Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Was Gott am siebten Tag so macht

Sonntagsruhe

„Der liebe Gott ist nicht zuhause“, höre ich eine Frau mit Engelsstimme. „Heute ist Sonntag, da hat der liebe Gott frei.“ Ich würde doch die Schöpfungsgeschichte kennen: „Am siebten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken.“ (1.Mose 2,2)

„Aber wie stellen Sie sich das vor“, frage ich zurück, „kann denn der liebe Gott sich so einfach frei nehmen? Ich meine, der wird doch gebraucht heutzutage. Schließlich leben wir nicht mehr im Paradies.“ „Nun“, erklärt mir die Engelsstimme geduldig lächelnd, „der liebe Gott versteht es, Arbeit zu delegieren. ‚Appropriaton‘ heißt das Zauberwort. Damit umschifft er einen alten Lehrsatz, nach dem die Werke der Dreieinigkeit nach außen hin stets ungeteilt sind.“ So schicke er sonntags den Heiligen Geist los. Jesus müsse ja zur Kirche. „Wegen des Abendmahls, na, Sie wissen schon.“

„Und was“, frage ich, „macht Gott Vater so an seinem freien Tag?“ „Also, frühmorgens, da schwimmt der liebe Gott in der Regel mit den Delphinen um die Wette. Dann legt sich der liebe Gott auf die faule Haut und eine Blumenwiese, sieht – im Schatten eines Baumes – den Wolkenmalern zu. Liest Hermann Hesse oder blättert in einem Asterix-Heft. Später lässt er sich noch zu einem Stück Apfelkuchen einladen.“ Von Adam und Eva, die übrigens auch Andreas und Sabine heißen könnten. Die Schöpfungserzählungen seien schließlich keine Historienberichte. Es ginge da nicht um Weltentstehung, sondern um Lebensdeutung. Also, wie die Welt eigentlich von Gott gemeint sei.

Bei schönem Wetter spiele der liebe Gott gerne mit den Kindern ein bisschen Beach-Volleyball. Mit Kain auch noch eine Partie „Mensch-ärgere-dich-nicht“, was für diesen immer eine große Herausforderung darstellt.

Als am Abend ein paar himmlische Klaviertöne über die Erde wehen, da ahne ich, was die Engelsstimme gemeint und worauf sich der Kabarettist Hans Dieter Hüsch seinen eigenen Reim gemacht hat:

„Die Frage ist:
Soll‘n wir sie lieben, diese Welt,
Soll’n wir sie lieben?
Ich möchte sagen: Wir woll’n es üben.“ 

Jens Burgschweiger

Jens Burgschweiger

Pfarrer am Bessel-NRW-Sportgymnasium Minden

Sammle Farben für den Winter

Die Wimpelkette wird immer länger. Rote, grüne, orangefarbene, blaue und gelbe Dreiecke habe ich zusammengefügt und fertige immer noch weitere an. Auf jedes Dreieck schreibe ich ein besonderes Erlebnis dieses Sommers. Manchmal nur in Stichworten, manchmal zwei Sätze. Ich will sie einfach nicht so schnell vergessen, die kleinen und großen Begebenheiten, Farben und Gerüche! Ich schaue mir meine Wimpel an und lese z.B. „Störche“ – ein großartiger Moment, die Gruppe von gut dreißig Störchen, die sich auf den Feldern versammelte! „Blühendes Rapsfeld“ – meine Wanderungen im Juniurlaub entlang der Ostseeküste – in dieser Erinnerung steckt so viel Urlaubsgefühl!
Jedes Jahr sammle ich meine Sommererinnerungen und schaue rund um den Herbstanfang zurück – was durfte ich in diesem Sommer erleben, riechen, schmecken und fühlen? Das Eis auf der Hand, Sonne auf der Haut. Glitzerndes Wasser und saftiges Grün der Bäume. Blühende Gärten und Wiesen. Wolkenspiel und schönste Sonnenaufgänge. All diese Farben von Unterwegs und von Zuhause will ich mitnehmen in den Herbst und den Winter. Dann, wenn es nasser, grauer und kälter wird, soll meine Seele sich an Sommer, an Farben und Gerüche erinnern und so auch manchem Nebel standhalten und froh bleiben können.
Im Psalm 103 heißt es „Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Ich will nicht vergessen. Weder die ganz großen guten Sachen in meinem Leben und nicht das Gute dieses Sommers. Und ich danke Gott als dem Schöpfer und Hüter meines Lebens. Deshalb tut mir gut, mich gut zu erinnern – was war im Juni? Was im Juli?
Woran erinnern Sie sich? Welche kleinen und großen Sommergeschichten fallen Ihnen ein? Und mögen Sie Ihre Momente und Farben sammeln für den Winter? Für die Zeit, wenn der Alltag wieder Oberhand gewinnt? „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Alle Farben des Sommers gegen das Vergessen. Ich wünsche Ihnen bestes Sammeln und Erinnern.

Sabine Hülsiepen

Sabine Hülsiepen

Gemeindepädagogin der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lahde

Versöhnung feiern

Vor einem Monat geriet ich in Nordirland in eine Parade zum „Orangemen’s Day“. Mit Kind und Kegel sowie gepackten Picknickkörben erinnerten die Protestanten an ihren Sieg über die Katholiken vor 334 Jahren. Mich hat das befremdet. Gefeiert wurde nicht das Karfreitagsabkommen, das 1998 zu einem Ende des blutigen Nordirlandkonflikts führte. Im Mittelpunkt stand vielmehr der Sieg der einen über die anderen.
Die Bibel sieht Christinnen und Christen als Botschafter*innen der Versöhnung. Der Unfrieden und die Ungerechtigkeit in dieser Welt können uns nicht kalt lassen. Allerdings können tiefgreifende Konflikte nur gelöst werden, wenn die tiefen Verletzungen, die dahinter stehen, geheilt oder zumindest nicht noch verschlimmert werden.
Im 2. Korintherbrief beschreibt der Apostel Paulus unser gestörtes Gottesverhältnis als eigentliche Ursache der Unversöhnlichkeit zwischen Menschen. In unserem Land gerät das mehr und mehr aus dem Blick. So wird das Zusammenleben der Menschen gerade nicht besser, wenn sie die „Fesseln der Religion“ abgeworfen haben. Vielmehr fehlt an vielen Stellen die versöhnende Kraft, die in der biblischen Botschaft steckt. Versöhnung beginnt da, wo ich in der oder dem anderen einen von Gott geschaffenen und geliebten Menschen erkenne.
Grund zum Feiern sehe ich nicht, wenn wir uns an alte Siege erinnern. Sondern wenn wir dankbar dafür werden, dass wir in Frieden und Freiheit zusammen leben können. Insofern haben wir in Deutschland allen Grund dazu, uns dankbar an die Befreiung durch die Alliierten zu erinnern. Sie haben der Nazi Herrschaft und deren menschenverachtender Ideologie ein Ende gesetzt. Und anschließend haben sie uns für einen Neuanfang die Hand gereicht und uns nach Kräften unterstützt. Dafür könnte ich mir mal eine Parade mit Familienfest und Picknick vorstellen. Leider sind wir Deutschen an der Stelle ein bisschen zu geschichtsvergessen.

Pfarrer Thomas Lunkenheimer

Pfarrer Thomas Lunkenheimer

Theologischer Vorstand der Diakonie Stiftung Salem