Immer mehr Menschen treten aus. „Ich kann gut ohne Kirche meinen Glauben haben“ sagen viele.
Klar, jede*r darf glauben, was und wie er oder sie will. Aber christlicher Glaube ist mehr als nur private Ansicht. Christlicher Glaube will nicht nur meine Seele ins Gleichge­wicht bringen, sondern auch die Welt verändern. Dazu brauche ich Leute, die mich ermutigen, wenn mir Glauben und Leben schwerfallen, weil sie sich be­we­gen lassen durch den Geist, von dem es in der Bibel heißt: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnen­heit.“ Dann ist Kirche dazu gut, Ängste zu überwinden durch starken Mut, solidarische Liebe und zuversichtliche Gelassen­heit.
Ängste gibt gerade überall: Krieg in Europa, Inflation, Klimawende und noch die privaten Sor­gen. Da täte eine Gemeinschaft in solchem Geist gut. Aber Kirche? Leider steht sie selbst viel zu oft für eigene Zukunftssorgen statt für diesen Geist, der Ängste überwindet. Keiner braucht auch noch eine Kirche der Angst. Dabei feiert Kirche mit ihrem Ge­burts­tag zu Pfingsten diesen Geist. Ihm muss sie sich immer wieder öff­nen. Dann kann sie ein Ort sein, wo er die Angst vertreibt, weil hier Men­schen aufeinander achten und in Liebe ihre Hoffnung teilen. Kirche muss sich daran messen, ob man in ihr spürt, wessen Geistes Kind sie ist.
Manchmal gelingt ihr das auch bei uns: im seelsorglichen Gespräch, beim Konfi-Camp, im fröhlichen Gottesdienst, bei der Kirchenmusik, in einer Gemeindegruppe, beim Friedens­gebet, mit der Arbeit der Flüchtlings­hilfe, in diakoni­schen Einrichtungen – im­mer, wenn Kirche mir hilft, anderen zu helfen und ich dabei die eigenen Sorgen loswerde. Da spüre ich die Kraft der Liebe, die mir Besonnenheit schenkt. Das kann ich nicht allein. Kirche hilft mir, befreiende Geist-Erfahrung zu machen, wenn sie sich selbst von Gottes Geist bewegen lässt. So wird sie wieder attraktiv für Menschen, die noch überlegen auszutreten.

Michael Mertins

Michael Mertins

Superintendent, Ev. Kirchenkreis Minden