Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Lebe deinen Traum

„We shall overcome“ – aus ca. 2000 Kehlen klingt es und lässt mich freudig erschauern. Auftaktprobe zum Chormusical Martin Luther King in der Grugahalle in Essen. Bereits mit den ersten Takten kriege ich eine Ahnung davon, wie aktuell dieses Musical, wie nah uns Martin Luther Kings Geschichte heute ist.

Singend tauchen wir ein in Kings Leben. In eine Welt voll Ausgrenzung und Verzweiflung, aber auch voller Mut, Zusammenhalt und Eintreten für gleiches Recht für alle. Schließlich dann Kings Rede im August 1963 mit ihrem so bekannten Teil, der beginnt mit „Ich habe einen Traum“ und 1964 der Friedensnobelpreis für sein Engagement für soziale Gerechtigkeit. Kings Ende dann tragisch: im April 1968 wurde er ermordet.

Aber was er uns als Erbe hinterlassen hat, ist großartig! Er hat vorgelebt, dass wir nicht Helden sein müssen um etwas bewegen zu können. Wer von einer Sache überzeugt ist und weiß, dass er sich für die richtige Sache einsetzt, kann etwas tun. Menschenwürde und Menschenrechte sind unteilbar. Und es gilt denen zu widersprechen, die Menschen sortieren wollen in Menschen mit Rechten und Würde oder ohne. Wir brauchen Vielfalt und Unterschiedlichkeit in unserer Gesellschaft! Wir brauchen Verständigung über Grenzen hinweg!

Da macht es Mut, wenn unter diesem so wichtigen und richtigen Wort „unteilbar“ als Motto am 13.10. diesen Jahres allein in Berlin über 240.000 Menschen zusammen gekommen sind, die sich für Vielfalt und Toleranz und für ein offenes und solidairisches Europa einsetzten.

Dass wir dahin (wieder) kommen ist auch mein Traum! Und ich weiß sehr deutlich, warum mir persönlich dieser Traum wichtig ist: ich habe ein Enkelkind. Und ich möchte, dass sie in einer bunten und vielfältigen Gesellschaft aufwächst, in der Menschen miteinander Wege gehen und sich nicht voneinander abschotten. Ich möchte, dass meine Enkelin in Liebe angesehen wird, dass sie nicht nach Äußerlichkeiten beurteilt wird, sondern nach ihrem Charakter. Und schließlich möchte ich, dass meine Enkelin, wenn sie erwachsen ist, noch sehen kann, wie wunderschön diese Erde ist und wie kostbar alles Leben darauf.

Das ist mein Traum! Für den möchte ich mich einsetzen. Und dabei hilft mir ein Wort aus dem 2. Brief des Timotheus: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“!

Uraufführung des Chormusicals ist übrigens am 9. und 10.2.2019 in der Grugahalle in Essen. Anfang 2020 wird es dann auch in unsere Region kommen: in die Kampahalle nach Minden.

 

Petra Henning

Petra Henning

Pfarrerin u. Supervisorin, Leiterin TelefonSeelsorge Ostwestfalen

Allerheiligen

In der kommenden Woche feiert die katholische Kirche, einen Tag nach dem Reformationstag, das Hochfest Allerheiligen. Dabei gedenkt sie aller Menschen, die im Laufe der Geschichte ein besonders vorbildliches Leben aus ihrem persönlichen Glauben herausgeführt haben. Bei aller Unterschiedlichkeit und aller Zeitbedingtheit können sie auch heute als Vorbild gelten und um ihre Fürsprache gebeten werden.

Das 2. Vatikanische Konzil (1962-1965) versteht die Kirche als eine göttliche Gründung, die aus Heiligen und Sündern besteht. In diesen Tagen ist vor allem der letztere Teil im Blick. Nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz bestimmen Scham, Fassungslosigkeit und Trauer die innerkirchliche Gefühlswelt. Und dabei gibt es nichts zu relativieren oder zu beschönigen. Und auch wenn manche Personalverantwortliche in der Vergangenheit Täter schützten, weil sie meinten, die Institution Kirche schützen zu müssen, war dieses gutgemeinte das Gegenteil von gut, denn Schutz und Hilfe brauchen die Opfer.

Ich bin kein Mediziner, aber ich habe am eigenen Leib erlebt: Der Eiter muss raus. Der Schaden, den einzelne Mitbrüder den Opfern, der Kirche und ihrer Sendung angetan haben, ist ungeheuer groß und in vielen Fällen nicht wieder gut zu machen.

Ohne zu relativieren lenkt das Hochfest am kommenden Donnerstag unseren Blick auf die andere Seite der einen Wirklichkeit, zu der wie das 2. Vatikanische KOnzel festhält, es gehört, dass die Kirche eine semper reformanda eine stets zu erneuernde ist.

Roland Falkenhahn

Roland Falkenhahn

Propst am Dom und Leiter des Pastoralen Raumes Pastoralverbund Mindener Land

Freiheit durch die Gebote Gotte

Vor ein paar Tagen waren meine Frau und ich für eine Woche in Sellin auf Rügen. Es waren sonnige Urlaubstage, so dass wir auch am Südstrand der Steilküste entlang gegangen sind. An einigen Stellen waren deutliche Sandabbrüche zu erkennen, die bis fast ans Wasser ragten. Erst nach einer Weile sah ich die Warnhinweise „Lebensgefahr“ und die Absperrung mit dem rot-weiß-gestreiften Band. Doch niemand kümmerte sich darum. Es gab sogar viele Fußspuren im Sand, die hinaufführten, um das Kliff zu erklimmen. Später habe ich dann erfahren, dass wenige Tage zuvor eine ältere Dame bis zum Hals verschüttet wurde, aber gerettet werden konnte. Automatisch kam mir das furchtbare Unglück von Weihnachten 2011 in Erinnerung, wo ein 10-jähriges Mädchen am Kap Arkona nach einem Abbruch ums Leben kam.

Warnhinweise und Verbote möchten wir nicht gern hören, schon gar nicht den erhobenen Zeigefinger im Urlaub sehen. Wir wollen uns nicht einschränken, auch wenn es lebensgefährlich werden kann.

Mit Konfirmanden habe ich oft ein Gedankenspiel gemacht zum Thema: Wenn alles erlaubt wäre. Zunächst gab es eine große Begeisterung. Doch schon bald merkten wir alle, dass dies kein freies und schönes Leben wäre, weil doch die Freiheit des einen oft die Unfreiheit des anderen bedeutet. Wir stellten fest: Wenn wir uns von den Geboten Gottes freimachen, dann ergibt sich keine bessere, sondern ein ziemlich schreckliche Welt. Das hat nichts damit zu tun, dass wir dann unsere Freiheit einschränken müssen. Die Gebote Gottes geben vielmehr Hinweise darauf, wie das Leben heil und frei werden kann. Sie geben die Richtung für ein gutes, gelingendes und glückliches Leben an.

Aus dem für den Sonntag vorgeschlagenen Predigttext des Propheten Jeremia hören wir das Wort: „Mein Plan mit euch steht fest: Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich habe im Sinn, euch eine Zukunft zu schenken, wie ihr sie erhofft. Ich, der HERR, sage es.“

Hans-Walter Goldstein

Hans-Walter Goldstein

Pfarrer in den ev.-luth. Kirchengemeinden Buchholz und Ovenstädt