Als ich ein Kind war, hatte der Advent etwas fast Magisches für mich. Besinnlichkeit, Kerzenschein, Glühwein und wohlige Musik. Wir sangen das Lied „Dicke rote Kerzen, Tannenzweigenduft und ein Hauch von Heimlichkeiten liegen in der Luft“. Volkstümlich ist es die Vorweihnachtszeit: vier Wochen genießt man schon, was dann am Heiligen Abend seinen Höhepunkt findet.

Es sind schöne Erinnerungen, doch mit dem Heranwachsen eröffnete sich mir auch ein anderer Blick, der früher den Menschen selbstverständlich war. Der Advent ist eigentlich eine Art kleine Fastenzeit.

Im Advent werden in den Gottesdiensten der Kirchen Lieder der Vorbereitung gesungen. „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ und „O Heiland, reiß die Himmel auf.“ Es sind Texte, die nicht einlullen, sondern wachrütteln wollen, Lieder, die nicht nur eine äußere Vorbereitung auf ein Fest, für das alles geschmückt wird, sondern eine innere Vorbereitung sein sollen.

Und es sind Texte, die mir heute viel mehr sagen, denn der Advent ist für mich heute vor allem eine Zeit der Vorbereitung und des Neuanfangs mit Jesus Christus. Einfach einmal einen ehrlichen Blick auf mein Leben werfen. Und damit verbunden ist immer auch die Frage, wie es denn mit mir und diesem Gott – der da an Weihnachten ein Kind wird – so steht. Der Advent ist eigentlich nicht nur Vorweihnachtszeit, die nur auf Weihnachten schaut, sondern die Zeit eines neuen Anfangs mit Gott in meinem Leben. Und diese Anfänge brauchen Menschen, die auf Gott vertrauen wollen immer wieder.

Darum freue ich mich an den vielen äußeren Zeichen, der Beleuchtung und der Musik, den Kerzen und den Tannenzweigen. All das zeigt mir, dass da etwas Neues anbricht, und ich will all das verstehen als Hinweis darauf, dass auch in mir etwas anbrechen darf und ich durch all das versuche, aus dem Alltag zu erwachen und die Stimme Gottes zu hören, der in diesen Tagen merklich den Himmel aufreißt. Eine fast magische, besser vielleicht eine himmlische Zeit…

Jakob Jan Küchler

Jakob Jan Küchler

Pastor am Dom zu Minden