Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Leid, Zweifel und Glaube

Vor kurzem habe ich unseren Konfirmanden eine Interview-Aufgabe gegeben. Sie sollten Menschen fragen, welche Bedeutung Jesus für sie hat. Eine Antwort hat uns beschäftigt. Da hat jemand gesagt, dass er angesichts von viel Leid und Gewalt, die er im beruflichen Kontext erlebt hat, mit dem Glauben an Jesus nur wenig anfangen kann.

Nun ist die Frage nach Gott und dem Leid eine sehr grundlegende und es gibt da keine befriedigende Antwort, die man hier in wenigen Zeilen anführen könnte. Dass Menschen im Angesicht eigener Leiderfahrung in Zweifel geraten, kann ich verstehen. Ich muss allerdings sagen, dass ich angesichts vieler leidvoller Situationen, die ich als Gemeindepastor und noch mehr bei Notfallseelsorge-Einsätzen erlebt habe, eher zu einem umgekehrten Schluss komme, als der Interviewte.

Für mich ist Jesus gerade hier von entscheidender Bedeutung, weil er selbst ins Leid geht, Gewalt, Schmerzen und Tod freiwillig auf sich nimmt. So setzt Gott in ihm das Zeichen, dass ihm diese schweren menschlichen und oft unmenschlichen Erfahrungen nicht egal sind. Er nimmt im Kreuz das Leid auf sich und die Schuld, die oft damit verbunden ist. Daran denken wir in der Kirche in dieser Passionszeit besonders. Zum Beispiel, dass Jesus im Garten Gethsemane seine eigene Todesangst zum Ausdruck bringt. Aber er stimmt diesem schweren Weg zu: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe“ und erlebt einen Engel an seiner Seite. So können auch wir wissen, dass wir in solch schweren und schmerzhaften Situationen nicht allein sind, sondern wir in Jesus jemand an unserer Seite haben, der mit uns fühlt. Dies ist keine Erklärung für das Leid. Aber ich durfte oft erleben, wie es mir die Kraft gegeben hat, anderen beizustehen und wie Menschen auch im tiefsten Leid in einem Gebet Halt und Trost bei diesem Gott gefunden haben, der uns in Jesus so nahekommt.  Darum hoffe ich zwar, dass keiner von Ihnen in nächster Zeit durch schmerzhafte Erfahrungen gehen muss. Doch wenn es so ist, wünsche ich Ihnen, dass Gott Ihnen Engel an die Seite stellt, auch in Form anderer Menschen, und selbst spürbar bei Ihnen ist. 

Andreas Wilmsmeier

Andreas Wilmsmeier

Pfarrer der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Hartum-Holzhausen und Koordinator der Notfallseelsorge im Kirchenkreis Minden

Ein neues Kirchenlied

Gerade läuft ein neues Kirchenlied im Radio. Wenn ich im Auto bin oder im Badezimmer singe ich es mit Chris Martin von Coldplay, tINI, Little Simz, Burna Boy und Elyanna. Ich singe nicht nur, ich bete auch – denn genau darum geht es in dem Popsong „And so we pray“. Ich singe und bete mit, dass ich mein Bestes geben kann – und damit auch andere ermutige.
„Pray that I don′t give up, pray that I do my best, pray that I can lift up, pray my brother is blessed.“
Ich singe und bete für meine Brüder und Schwestern. Ich bete um Kraft und Segen nicht nur für mich, sondern letztlich für alle Menschen und für unseren weltweiten Zusammenhalt.
„Praying on your love, we pray with every breath though I’m in the valley of the shadow of death.“
Ich bete mit im Geist der Liebe, mit jedem Atemzug. Das ist leicht im Auto, das ist schwerer, wenn ich durch das Tal des Todesschattens gehe, wie das lange vor uns Menschen in Psalm 23 formuliert haben. Das ist schwer, wenn ich Angst um mein kleines Leben bekomme oder in die Zeitung schaue. Aber besonders dann, wenn es leicht wird, anderen die Schuld an meiner Lage zu geben, dann singe ich lauter, dass wir es zusammen schaffen, unsere, vielen Krisen zu bewältigen. Nicht auf meine Kosten und nicht auf die von anderen, sondern mit gemeinsamem Einsatz.
„So for the ones who parted the seas, for the ones who followed dreams, for the ones who knocked down doors, and allowed us to pass down keys.“
Also bete ich auch mit für die, die mir darin Vorbilder sind. Wie Mose, als er das jüdische Volk aus der Sklaverei führte. Oder die Menschen, die den Traum von einer Welt voller Frieden und Gerechtigkeit für alle nicht aufgeben und dafür auch mal Türen eintreten und dann neue Schlösser einbauen, zu denen alle die Zugangsberechtigung haben.   
Ich singe und bete und hoffe mit.
„′Til nobody’s in need and everybody can sing.“
Solange bis niemand mehr das Nötigste fehlt und allen danach ist, mitzusingen.
Singen und beten Sie mit?

Katrin Berger

Katrin Berger

Pfarrerin, Ev.-Luth. Kirchengemeinden Bergkirchen und Oberlübbe-Rothenuffeln

Gedanken zum Sonntag „Okuli“

„Okuli“, so heißt der kirchliche Name des morgigen Sonntags. Das heißt auf deutsch: Augen, und steht für das Zitat aus Psalm 25: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn, denn Er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.“
Wird er das wirklich?, fragen wir mehr oder weniger ungläubig. Angesichts einer Welt, die gerade ist, wie sie ist: Breitbeinige Despoten haben Konjunktur und versuchen die Welt unter sich aufzuteilen, und Deutschland taumelt am Abgrund und versucht seine Rolle neu zu (er-)finden zwischen Ampel-Aus, Wirtschaftskriegen, EU-Streit und „beleidigte-Leberwurst-Spielen“ im Bundestag.
„Allein,“ schreibt Reinhard Mey. „Wir sind allein. Wir kommen und wir gehen ganz allein. Wir mögen noch so sehr geliebt, von Zuneigung umgeben sein; die Kreuzwege des Lebens geh´n wir immer ganz allein. Allein.“ – Hat er recht?
Der biblische Hiob widerspricht: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er sich über dem Staub erheben.“
„Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“, auch das ein Wort aus der jüdischen Tradition, das in der gegenwärtigen Politik keine Rolle mehr zu spielen scheint.
Erinnerung an Schuld und Untergang, aber auch Erinnerung an das, was Jesus uns gelehrt hat: Nicht nur das „Nie-mehr-allein-Sein“ (Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt!), sondern auch, dass alles, was Hass und Gewalt, Egoismus und Lieblosigkeit war, im Feuer verzehrt werden wird, alles aber, was Liebe war auf ewig bewahrt sein wird.
Und wenn wir darauf setzen und vertrauen, dann dürfen wir dem „Jungen, der an die frische Luft musste“, Hape Kerkeling dann doch hoffnungsfroh zustimmen. Nach dem Suizid seiner Mutter, der ihm schwer zu schaffen machte, liegt er abends wach, denkt über alles nach, was war, und plötzlich kommt ihm der Gedanke: „Vielleicht kann ja doch noch einmal etwas ganz Schönes kommen.“
Mit dieser Hoffnung kann man schon weiter gehen.

Volker Niggemann

Volker Niggemann

Pastor an St.-Matthäus, Rechtes Weserufer