Sünnematten abgesagt ?!
Wie vieles andere hat auch das in dieser Woche nicht stattgefunden: Sünnematten! Der plattdeutsche traditionelle Ausdruck dafür, dass Kinder im Gedenken an St. Martin an den Haustüren singen, um Menschen Freude zu machen und Süßigkeiten einsammeln. Oder gut evangelisch „Martin-Luther-singen“. Der Reformator trägt nicht zufällig den gleichen Namen: Sein Geburtstag liegt einen Tag vor dem Namenstag des wohl (neben dem Nikolaus) auch außerhalb katholischer Tradition bekanntesten Heiligen. Und das zu Recht, denn die Legende, dass St. Martin seinen Mantel mit einem Bettler geteilt hat, ist ein schönes Symbol über alle Konfessionsgrenzen hinweg.
Nun das Singen entfiel, wie auch an vielen andern Stellen – bei Chören, in Kirchen oder in Stadien. Und das stellt sicher im Vergleich zu solchen und andern ausfallenden Aktivitäten den kleineren Verlust dar. Vielleicht auch für die Zuhörer. Das manchmal mehr gebrüllte „Martin Luther singen wir ….“ hab ich nicht immer als Genuß erlebt. Und der geringere Süßigkeitenkonsum der Kinder hat auch sein Gutes.
Aber darüberhinaus überlege ich, ob der Verzicht auf etwas, wie eine Tradition, die sich ziemlich von ihren Wurzeln entfernt hat, nicht auch ein Gewinn sein kann. Wenn man dadurch nämlich wieder neu nach dem fragt, was es (mir) eigentlich bedeutet. Das ist hier der beide Martins verbindende biblische Gedanke, der in dem Jesuswort konkret wird: Was ihr einem meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, dass habt ihr mir getan. Das heißt: Die Liebe Gottes realisiert sich in dem, wie wir einander Liebe zeigen. Und das geht nicht nur durch den Austausch von mehr oder weniger schönen Liedern und Süßwaren Das geht auch unter Coronaregeln, anders, nicht unbedingt schlechter. Warum nicht durch einen gebastelten Gruss für die Menschen nebenan oder in konkreter HIlfe für Notleidende, die weiter weg uns doch nah sind…
Dann eben Nikolaussingen? Alles nicht planbar! Ich bin skeptisch, hoffe eher, dass wir zu Weihnachten wenigstens draußen wieder singen können. Doch wenn nicht, kann auch das Anregung sein, zu überlegen, was Weihnachten abgesehn von den vertrauten Liedern (uns) bedeutet.
Andreas Wilmsmeier
Pfarrer, Ev. luth. Kirchengemeinde Hartum-Holzhausen