes Verständnis von Oben und Unten haben, so gibt es in ihrer Geschichte doch Situationen, in denen eine solche Mitteilung verantwortlich genutzt worden ist.
Im Dritten Reich haben leitende Gremien der Bekennenden Kirche Gemeinden, die sich nicht von den Nazis gleichschalten lassen wollten, auf dem Wege von sog. Kanzelabkündigungen in Bedrängnis getröstet und zu weiterem gemeinsamem Handeln ermutigt.
Wir leben heute nicht in einer Diktatur; trotzdem gibt es Fragen und Probleme, die uns bedrängen: Wie schaffen wir es, dass wir so mit einem nicht ausreichend erforschten Virus umgehen, dass nicht Schülerinnen und Schüler die Hauptleidtragenden sind? Wie gehen wir so mit dieser Erde um, dass auch unsere Kinder und Enkel noch Möglichkeiten zu einem erfüllten Leben finden? Wie tragen wir den Streit über diese Fragen so aus, dass wir uns nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen oder in Resignation und Schweigen verfallen, sondern bei aller Meinungsverschiedenheit gemeinsam nach Lösungen suchen, die uns vorwärts bringen?
Wir können nach dem richtigen Weg fragen in unseren Religionsgemeinschaften, Parteien und gesellschaftlichen Gruppen, denn wir haben Religions-, Meinungs- und Informationsfreiheit. Wir können uns für das als richtig Erkannte einsetzen auf den verschiedenen Ebenen unserer Gesellschaft, denn wir leben nicht in einer Diktatur.
Der Trost ist: Wir haben die Möglichkeiten, uns Quellen der Kraft und Orientierung zu suchen.
Die Ermutigung: Wir haben die Möglichkeiten – bleibt nicht zu Hause sitzen!
Armin Backer
Pfarrer in der Ev.-luth. St.-Marien-Kirchengemeinde Minden, Pfarrbezirk Albert-Schweitzer-Haus