Minden. Ein faszinierender musikalischer Dialog war jetzt unter der Überschrift „Kontrapunkte. Neue Musik im Dialog mit Johann Sebastian Bach“ in der Offenen Kirche St. Simeonis zu erleben. Das auf zeitgenössische Musik spezialisierte Ensemble Horizonte aus Detmold unter Leitung von Jörg-Peter Mittmann, die Mezzosopranistin Anna-Luise Oppelt aus Berlin und der Mindener Kreiskantor Nils Fricke präsentierten ein atemberaubendes Wechselspiel zwischen der Musik Johann Sebastian Bachs und Werken der neuen Musik. Von Bach wurden als musikhistorischer Maßstab die Sonata VI in G für Orgel und die Solo-Kantate Nr. 170 „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“ aufgeführt. Auf der Seite der „Neuen Musik“ waren Kompositionen von Jörg-Peter Mittmann sowie den beiden Schweizern Jean-Luc Darbellay und Peter Wettstein zu hören.

Beispielhaft für das methodische Vorgehen in einem derartigen Dialog ist die Verarbeitung von Bachs vermutlich bekanntestem Choralsatz „Jesus bleibet meine Freude“, dessen Melodie durch die zehn Musizierenden des Ensemble Horizonte bis in feinste Verästelungen „de-komponiert“ und wieder zu einem neuen klanglichen Zusammenspiel transformiert wurde. Mitwirkende des Ensemble Horizonte waren Dante Montoya (Flöte), Udo Grimm (Klarinette), Hartmut Welpmann (Horn), Helene Schütz (Harfe), Verena Curuti (Viola), Jörg-Peter Mittmann (Oboe), Tomoko Yano-Ebermeyer (Fagott), Jie-Goo Lee (Schlagzeug), Mareike Neumann (Violine) und Martina Styppa (Violoncello).

Bemerkenswert war auch das Ineinanderspielen von Musik und architektonischem Klangraum: Der auf die wiederkehrende Rhythmik mönchischer Gesänge des Mittelalters zugeschnittene Kirchraum der 808 Jahre alten St.-Simeonis-Kirche hat eine anspruchsvolle Akustik. Die klar konturierende und in sich selbst ruhende Musik Johann Sebastian Bachs hat genügend „Gerüst“, um im weitläufigen Echo des Kirchraums nicht zu verschwimmen. Schnelle, temperamentvollere Stücke wie etwa eine Sinfonie von Beethoven wären in diesem akustischen Kontext kaum zu spielen. Für die „Neue Musik“ ist dies kein Problem – im Gegenteil, es war spannend zu erleben, wie die Töne in den Raum hinein- und in ihm umherflossen, bis sie schließlich teils aus ganz unerwarteten Winkeln zurückkamen.

Das sehr gut besuchte Konzert war der einzige kirchlich-westfälische Spielort des Weserfestivals 2022 der Landeskirche Hannovers mit rund 100 Konzerten entlang der Weser zwischen Hannoversch Münden und Bremerhaven. Das Konzert in St. Simeonis war möglich dank der Förderung durch die Westfälische Landeskirche, die Sparkasse Minden-Lübbecke, den Mühlenkreis Minden-Lübbecke und weitere Sponsoren.

(Beitrag von Pfarrer Andreas Brügmann und Alfred Loschen / Offene Kirche St. Simeonis)