Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen

​Vor 30 Jahren habe ich etwas getan, was mein Leben bis heute prägt. Damals haben ich zum ersten Mal einen Gehörlosengottesdienst besucht.
Ganz ohne Vorerfahrungen traf ich (als Hörender) auf ungefähr 50 Menschen. Alle unterhielten sich lebhaft, aber ich verstand gar nichts, denn sie benutzten die Gebärdensprache. Das war eine wichtige Erfahrung für mich, denn so bekam ich eine Ahnung davon, wie es sich anfühlt, ausgeschlossen, fremd zu sein. Noch während des Kaffeetrinkens nach dem Gottesdienst machte ich erste Bekanntschaften und lernte die ersten Gebärden. Es dauert nicht lange und ich besuchte meinen ersten Gebärdensprachkurs und heute bin ich Pfarrer in der Gehörlosenseelsorge in der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Was mir erst später klar wurde: ich traf auf Menschen mit eigener Sprache und Kultur und damit auf Menschen, die einerseits in ihrer eigenen Welt leben. Andererseits leben sie in mitten der hörenden Welt. Sie arbeiten mit hörenden Kolleg*innen, wohnen in hörender Nachbarschaft, stammen meist aus hörenden Familien… . Fremd in der hörenden Welt zu sein, ist etwas alltägliches für sie.

Als Hörender bin ich bis heute ein Fremder in der Gemeinschaft der Gehörlosen, aber trotzdem hat man mich willkommen geheißen. Man hat sich mir zugewandt, mir geholfen, die Gebärdensprache zu lernen und mir als Pfarrer vertraut und mit mir gemeinsam versucht, lebendige Kirche aufzubauen.

Der letzte Sonntag im September ist der internationale Tag der Gehörlosen. Diese kleine Minderheit wird in den Blick gerückt. Ungefähr einer von Tausend Menschen ist gehörlos, also ca. 80.000 Menschen in Deutschland. (Nebenbei: „taubstumm“ wird als diskriminierend empfunden, denn mit Gebärdensprache ist niemand stumm.)

Wer als Hörende*r am ersten Sonntag des Monats um 15 Uhr in die Mindener Petrikirche kommt, kann im gebärdensprachlichen Gottesdienst die Erfahrung machen, fremd und gleichzeitig willkommen zu sein. Eine Erfahrung, die ein Leben verändern kann.

Weitere Informationen: www.gebaerdenkreuz.de

Christian Schröder

Christian Schröder

Pfarrer, Landeskirche Gehörlosenseelsorge

Was ist eigentlich am Sport so großartig?

Wenn Sie jemand fragt, was an Ihrem Lieblingssport so besonders ist, dann werden Sie vielleicht antworten, dass es das Beste ist, einmal selbst zu einem Training zu kommen, um den Sport auszuprobieren. Lange, theoretische Erklärungen werden kaum den Spaß vermitteln können, den Sie mit Ihrer Lieblingssportart haben. Die Liebe zu „Ihrem“ Sport werden Sie durch kühl-informative Beschreibungen nicht vermitteln können. Das eigene Erleben und Kennenlernen ist unersetzlich.
Ähnlich ist es mit Menschen. Durch reines Charakterisieren einer Person werden Sie kaum jemandem beibringen können, warum sie eine gute Freundin oder er ein netter Kerl ist. Vielleicht werden Sie aber sagen: „Ich kann Euch ja einmal miteinander bekanntmachen.“ Nicht durch das Beschreiben einer Person werde ich erleben, was sie für ein Mensch ist. Erst dadurch, dass ich ihr begegne und mich auf sie einlasse, habe ich die Chance, sie kennenzulernen und zu erfahren, wer sie ist.
So ist es auch mit der Person Jesus Christus. Ich kann ungeheuer viel über ihn lesen und ein ganzes Studium über ihn absolvieren, ohne die Liebe zu verstehen, die Menschen ihm gegenüber haben, so dass sie sogar bereit sind, um seinetwillen Nachteile bis zur Hingabe des eigenen Lebens in Kauf zu nehmen. Um Jesus Christus – den wahren Gott und wahren Menschen – kennenzulernen, muss ich ihm begegnen wollen. Der Gottesdienst der Kirche, die Bibel – besonders das Neue Testament, der Katechismus, das Gebet oder ein wahrer Freund, Jünger, Schüler Jesu können mir helfen, Jesus Christus zu begegnen, zu erleben, wer er ist. Dann werde ich selbst erfahren, was an Jesus Christus so großartig und besonders ist.

Christian Bünnigmann

Christian Bünnigmann

Pfarrer im Pastoralverbund Mindener Land

Anders als man denkt…

Dieses volkstümliche Sprichwort ist den meisten bekannt. Man überlegt und plant, und dann kommt es doch anders. Manche Menschen werden nervös, wenn etwas nicht so läuft wie geplant. Schnell stellen sich Selbstzweifel und Frustration ein oder das Gefühl, versagt zu haben. Dabei müssen Planänderungen gar nicht an der Planung liegen. Oftmals kommen die Änderungen von woanders. Hier könnte es helfen, genau hinzuschauen und zu klären, was ist passiert, worüber ärgere ich mich, und wie findet man eine Lösung, im besten Fall auch gemeinsam?! Und wenn es richtig gut läuft, lernen wir aus diesen Situationen.
Christen erweitern und konkretisieren dieses Sprichwort: der Mensch denkt, Gott lenkt. Diese uralte menschliche Erfahrung schafft einen hilfreichen Umgang, wenn sich die Umstände ändern. Der Blick verändert sich, hin zu Gott, der mir hilft, meine Gaben und Fähigkeiten bestmöglich für mich und andere einzusetzen. Dieser Perspektivwechsel ist keine Garantie für permanentes Gelingen eigener Pläne. Er hilft mir bewusst zu machen, dass mein Anteil ein bedeutender, aber eben auch nur ein kleiner am großen Ganzen ist. Manchmal relativieren sich damit vermeintlich große, kaum lösbare oder überwindbare Probleme und Ansichten. Aber garantiert verändert es meine Sicht auf mich und meine Planung. Denn es entlastet, Verantwortung zu übernehmen und gleichzeitig abzugeben. Gott traut und mutet uns diese Erfahrung zu! Auch und gerade, wenn es mal anders läuft als geplant.

Stefan Nowak

Stefan Nowak

Gemeindepädagoge, Ev.-Luth. St. Jakobus-Kirchengemeinde