Himmelfahrt ist vorbei, und Pfingsten noch nicht da. Im Ablauf des Kirchenjahres nimmt der Sonntag Exaudi zwischen diesen beiden christlichen Festen eine Sonderstellung ein. Er spiegelt die Stimmung wider, in der die Jünger sich befanden, nachdem Jesus in den Himmel zurückgekehrt war. Sie sind für einige Tage in einer kaum erträglichen Spannung. Das Vergangene hat nun keine Bedeutung mehr, und das Zukünftige hat keine Kraft. Die Gegenwart, in der sie machtlos sind, stellt ihnen die Frage: Zu wem gehörst du?
Ich beobachte, dass im Moment mehr Menschen in Deutschland die Frage bewegt, was zu unserer Herkunft und der Prägung unseres christlichen Abendlandes gehört. Fast 2000 Jahre nach Christi Himmelfahrt können wir feststellen, dass sich viele gute Werte zurückführen lassen auf den christlichen Glauben. Nächstenliebe, die gleichberechtigte Stellung der Frau, und die Achtung der Schöpfung haben in der Bibel ihre Wurzeln. Wir vermissen diese Werte in manchen anderen Kulturen und Ländern. Inzwischen leben aber in Deutschland Menschen mit vielen unterschiedlichen Hintergründen zusammen. Die Konflikte lassen sich nicht länger verschweigen. Eltern und Lehrer von Schülern in Hamburg berichten über „Vorkommnisse beginnender religiöser Konflikte und Beleidigungen auf dem Schulhof und im Schulalltag“. Religiöses Mobbing muss in unserem Rechtsstaat sicher juristisch thematisiert werden. Aber das genügt nicht. Inhaltlich kommen wir Christinnen und Christen nicht mehr darum herum, uns zu unseren Werten und zu unserem Glauben zu bekennen.
In diese Spannung hinein erklingt als Erinnerungsruf die Rede Jesu, in der er den Tröster, seinen Geist, verheißt: „Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,26) Christinnen und Christen leben von der Erinnerung an ihre Wurzeln.
Ganz am Anfang steht in vielen Biografien die Taufe. Tauftage zu feiern ist ein guter Anlass, dass wir uns in unserem Umfeld dazu bekennen, zu wem wir gehören. Meine Enkelkinder Hannes und Paul hatten Anfang April ihren dritten Tauftag. Die beiden Taufkerzen wurden angezündet. Paul wurde gefragt, warum seine Kerze brennt, und er sagte: „Weil ich ein Freund von Jesus bin“. Besser kann man es nicht sagen. Darauf kann man nicht nur ein Gespräch, sondern ein ganzes Leben und ein gutes Miteinander aufbauen.

Eberhard Baade

Eberhard Baade

Pfarrer, Ev. Kirchengemeinde Bergkirchen