Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Mitchristen!
Mit diesen Worten aus einem Kirchenlied, die aber dem biblischen Buch Jesaja entstammen (vgl. Jes 35, 1-10), überschreibt Erzbischof Hans-Josef Becker seinen Brief, der in diesen Tagen jeden Haushalt im Erzbistum Paderborn zugesandt wurde, in dem ein katholischer Christ oder eine katholische Christin lebt. Erzbischof Becker nimmt die Veröffentlichung der „MHG-Studie: Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch Kleriker“ zum Anlass, zu Beginn des neuen Jahres sich in diesem sehr persönlichen Brief, – einem nicht alltäglichen Vorgang-, direkt an die Gläubigen im Erzbistum zu wenden. Nicht nur unseren Erzbischof und die Christen in unserem Land, viele Menschen haben die Ergebnisse der Studie erschreckt und zu tiefst erschüttert, vor allem in Ihrem Vertrauen zu der Institution Kirche und ihrer Vertreter. Der Erzbischof schreibt dazu: „Durch Vertuschung und Verdrängung hat die Kirche […] jahrzehntelang schwere Schuld auf sich geladen. Als Kirche sind wir unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen oft nicht gerecht geworden.“ In dieser tiefen Krise gilt es nun Vergangenes intensiv und nachhaltig aufzuarbeiten und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Das Erzbistum Paderborn hat seit 2010 dazu einige entscheidende Schritte eingeleitet. Dazu zählen eine umfassende Präventionsarbeit in Form verpflichtender Schulungen aller Mitarbeiter im Haupt- und Ehrenamt und eine Aufarbeitung aller bekannten Fälle, in denen sich Kleriker des Erzbistums Paderborn im Umgang mit Minderjährigen schuldig gemacht haben. Zudem gibt Erzbischof Becker an, dass den staatlichen Ermittlungsbehörden Zugang zu allen angefragten Unterlagen verschafft wurde.
Die Entwicklung der vergangenen Monate im Zusammenhang mit der „Missbrauchsstudie“ hat vielen Menschen in unserem Land, auch mir als
katholischen Geistlichen noch einmal vor Augen geführt, dass die Kirche, keine unangreifbare und unfehlbare Institution ist, sondern als die Gemeinschaft der Glaubenden, eine Gemeinschaft von Menschen mit all ihren Schwächen und ihrem Versagen ist. In der katholischen Kirche gibt es viele Heilige: Menschen, die sich stetig und selbstlos für Arme, Schwache und Hilfsbedürftige einsetzen und die aus den tiefen Quellen des Glaubens leben und Zeugnis davon geben. Ebenso gibt es in ihr aber auch Menschen, die sich schuldig gemacht und anderen unglaubliches Leid zugefügt haben.
An diesem Sonntag begehen die Christen in unserer Stadt Minden das Fest „Taufe des Herrn“, das an die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer erinnert. Mit Jesus ließen sich viele Menschen von Johannes taufen: Sünder wie Gerechte, Heilige wie auch Schufte, Gute und weniger Gute. Jesus steht mitten unter ihnen, als einer von ihnen und doch als der ganz andere: als jener, der selbst ohne Schuld ist, aber als menschgewordener Sohn Gottes, – wahrer Mensch und wahrer Gott-, die Schuld der Welt auf sich nehmen wird. Versuchen wir in diesen verwirrenden Zeiten erneut in IHM Mut zu fassen und Vertrauen zu finden, dass es sich lohnt, diesem Jesus Christus in unserem Leben im Glauben nachzufolgen.
In besten Wünschen für das neue Jahr 2019 grüßt Sie,
David F. Sonntag
Pastor am Dom Minden