Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
„…Einen anderen ans Steuer lassen?…“
Meistens, geneigter Leser, aufmerksame Leserin, ist es mehr die Erfahrung eines Sich-Fügens, die unseren Alltag bestimmt. Ob im Berufsleben, bei einem Arztbesuch oder schlicht an der Supermarktkasse: Stets sind wir in Zusammenhänge eingebunden, die wir entweder gar nicht oder bestenfalls zum Teil beeinflussen können.
Umso wichtiger sind da unsere Frei-Räume, die mehr oder weniger großen Zeitfenster, in denen WIR am Ruder sitzen und bestimmen können, ob, was und wie etwas geschieht.
Aber gibt es diese Situationen wirklich?
Im Lukasevangelium Kapitel 5, wird eine solche Situation beschrieben. Die Jünger Jesu gehen als Fischer ihren gewohnten Arbeitsabläufen auf dem See Gennéssaret nach. UND: sie fangen nichts.
Je weiter die Nacht voranschreitet werden sie immer mehr gewahr, wie bedrohlich die Lage werden könnte: kein Fang heißt: kein Einkommen, kein Essen…
Selbst wenn wir es schaffen uns zwischendurch frei zu machen, bleiben wir dann doch häufig in unseren gewohnten Abläufen, tun Dinge, die wir gewohnt sind. Wir wagen nicht, um im Bild zu bleiben, die seichten Gewässer am Ufer der Weser zu verlassen. Sich in die Mitte des Flusses zu begeben, womöglich ganz neue Abschnitte zu erkunden, neue Horizonte und Perspektiven zu erleben? Meist hält uns etwas zurück.
Jesus ruft den Fischern zu: „Duc in altum! Fahr hinaus in die Weite und lass dein Netz zum Fang hinab.“ Nach anfänglichem Protest tun die Jünger, was Jesus ihnen aufträgt und wider Erwarten sind ihre Netze überreicht gefüllt.
Wenn ich mich nach Erfüllung sehne, wie erkenne ich das Wort Jesu für mich, konkret, heute?
Suchen Sie sich einen Ort der Stille, z. B. unseren Dom und lassen Sie sich von der Schönheit und Atmosphäre inspirieren. Bringen Sie alle Fragen und Sorgen ins Wort und vertrauen Sie sie Christus an. Er wird Ihnen zeigen zu welchen großartigen neuen Ufern er sie führen will. Wer so etwas Großes wie ERFÜLLUNG erfahren will, muss bereit sein aktiv in die Weite zu fahren und Christus das Steuer des Lebens anzuvertrauen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.

Frederic Kernbach
Pastor am Dom
Abschied und Neuanfang
„Mit 66 Jahren fängt das Leben erst an!“ Meins hat schon vor (!) 66 Jahren angefangen. Bei allem Stress und Frust, den „Firma Kirche“ in der heutigen „Marktlage“ mit sich bringt, bleibt der Beruf des Pastors eine faszinierende Aufgabe: Inspiriert von uralten Dokumenten hebräischer und griechischer Sprache, in einer Gemeinde und mit ihr, zu suchen, was der in seiner langen Geschichte höchst vielfältig interpretierte christliche Glaube hier und heute bedeuten kann. Ganz unterschiedlichen Menschen zu begegnen und immer wieder zu fragen: Was ist der Sinn des Ganzen?
Viele Menschen habe ich begleitet, viele Menschen haben mich begleitet. Wunderbare Kolleginnen und Kollegen wurden mir geschenkt, fantastische Mitarbeiter*innen, ob haupt– oder ehrenamtlich. Viele Menschen durfte ich taufen, viele konfirmieren, einige trauen, nicht wenige in die Kirche wieder aufnehmen, sehr viele beerdigen.
St. Jakobus, St. Thomas, Offene Kirche St. Simeonis: Letztere war mein Hauptarbeitsbereich. 15 Jahre lang durfte ich im Auftrag des Evangelischen Kirchenkreises diesen spannenden Acker bepflügen. Besonders am Herzen lag mir die ökumenische Zusammenarbeit und die Begegnung mit anderen Religionen und Kulturen. Die Aufgabe: einen wunderschönen mittelalterlichen Kirchraum auch ohne eigene Gemeinde und ohne übliche Kirchensteuern zu erhalten und mit Leben zu füllen, ist dank unseres Teams der Gastgeber*innen, der Unterstützer des Fördervereins und vieler Spenderinnen bislang gelungen.
Die Synode des Kirchenkreises möchte, dass die Arbeit der Offenen Kirche St. Simeonis gemeinsam mit der Simeons Herberge weitergeht. Eine volle Stelle der Gemeindepädagogik soll beide Äcker miteinander verbinden und neu beleben. Das macht den Abschied für mich leichter und lässt hoffen, dass dieser einzigartige Ort der Begegnung auch in Zukunft Mindens südlicher Altstadt ein warmes Gesicht gibt. Am morgigen Sonntag um 14 Uhr ist meine Verabschiedung – herzliche Einladung!

Andreas Brügmann
Pfarrer offene Kirche St. Simeonis
Einen kühlen Kopf bewahren
Das Jahr 2025 ist noch relativ jung und doch ist schon so viel passiert, was auch für die gesamten 12 Monate reichen würde. Wie blicken Sie auf die vor uns liegende Zeit? Sind Sie eher ein Pessimist oder ein Optimist? Die Antwort auf diese Frage ist sehr wichtig. Ich werde nie vergessen, wie ich vor Jahrzehnten mit einem Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald gesprochen habe. Ich wollte von ihm wissen, welche Einstellung für das Überleben notwendig wäre. Seine Antwort war sehr merkwürdig: Er meinte, man durfte kein Pessimist sein, weil man dann die Lebenskraft verloren hätte. Man durfte aber auch kein Optimist sein, weil man dann am laufenden Band enttäuscht wäre. Seine Antwort war, man musste ein REALIST sein. Seine Worte erinnerten mich an eine Zusage, die wir in der Heiligen Schrift, im Römerbrief, Kapitel 8, Vers 28 finden:
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“
Nicht wir hoffen, wir würden es uns wünschen, nein, WIR WISSEN. Wir wissen, dass uns, wenn wir in Gemeinschaft mit Gott bleiben, alle Dinge zum Besten dienen, auch die, welche wir uns selbst niemals ausgesucht hätten, auch die, welche uns mit Angst erfüllten. Wir bekennen damit den Glauben, dass alles, was uns widerfährt erstmal die Schranke bei Gott passieren muss, auch wenn wir Vieles nie begreifen werden. Uns wird zugesprochen, dass wir nie ein Spielball in der Hand eines blinden Schicksals sind, sondern uns immer in Gottes Hand geborgen wissen dürfen. Was wir ausdrücklich nicht wissen, ist was die vor uns liegende Zeit bringen wird. Aber wir brauchen uns nicht mit Pessimismus zu quälen oder blauäugig von einer Enttäuschung zur Andren schreiten. Wir dürfen wie ein kleines Kind alles aus Gottes Hand in Empfang nehmen, denn wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zu Besten dienen. In diesem Sinne: in welche Stürme wir auch möglicherweise geraten sollten, lass uns einen kühlen Kopf bewahren.

Daniel Brüll
Pfarrer, Kirchengemeinde Petershagen