Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Gott sucht dich…..

Zärtlich nimmt die Mutter das Kind in den Arm, schaut sich das aufgeschlagene Knie an, tröstet und wischt die Tränen ab, die die Wange des Kindes hinunterlaufen. Nun kann alles wieder gut werden, zumindest ein Stück weit. Auch wenn wir erwachsen sind, gibt es diese Momente, in denen es so wohltuend ist, wenn wir getröstet werden. „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen …“. Was für ein starkes Bild finde ich im letzten Buch der Bibel, gerade richtig für graue, trübe Novembertage. Die Worte berühren mich. Gott sieht jede Träne, die ein Mensch weint: Tränen der Trauer und des Schmerzes, Tränen der Verzweiflung und des Leids. Bei ihm sind sie gut aufgehoben. Ganz gewiss schaut er nicht aus irgendeiner Ferne auf unsere Sorgen und Nöte, vielmehr kommt er zu jedem und jeder von uns persönlich, rührt uns an. Wir dürfen unsere Tränen weinen, unseren Schmerz zeigen. Gott bietet sich als Adressat unserer Tränen an. Aber er ermutigt uns auch, die Trauer und die Tränen unserer Mitmenschen zu begleiten, Tränen bei ihnen abzuwischen. Gott tröstet. Oftmals erleben wir das durch liebevolle Worte, kleine Gesten und Zeichen, die ein anderer Mensch uns schenkt. „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein …“ – Eine zärtliche Berührung Gottes, die etwas von dem erahnen lässt, das einmal sein wird. Es wird eine Zeit kommen, in der alle Tränen getrocknet sein werden. In Gottes Ewigkeit wird es keine Tränen und auch keinen Tod mehr geben. Dafür steht Jesus Christus, ein Lichtblick in den Schattenseiten unseres Lebens. Er hat dem Gott, der am Ende die Tränen abwischen wird, vertraut. Das dürfen wir auch. Alles kann gut werden.
Thomas Pfuhl

Thomas Pfuhl

Pfarrer in der St. Martini-Kirchengemeinde, Bezirk Erlöser

Wer ist der Größte im Himmelreich….

„Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist der Größte im Himmelreich? Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie Kinder, werdet ihr keinen Anteil am Himmelreich haben. Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.“

Und dann gehen mir die Horrorgeschichten aus Lügde und Bergisch-Gladbach, aus Münster und Halle, aus dem Bistum Limburg und tausend anderen Gemeinden und aus der Odenwaldschule und was weiß ich noch alles, durch den Kopf…

Mir wird regelmäßig übel, wenn ich solche Berichte in den Zeitungen und Magazinen lesen muss. Und trotzdem finde ich es gut, dass unser Innenminister Herbert Reul sich da dran begeben hat, und eben auch wegen stärkerer Fahndung mehr Fälle aufgedeckt werden und mehr Fälle vom Versagen der Jugendämter, bei denen manche auch lieber sich durch (Ver-)Schweigen schützen, als den Opfern mit der Wahrheit zu helfen… Ja, da wird einem übel, und es kommt einem hoch…

Martin Luther soll gesagt haben: „Wenn du ein Kind siehst, begegnest du Gott auf frischer Tat.“

Ich kann das bestätigen, nicht nur von meinen Kindern und Enkeln, auch wenn ich in unseren Kitas unterwegs bin, geht mir vor Freude und Mitgefühl und Rührung manchmal das Herz auf.

Wie kann man solche Geschöpfe zu Objekten eigener Gewalttätigkeit und Perversion machen?

Ja, man kann das krank nennen, aber es ist kein Husten und keine Grippe, auch keine Krebserkrankung, man zerstört durch das eigene krankhafte Sein Menschenleben, Kinderleben. Gibt es dafür eine Entschuldigung? – Ich weiß es nicht…

Jesus war nicht bekannt dafür, mit dem Vorschlaghammer der Rache oder unbarmherziger Strafe zu agieren, aber er sagt: „Wer einen dieser Kleinen verführt (und Schaden antut, füge ich hinzu), für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am Tiefsten ist.“ Harte Worte…

Sie spiegeln sicher das Empfinden von vielen von uns. Aber davon sollten wir uns nicht leiten lassen. Ich selbst bin von Selbstjustiz weit entfernt und vertraue auf unser Rechtssystem. Am letzten Ende spricht Gott ein Urteil, und nicht wir.

Volker Niggemann

Volker Niggemann

Pfarrer , St. Marienkirchengemeinde Bezirk St. Matthäus

Liebe trägt

Ich habe mittlerweile schon einige Predigten geschrieben und im Laufe meines Lebens  noch viel mehr Predigten gehört. Und trotzdem gibt es nach wie vor DIE eine Predigt, deren Inhalt sich mir ins Herz geschrieben hat. Ihre Kernaussage hat mir vor Augen geführt, was ich eigentlich schon längst hätte wissen müssen und so konnte ich den Gottesdienst reich beschenkt verlassen. Es ging in dieser Predigt darum, dass es manchmal nicht mehr bedarf als der puren, echten Liebe. Und sicher ist es so, dass man von Luft und Liebe nicht leben kann, aber ohne eben auch nicht. Der Prediger machte dies an einem eindrücklichen Beispiel deutlich: An dem Entschluss eines Paares ein Kind zu bekommen. Dieser ist auch immer mit finanziellen Überlegungen verbunden. Die Erstausstattung eines Kindes kostet heute rund 3500 Euro, wie es google auf verschiedenen Internetseiten mitteilt. Für viele Paare bedeutet der Zuwachs der Familie auch die Neuanschaffung eines Autos, damit sowohl Kind, als auch Kinderwagen und vielleicht sogar noch der Hund in seiner Box ins Auto passen. Als ich ganz klein war, hat mein Papa mir einmal gesagt, dass Kinder ganz schön teuer sind. Damals war ich sehr geschockt: „Papa, wir Kinder kosten doch kein Geld.“ Heute weiß ich es besser. Das Beispiel erschien mir so einleuchtend: Ein Kind kostet Geld, das muss wohl überlegt sein. Aber dann kam der Punkt: Der Prediger fragte, was ein Kind zu Beginn seines Lebens am meisten braucht. Die Antwort war Liebe. Die erweiterte Antwort: Windeln und etwas zu essen und das kostet Geld. Und gerade in dieser Zeit der sozialen Isolation ist mir dies noch einmal bewusst geworden: Ich kann mir weiterhin theoretisch alles mit Geld kaufen, aber ich vermisse meine sozialen Kontakte. Ich vermisse Umarmungen, Nähe, mir fehlt die Liebe. Die Liebe trägt. Gott trägt. Immer mehr erfahre ich und verstehe ich was es bedeutet wenn es im 1 Joh 4,16b heißt: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

 

Martina Neubarth

Martina Neubarth

Pfarrerin, Kirchengemeinde Ovenstädt