Alles ist verloren: Die Heimat, der gewohnte Alltag und die Hoffnung sind verschwunden. Die Aussicht in die Zukunft ist dunkel. Das sind die Zeiten (627 – 587 vor Christus), in denen der Prophet Jeremia gewirkt hat. In seinen Reden und Schriften hat er die Menschen davor gewarnt, Gottes Werte zu ignorieren, den Nächsten zu drangsalieren und das Recht durch Willkür zu ersetzen. Doch niemand hat ihm zugehört oder ihn ernst genommen. Erst als die angekündigte Katastrophe – der Kriegsfall – eintritt, werden die Fragen drängender: Wo ist Gott – oder sind wir doch alleine? Wo handelt er? Ist Gott auch in der Katastrophe zu finden und zu erleben?

Wer am Donnerstag dieser Woche vor der Synagoge in Minden Blumen niedergelegt hat, hat mit dieser Geste am 85. Jahrestag der sog. Reichspogromnacht die Erinnerung wachgehalten, dass dem Antisemitismus und der Gewalt gegen Juden in Deutschland Einhalt geboten werden muss, dass wir aus der Geschichte gelernt haben und dass jüdisches Leben in Deutschland geschützt werden muss.

In schweren Zeiten hat Jeremia gelernt, dass Gott trotzdem da ist und er ist fest davon überzeugt, dass Gott auch in Katastrophen und Krisen zu finden ist. Ja mehr noch, Katastrophen und Leid haben nicht das letzte Wort:
Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. Jeremia 29,11
In der Katastrophe, in der nichts anderes mehr zu sehen ist, wirkt dieser Text wie ein fernes unwirkliches Licht. Jeremia teilt mit vielen anderen biblischen Personen die Überzeugung, dass die Liebe und die Hoffnung sich durchsetzen werden und stärker sind als aller Hass und jede Gewalt.

Jesus Christus hat es selbst so vorgelebt: Obwohl er unschuldig war, hat er gelitten, obwohl er ohne Sünde war, hat er alle Schuld getragen.

Dieses Vorbild Jesu hatte der Apostel Paulus vor Augen und schrieb in seinem Brief an die Römer Kapitel 12 Vers 21: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Ich wünsche ihnen und mir, dass diese Hoffnungsworte uns Orientierung geben.

Olaf Mohring

Olaf Mohring

Pastor der Kirche am Glacis - Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Minden