Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Brücken bauen

Christian Bünnigmann

Christian Bünnigmann

Pastor im Pastoralverbund Mindener Land

Die Geister scheiden sich an der Frage, ob unsere Gesellschaft gespalten ist oder nicht. So oder so ist es aber wohl sinnvoll, Brücken zu haben, die einer Spaltung vorbeugen oder sie heilen.

Christen sind in der Nachfolge Jesu in jedem Fall berufen, Brückenbauer zu sein. Denn Jesus Christus ist selbst die Brücke. In seiner Person ist er die Brücke zwischen Gott und Mensch, weil er selbst Gott und Mensch ist. Auf eine andere, aber nicht ganz unähnliche Weise sind seine Nachfolger gerufen, Brücken zu bauen, auch zwischen Menschen.

Das Überbrücken von Gegensätzen ist kein Verwischen der bestehenden Unterschiede. Wie eine Brücke feststehende Pfeiler braucht, so steht auch der Christ fest und unterscheidbar in seiner Überzeugung, seinem Glauben. Nur von diesem festen Fundament aus kann er eine Brücke zu Menschen anderer Überzeugung schlagen. Er kann tolerant sein, das heißt, den bestehenden Gegensatz, auch die gegenteilige Auffassung eines Gegenübers ertragen, ohne den anderen Menschen geringzuschätzen.

Ich glaube, dass die Kultur, der Sport und andere Bereiche der mitmenschlichen Begegnung große Chancen enthalten, Spaltungen zwischen unterschiedlichsten Menschen in unserem Land zu überwinden. Solche Brücken zu schlagen, gehört zum christlichen Selbstverständnis. Es ist ein Auftrag für den Christen. Wenn dabei noch an einer friedlichen Gesellschaft mitgearbeitet wird – umso besser.

Kompass für’s Jahr

Das neue Jahr 2024 nimmt langsam Fahrt auf. Die Kälte, die Dunkelheit und Stürme dieser Jahreszeit mögen umtriebige Unternehmungen noch ein wenig im Winterschlaf schlummern lassen. So motiviert die Zeit um den Jahreswechsel seit jeher dazu, sich innerlich zu justieren:
Welche „alten Gleise“ werde ich weiter befahren müssen und wollen;
welche neuen Weichenstellungen werden sich ergeben können;
auf wen werde ich mich verlassen können;
was werden erhoffte Sternstunden sein können;
woraufhin möchte ich hinwirken;
welche Unwägbarkeiten werden mich ereilen;
welche Widerstände sind zu bewältigen;
welche Oasen der Regeneration werde ich haben?
Einen inneren Kompaß mag sich jede und jeder zugelegt haben – mehr oder weniger ausgelotet –  doch zumindest im Prozeß des Justierens und Ausrichtens begriffen. Unsere Blickrichtung dazu mag der schon in die Jahre gekommenen, zugleich höchst aktuellen Prozeßkampagne des Ökumenischen Rates der Kirchen gelten: Gerechtigkeit – Frieden – Bewahrung der Schöpfung. Schon 1983 hat der weltweite Kirchenverbund diese Zielsetzung ausgerufen und damit ein jahrzehntelanges Arbeiten und Einsetzen dafür ausgelöst. Wird nur einem Teil dieser Trilogie nicht zureichend entsprochen, gerät das ganze Lebens-Gefüge außer Kontrolle. In unserem allernächsten Umfeld, wie in allen denkbaren angrenzenden größeren und kleineren Umfeldern.
Unser privates Suchen und Streben nach persönlicher Integrität und Identität bleibt unweigerlich eingebunden in diese Rahmengebung. Legen wir es in das Psalmgebet dieses Sonntags:
Gast bin ich auf der Erde. Von Deiner Freundlichkeit, GOTT, ist die Erde erfüllt. Ewig, GOTT, hat Dein Wort Bestand. Von Generation zu Generation reicht Deine Treue. (Psalm 119,19.64.89.90)

Iris Rummeling-Becht

Iris Rummeling-Becht

Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien/Bezirk St. Lukas

Hoffnung? Welche Hoffnung bitte?

Das neue Jahr ist erst vier Wochen alt. Viel zu früh für eine Bilanz! Aber es bedrückt mich, dass laut einer Umfrage die meisten Deutschen schon zu Beginn pessimistisch auf 2024 blicken. Kaum jemand erwartet, dass das neue Jahr besser wird, als das alte.
Tatsächlich sind die Fakten nicht gerade ermutigend: Der Ukrainekrieg geht ins dritte Jahr. Rechtsradikale planen, Menschen mit Migrationshintergrund loszuwerden. Der Klimawandel scheint sich zu beschleunigen. Die Zahl der Kinder, die durch Schwangerschaftsabbruch sterben, ist letztes Jahr gestiegen. Künstliche Intelligenz bietet neue Möglichkeiten für Manipulation. Und in Asien braut sich der nächste Großkonflikt zusammen. Kein Wunder, dass viele von der Zukunft nichts Gutes erwarten. Wie sollte man angesichts der schlechten Nachrichten zuversichtlich nach vorne schauen?
Nur Christen sind unverbesserliche Hoffnungsmenschen. Auch wenn alles dagegen spricht, glauben sie an ein Happy End. Christen sind bekannt dafür, sich die Hoffnung nicht nehmen zu lassen. Doch wie kommen sie dazu? Sind sie naive Gläubige, die die Realität nicht wahrhaben wollen?
Nein, Christen haben einen handfesten Grund für ihre Hoffnung – ein Versprechen, das Jesus gegeben hat. Er hat versprochen, dass er uns nicht im Stich lässt. Dass er jeden Tag bei uns ist, jeden Schmerz kennt, jede Träne zählt, jedes tote Kind beweint. Und er hat versprochen, dass er die Welt erneuern und alles gut machen wird. Christen wissen: Der Tag kommt, an dem uns die kaputte Welt nicht mehr quält. Weil Jesus eine neue schaffen wird, die schön und heil ist. In der Bibel steht: »Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.« (Offb 21,4)
Manche finden diese Hoffnung auf Gottes Hilfe lächerlich. Aber es ist immer noch die beste, die wir haben. Vielleicht sind unter den engagierten Weltverbesserern deshalb so viele Christen – weil sie Hoffnungsmenschen sind. Aus gutem Grund.

Johannes Röskamp

Johannes Röskamp

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Markus