Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Sternstunden

In den klaren Nächten des ausgehenden Sommers konnte man wieder Sternschnuppen sehen. Sie regneten quasi vom Himmel und trotz unseres aufgeklärten Weltbildes, verbinden sich manche stummen Sehnsüchte und Wünsche mit ihnen. Dass die Sterne wie alle anderen Himmelskörper keine göttliche Gewalt haben, lesen Christinnen und Christen schon im ersten Schöpfungsbericht. Dennoch beeindrucken sie uns. Bis in unseren alltäglichen Sprachgebrauch hinein finden sich Anspielung en auf die Nachtgestirne. Und wer wollte nicht, dass ihr bzw. ihm die Sterne vom Himmel geholt würden?

Von Sternstunden sprechen wir in Erinnerung an wichtige Lebensmomente, an Augenblicke oder Situationen, die für unser Leben, unsere Beziehungen und unser Verständnis von Gott und der Welt ganz entscheidend sind. Solche Momente ragen aus dem Alltäglichen heraus. Sie lassen uns einerseits erkennen, dass wir Besonderes erreicht haben und, andererseits dass uns Vieles geschenkt worden ist. Gerade haben wir ein Dankfest gefeiert. Traditionell steht der Dank für die Ernte im Mittelpunkt – und dazu Dank für alles, was gelungen ist. Das Erntedankfest erinnert daran: Was wirklich wichtig ist im Leben, wird uns geschenkt. Wir nennen solche Ereignisse oft Sternstunden. Sie sind wichtig für unseren Lebensweg. Von diesen Erinnerungen zehren wir und schöpfen daraus Kraft.

Martin Luther entdeckte in einem Meer der Angst vor Naturkatastrophen, Kriegen, Krankheiten und sozialer Unsicherheit die Sternstunde seines Glaubens und Lebens: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben (Röm.3,28). Mit anderen Worten: Ich muss nichts leisten, um von Gott geliebt zu werden. Aus diesem Glauben heraus, kann ich mich meinem Nächsten zuwenden, mein Leben gestalten. Luthers Sternstunde entwickelte sich zu einer Sternstunde des Glaubens für Viele. Deshalb begehen die Protestanten den Reformationstag an jedem 31. Oktober.  

Pfarrerin Ulrike Lipke

Pfarrerin Ulrike Lipke

Schulreferentin der Kirchenkreise Minden, Lübbecke und Vlotho

Gedanken zum Sonntag,

Kaffee oder Tee? Nehme ich heute das Auto oder das Fahrrad? Jeden Tag treffen wir Entscheidungen, meistens ohne viel zu überlegen. 
Schwieriger sind Entscheidungen von größerer Tragweite. Z.B.: Welchen Beruf möchte ich ausüben? Oder: Möchte ich in meinem Ruhestand in der Nähe meines Freundeskreises wohnen bleiben oder zu den Kindern ziehen?

Im Klinikum sind oft schwierige Entscheidungen zu treffen. Eine Patientin hat eine risikoreiche Operation vor sich. Wenn sie gut ausgeht, kann die Patientin wieder aktiv am Leben teilnehmen. Wenn nicht, kann sie dauerhaft pflegebedürftig werden. Die Patientin ist unsicher, wie sie sich entscheiden soll. „Mein Bauchgefühl ist klar“, sagt sie. „Mein Verstand spricht dagegen.“

Bei vielen Entscheidungen geht es letztlich um die Frage: Was ist gut für mich und  die Menschen, die mir wichtig sind? Was ist für unsere Gesellschaft gut?

Vom „Herbst der Entscheidungen“ ist politischerseits die Rede. Über das, was gut ist, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg haben zahlreiche Menschen Entscheidungen getroffen, die besorgt stimmen.

