Ernte-Dank: Die Zeiten, in denen wir uns vorbehaltlos über die vor Erntegaben überquellenden Altarräume freuen konnten, sind lange vorbei.

Viele der Gemüsegärten, aus denen früher die schönsten Äpfel und die dicksten Kürbisse ausgesucht und zur Kirche gebracht wurden, sind unter Rasenflächen verschwunden. Was wir essen, bauen wir nicht mehr selber an, sondern kaufen es im Laden. Gleichzeitig wird uns dadurch bewusst, dass wir nicht nur für Pflanzen, Erde und Regen dankbar sein müssten, sondern auch für all die Menschen, durch deren Arbeit Lebensmittel von den Feldern in die Läden kommen, wo wir sie kaufen können.

Kaufen: Aus Lebensmitteln werden Produkte, an denen Menschen verdienen, an denen manche viel verdienen wollen. Das führt zum Sterben kleiner Bauernhöfe, zum Einsatz von Chemie, zu Massentierhaltung und Verklappung von Gülle auf den Feldern. Können wir dafür noch dankbar sein?

Ist es nicht heute schon ein Grund zur Dankbarkeit, dass wir noch leben und nicht (wie in anderen Gegenden) Waldbrand oder Sturzfluten die Lebensgrundlage zerstört haben?

Nach 1945 wurde dieses Land nach den Zerstörungen des Krieges wieder aufgebaut und die Menschen waren stolz darauf. Jetzt fällt den Enkeln und Urenkeln das Wirtschaftswunder auf die Füße, weil es nur ein Wunder für die Menschen war, aber nicht für die Welt, in der und von der sie leben.

Mose ermahnt sein Volk, nicht zu stolz zu sein auf das, was ihm geschenkt worden ist (5. Mose 8, 12-14):

Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den Herrn, deinen Gott, vergisst, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft.

Das verheißene Land nach Sklaverei und Wüstenwanderung ist kein Lotteriegewinn, den ich im Tresor verwahren kann, sondern enthält den Auftrag, immer wieder Mittel zum Leben zu sein.

People, not profit!

Armin Backer

Armin Backer

Pfarrer der St.-Marien-Kirchengemeinde Minden