„Was für ein Vertrauen“ (2. Könige 18,19) lautete das Motto für den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund. Worin gründet die christliche Gemeinde eigentlich ihr Vertrauen? Das können wir wohl mit gutem Recht fragen. In einer Welt, wo Vertrauen immer wieder enttäuscht, ja missbraucht wird, haben wir es ja nicht einfach, von Vertrauen zu reden. Selbst die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen hat gerade in den letzten Jahren einen hohen Vertrauensverlust erfahren. Menschen wenden sich von ihr ab aus Enttäuschung, aber auch, weil sie ihnen keine Antworten auf die Probleme dieser fragwürdigen Welt zu geben scheint. Vertrauen wurde und wird auch immer wieder missbraucht, da wo Starke und Mächtige ihre Macht gegenüber Schwächeren missbrauchen. Warum sollte der Evangelische Kirchentag also noch von Vertrauen reden? Wer bei allen Enttäuschungen und Ängsten genau hinhört, der vernimmt hinter allen Zweifeln und Ängsten die Stimme des Mannes aus Nazareth, der sich immer wieder Menschen in scheinbar ausweglosen Situationen als Fels in der Brandung, als Hoffnung in der höchsten Not erweist. An ihm richten Christenmenschen ihr Vertrauen und ihre Hoffnung aus. In unsere von vielen Ängsten geprägte Vertrauenskrise, ruft er uns auch heute aus dem Sturm der Zeit zu: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben, kein Vertrauen?“ (Markus 4,40) Jesus wusste und weiß, wie es um seine Anhänger bestellt ist. Sie werden von den heranrollenden Wellen katastrophaler Ereignisse und Pressemeldungen in ihrer Angst und ihrem Misstrauen hin und hergeworfen. Aber sich ganz von der Angst bestimmen zu lassen, geht wohl daneben. Forscher haben nämlich herausgefunden, dass, wenn die Angst in bestimmten Regionen unseres Denkorgans sinkt, das Vertrauen zunimmt. Unser Vertrauen wird also größer, wenn die Angst sich verringert. Wenn die Angst aber zu groß ist, lähmt sie uns und macht uns blind hinsichtlich notwendiger Veränderungen in unserer Welt. Allerdings, darauf wird auch hingewiesen, ist ohne ein bisschen Angst auch kaum Vertrauen möglich. Was für ein Vertrauen. Vertrauen lässt auch neue Beziehungen von Mensch zu Mensch entstehen. Wenn es uns gelingt, gemeinsam die Vertrauenskrise zu überwinden und Zeichen der Zuversicht zu setzen, können wir befreiter aufspielen. Nur wer bereit ist, immer wieder anderen Menschen Vertrauen zu schenken, empfängt auch Vertrauen.
Ralf Wagener
Pfarrer, am Leo-Sympher-Berufskolleg in Minden