Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Kraft aus dem Glauben

In den katholischen Gottesdiensten wird an diesem Wochenende die Geschichte von Elija erzählt (1. Kön. 19,4-8). Erschöpft legt er sich unter einen Ginsterstrauch, klagt Gott sein Leid und bittet ihn sogar, sein Leben zu nehmen. Wofür Elija sich einst eingesetzt hat, scheint für ihn keinen Sinn mehr zu haben. Er will und kann nicht mehr, will sein Werk aufgeben. Der große, starke Prophet Elija „re-signiert“.

Im Wort „resignieren“ steckt das Wort „signieren“. Wenn ein Künstler ein Werk geschaffen hat, signiert er es, setzt seine Unterschrift darunter. Damit zeigt er, dass er der Schöpfer des Kunstwerkes ist; dass es sein Werk ist, in das er Gedanken, Arbeit und Zeit gesteckt hat. Auch Elija hat viel Kraft in sein Werk, seine Überzeugung gesteckt. Der Wind aber, der ihm entgegenbläst, lässt ihn sich von dem abwenden, was für ihn eigentlich ein (Herzens-)Anliegen ist. So „re-signiert“ er.

In seiner Resignation begegnet dem Elija ein Engel. Dieser möchte ihm neue Kraft und neuen Mut geben, ihm helfen, zu der einstigen Überzeugung seines Werkes zurückzufinden. Angerührt von dem Engel isst und trinkt Elija. Dann ruht er weiter. Nochmals rührt der Engel Elija an und nochmals steht Elija auf und isst. Neu gestärkt setzt Elija seine Wanderung fort.

Der Lesungstext bringt mich zum Nachdenken: Was lässt mich resignieren? Wo habe ich Herzensanliegen begraben, für die ich Feuer und Flamme war? Gibt es Dinge, von denen ich mich innerlich verabschiedet habe, da ich darin keinen Sinn mehr sehe? Wo brauche ich neue Kraft?

Elija macht die Erfahrung, dass Gott ihn nicht nur in guten Zeiten begleitet, sondern auch in seiner Resignation für ihn da ist und für ihn sorgt. Vielleicht kann es Ihnen und mir wie Elija gelingen, uns von Gott anrühren zu lassen, neue Kraft im Glauben zu finden, und frisch gestärkt weiterzumachen oder neu zu beginnen…

Gemeindereferentin Michaela Langner

Gemeindereferentin Michaela Langner

Pastoralverbund Mindener Land

Staunen lernen

Martin Luther soll einmal sinngemäß gesagt haben: „Es gibt nichts, was der Mensch so gut im Gedächtnis behält, wie die Kränkungen und nichts, was er so schnell vergisst wie das Gute, das ihm widerfährt.“
Ich kann dem Spruch Luthers nichts entgegensetzen, die mir widerfahrenen Kränkungen habe ich sehr lebendig im Gedächtnis, das Gute nehme ich für gewöhnlich als selbstverständlich hin und vergesse es ganz schnell.
Da ist es sehr ratsam, sich bewusst zu machen, wie reichlich wir hier im Kreis Minden-Lübbecke beschenkt werden mit Sachen, welche viele, vielleicht die meisten Menschen in der Welt vermissen müssen.
Ein Beispiel gefällig? Ich gehe davon aus, dass wir alle, die wir diese Zeilen lesen, wissen, wo und wann wir das nächste Mal essen werden. Wie viele Menschen in den Kriegs- und Krisengebieten der Welt wissen es nicht und wie glücklich wären sie, wenn sie mit uns tauschen könnten.
Dabei ist es gar nicht selbstverständlich, dass wir im Frieden und Wohlstand (noch) leben dürfen. Wenn wir diese Tatsache als selbstverständlich betrachten, dann haben wir natürlich auch keinen Grund, dafür Gott „Danke“ zu sagen, aber dann müssen wir damit leben, dass wir keine Freude für diese Gabe und erst recht nicht für die Liebe Gottes, die hinter dieser Gabe ist, empfinden.
Vor dieser Undankbarkeit und der daraus folgenden Freudlosigkeit will uns Christian Fürchtegott Gellert mit der Botschaft seines Liedes bewahren:

1) Wie groß ist des Allmächt’gen Güte!
Ist der ein Mensch, den sie nicht rührt,
der mit verhärtetem Gemüte
den Danke erstickt, der ihm gebührt?
Nein, seine Liebe zu ermessen,
sei ewig meine größte Pflicht.
Der Herr hat mein noch nie vergessen;
vergiss, mein Herz, auch seiner nicht!

2) Wer hat mich wunderbar bereitet?
Der Gott, der meiner nicht bedarf.
Wer hat mit Langmut mich geleitet?
Er, dessen Rat ich oft verwarf.
Wer stärkt den Frieden im Gewissen?
Wer gibt dem Geiste neue Kraft?
Wer lässt mich so viel Guts genießen?
Ist’s nicht sein Arm, der alles schafft?

 

Daniel Brüll

Daniel Brüll

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Petershagen

Kirchen – Wegweiser des Lebens

Mein Lieblingsurlaub: In die Pedale hängen und ab die Post – egal wo und wohin, am besten direkt von zu Hause und einfach drauf los. Gleich vor der Haustür steht die weite Welt offen, findet sich immer ein Pfad, auf dem ich Gottes Natur mit allen Sinnen genießen kann, ungestört von motorisierten (fossil oder regenerativ hin oder her) Zeitgenossinnen. Außer dem Stand der Sonne, der Richtung der Flüsse und gutem Pfadfindergespür brauch‘ ich nur eins: die Türme der Kirchen, die auf dem platten Land als Erste die Lage von Dörfern und Städten verraten.
Gerade im Urlaub können Menschen Kirchen als Wegweiser entdecken, auf der Suche nach dem Woher, Wohin und Wofür des persönlichen Lebens. Kirchen ermöglichen Identität auf mehreren Ebenen, für die persönliche Identität der einzelnen Menschen wie für die kollektive Erfahrung als Gemeinschaft. Mehr als eine Immobilie, sind sie ein Symbol, das Zusammenhalt stiftet, über den individuellen Rahmen hinaus in familiären, nachbarschaftlichen und kommunalen Bezügen. Immer wieder erinnern sie uns daran, dass das Leben mehr ist als was wir vor Augen haben und mehr als das, was wir durch Leistung, Geld oder Zufall erringen.
Wie die fünf Finger einer Hand zeichnen die markanten Türme der alten Kirchen Mindens ein beeindruckendes Panorama des reichen historischen Erbes unserer Stadt, das Besucherinnen von weither anlockt. Als Symbol für die Fundamente des christlichen Glaubens – Glaube, Hoffnung, Liebe – und als Symbol für die tragenden Werte unserer Gesellschaft – Solidarität mit Bedürftigen, Respekt vor anders Denkenden und anders Glaubenden, Gewissensverpflichtung auf Gerechtigkeit und Wahrheit – sind und bleiben sie gerade auch in unserer pluralistischen Zeit das, als was sie einst gebaut worden sind: Wegweiser zum Himmel – und damit zum Leben. Für uns alle. Gerade auch im Bewusstsein der Kirchen, selber immer wieder in die verkehrte Richtung gelaufen zu sein und zu laufen.

Andreas Brügmann

Andreas Brügmann

Pfarrer an der Offenen Kirche St. Simeonis