Was ist gut? Das ist nicht immer leicht herauszufinden.  Einen Maßstab dafür nennt der Prophet Micha: „Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist und was  der HERR von dir erwartet: (…) Recht tun, Güte lieben und achtsam mitgehen mit deinem Gott.“ (Mi. 6,8 Einheitsübersetzung)
„Recht tun“ bedeutet, sich beim Reden und Handeln an den Menschenrechten zu orientieren. Gut ist, sich zu entscheiden, ausnahmslos jedem Menschen Wertschätzung entgegenzubringen unabhängig von seiner Herkunft, Religion und Lebensform.
Wer Güte liebt, kann z.B. entscheiden, die kranke Nachbarin mit einem Besuch zu überraschen.
Gut ist, mit Gott unterwegs zu sein, der jeden und jede vorbehaltlos liebt. Mit Gott, die allen Menschen Gutes will und es erträgt, wenn wir auf schwierigen Wegen daran zweifeln. Gott traut uns zu, gute Entscheidungen zu treffen. 

Eine ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin besucht die Patientin, die am Ende des Gespräches sagt: „Gott nimmt mir die Entscheidung nicht ab. Es fällt mir schwer, in die Operation einzuwilligen. Doch ich bin zuversichtlich, dass Gott an meiner Seite bleibt, egal wie sie ausgeht.“

Pfarrerin Melanie Drucks,

Pfarrerin Melanie Drucks,

Ev. Krankenhausseelsorgerin, Johannes Wesling Klinikum Minden

Erntedank – eines der ältesten religiösen Feste der Kirche!

„Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut! (1. Tim.4.4)

Eine Aussage, die so losgelöst aus dem Zusammenhang zuerst einmal ambivalente, gemischte Gefühle auslöst – jedenfalls bei mir – auf den ersten Blick.
Ist ihnen zum Danken zu Mute? Zum Feiern von Erntefesten?
Hier zu Lande fielen die Ernten in diesem Jahr wegen später Fröste, großer Regenmengen und Überschwemmungen mancherorts geringer aus als sonst. In anderen Regionen der Welt gab es Wassermangel und Dürreperioden. Das ist für manchen beängstigend.
Dieser Tage fürchten sich Menschen auch in unserem Land vor Krieg und der Eskalation der Gewalt. Der Krieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt sind Bedrohungen für den Weltfrieden und die Welternährung.
Wie so oft sind die schlechten Nachrichten Stimmungsmacher und fördern das Schwarzsehen – und die Angst. Sie verdunkeln die Sicht auf all das, was gut läuft und schüren die Angst, dass das eigene Leben bedroht sein könnte. In einer Welt voller Medien und Nachrichten, die sich in Windeseile über die ganze Welt verbreiten, steigt die Zahl der Schwarzseher und Ängstlichen. So war das auch bei den Leuten, von denen Paulus in seinem Brief an Timotheus im Neuen Testament schreibt: Sie „verbreiteten falsche Lehren, erfundene Geschichten“, die „zu sinnlosen Gedankenspielen“ und zu „leerem Geschwätz“ (Basisbibel) Anlass geben. Untergangsprediger gab es auch schon vor 2000 Jahren. Denen hält Paulus entgegen (1. Tim. 1, 5): „Das Ziel der richtigen Lehre ist vielmehr Liebe. Sie erwächst aus reinem Herzen, aus gutem Gewissen und aufrichtigem Glauben.“ Es ist also die Frage, welche Nachrichten ich verbreite, welchen ich glaube und zu welchem Zweck!
Erntedank. In der Bibel ist Dank die Reaktion des Menschen auf das rettende und lebensfördernde Handeln Gottes. Wenn wir glauben, dass uns Gott unser Leben geschenkt hat, dann kann Dankbarkeit zu einer lebensbestimmenden Haltung Gott und den Menschen gegenüber werden. Wir verdanken unser Leben Gott. Wir verdanken ihm unseren Lebensunterhalt und wenn wir lernen, dafür dankbar zu sein, auch wenn so manche Lebenssituation derzeit beschwerlich ist, wächst unsere Zuversicht, unser Lebensmut und unser Vertrauen. Das könnte unsere Beziehungen beeinflussen. Probieren sie’s aus!

Maike Brodowski-Stetter,

Maike Brodowski-Stetter,

Pfarrerin im Ev. Kirchenkreis Minden, Schulpfarrerin am Leo-Sympher-Berufskolleg