Kennen Sie das: „Ich habe gerade so viel um die Ohren.“ oder „Ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit“ oder auch „Ich habe mir die ganze Nacht um die Ohren geschlagen, um dieses oder jenes noch fristgerecht fertig zu bekommen“? Vielleicht „liegen wir auch jemand in den Ohren“, damit er endlich das tut, was er versprochen hat. Oder wir ärgern uns über jemanden, der „seine Ohren auf Durchzug stellt“.

Dieser Sonntag heißt in den Kirchen Palmsonntag: Er erinnert daran, dass Jesus Christus vor fast 2000 Jahren in Jerusalem eingezogen ist und von einer begeisterten Menschenmenge empfangen wurde, die ihm mit Palmzweigen in den Händen zujubelten, als er anlässlich des Passah-Festes in der Hauptstadt Jerusalem ankam. Viele hatten in den drei Jahren zuvor seine Reden gehört oder Wunder miterlebt, andere kannten vielleicht nur den Ruf, der ihm vorauseilt. Der Evangelist Johannes beschreibt es im zwölften Kapitel seines Evangeliums so: Am nächsten Tag hörten die Menschen, die in großer Zahl zum Passafest gekommen waren, dass Jesus auf dem Weg nach Jerusalem war. Mit Palmzweigen in der Hand zogen sie zur Stadt hinaus, um ihn zu empfangen: »Gepriesen sei Gott!«, riefen sie, »›Gesegnet sei der, der da kommt im Namen des Herrn! «

Jetzt ist er da! Jetzt heißt es „ganz Ohr zu sein“. Sie haben sich vorbereitet, um Jesus, von dem sie schon so viel gehört hatten, gebührend zu empfangen und zu feiern. Nur Jesus weiß an diesem Tag bereits, dass die Stimmung in den nächsten Tagen kippen wird und er nur noch wenige Tage zu leben hat, bis eine aufgebrachte Menschenmenge seinen Tod fordert.

Ich wünsche ihnen und mir, dass es uns in dieser Passionszeit – der besonderen Zeit vor dem Osterfest – gelingt, wie diese Menschen damals an Palmsonntag „‚ganz Ohr zu sein“. Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir in den Gottesdiensten und Passionsandachten oder beim persönlichen Bibellesen gut zuhören können, um zur Ruhe zu kommen und den Weg, den Jesus in sein Leiden, Sterben und Auferstehen gegangen ist, nachempfinden zu können. Vielleicht hilft dazu die Musik in den Gottesdiensten und Konzerten, vielleicht hilft die Stille der Feiertage, dass wir in uns schon den Ohrwurm der Hoffnung hören: Er lebt!

Olaf Mohring

Olaf Mohring

Pastor der Kirche am Glacis, Minden