Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Abschütteln oder Barmherzigkeit ausprobieren

Der Meister und seine Jünger wandern durchs Land Israel. Im Gebiet Samaria sind Jakobus und Johannes so böse über die Menschen und ihre Ablehnung Jesu, dass sie am liebsten Gottes Straffeuer über das Dorf regnen lassen würden. Aber Jesus erinnert sie: „Wisst ihr nicht, wessen Geistes Kinder ihr seid?“ An anderer Stelle rät Jesus den Reich-Gottes-Boten, schüttelt den Staub solcher Ortschaften und Erlebnisse von euren Füßen! Das von Corona verseuchte Jahr 2020 abschütteln – das wäre doch etwas! Mit dem Aufhängen des 2021 – Kalenders das Alte hinter uns lassen. Genial einfach. Natürlich wissen wir, dass das nicht geht. Die Intensivstationen müssen bundesweit Tausende von Corona-Patientinnen und -Patienten aufnehmen. Die Impfungen laufen erst an. Der Lockdown wird sicher nicht einfach am 11. Januar Geschichte sein. Nach einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur glaubt nur jeder Vierte (26 Prozent), dass die Pandemie 2021 weitgehend überwunden wird. Zwei Drittel meinen dagegen, dass das gefährliche Virus das Leben der Menschen in Deutschland noch das ganze Jahr über beeinträchtigt. Die Jahreslosung für das Jahr 2021 aus der sogenannten Feldrede des Lukas enthält den Satz Jesu und ganz viel von seinem Geist: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Diese Aufforderung Jesu an seine Leute enthält auch die Erinnerung. Gott hat das vorgemacht. Vom Stall zu Bethlehem bis zum Kreuz von Golgatha lebt das Jesus vor. Er war und ist Gottes Barmherzigkeit in Menschengestalt. Wenn also Gott – auch wenn wir das so oft in schweren Zeiten kaum glauben können – barmherzig ist, dann können wir das auch sein. Barmherzig meint warmherzig. Hat mir mal ein schlauer Mensch erklärt. Dass wir warmherzig durchs Jahr 2021 gehen – das ist die Zielrichtung der Jahreslosung. Wir können dann barmherzig sein mit uns – wenn wir ängstlich und kleinmütig geworden sind. Wir können barmherzig sein mit anderen – die sich überfordert fühlen von Corona und `überhaupt allem anderen´ und sich in Verschwörungserzählungen flüchten. Wir können barmherzig sein mit unserem politischen Führungspersonal – das die Bevölkerung vor einem Virus schützen, aber die sozialen und wirtschaftlichen Begleiterscheinungen nicht außer Acht lassen will. Ich möchte 2021 weiter ein Lehrling der Barmherzigkeit sein.            

Jörg Bade

Jörg Bade

Religionspädagoge am Leo-Sympher-Berufskolleg, Minden

Wort zum Sonntag 4. Advent

Freude schaut nach vorn

Als ich junger Pfarrer in Bergkirchen war, erinnerten sich die älteren Gemeindegliedern noch an Pfarrer Martin Lohmann aus Minden. Er war früher Vikar in Bergkirchen gewesen und dann am 4. Advent 1909 ordiniert worden. Später wurde er Pfarrer in St. Marien in Minden. Aber immer in der Adventszeit habe er an einem Sonntag in der Bergkirchener Kirche die frohe Botschaft verkündet: „Freut euch in dem Herrn allezeit, und abermals sage ich: Freut euch! Der Herr ist nahe!“ (Philipperbrief 4,4-5)

Dabei hatte Pfarrer Martin Lohmann nicht immer Grund zur Freude gehabt. Im ersten Weltkrieg wurde er als Soldat eingezogen und im November 1918 sehr schwer verwundet. Er überlebte knapp, behielt aber zeitlebens ein steifes Bein.  War die nahe Todeserfahrung und das neu geschenkte Leben vielleicht ein Grund, sich später gerne an die Freude aus dem Wochenspruch vom 4.Advent zu erinnern?

Es ist keine oberflächliche Freude, zu der am 4. Advent aufgerufen wird. Die hätte den Adressaten in der Bibel wenig genützt. Denn die christliche Gemeinde in Philippi befand sich gerade im Krisenmodus. Zu Einschränkungen waren sie genötigt durch eine Verfolgungswelle der römischen Besatzungsmacht. Auch Paulus, der ihnen diese Worte zusprach, schrieb gerade aus einer Gefängniszelle. Das hielt ihn aber nicht davon ab, seinen Kopf zu heben und mit aufrechter Haltung nach vorne zu schauen. Seine Augen sahen weit hinaus über alle augenblicklichen Einschränkungen auf Jesus. „Der Herr ist nahe!“  Er war sich sicher: Nicht mehr lange dauert es, und dann berührt der Himmel die Erde.

Nicht mehr lange dauert es und wir dürfen Weihnachten feiern. Ja, im Krisenmodus mit Einschränkungen, wie die Gemeinde in Philippi. Aber mit aufrechter Haltung und dem Blick nach vorne, weil ein Größerer auf uns wartet. Seine Nähe lässt uns durchhalten in Krisen. In diesem Jahr der Coronakrise ahne ich, warum Pfarrer Martin Lohmann sich immer in der Adventszeit berühren ließ von der Freude, die nach vorne schaut. Wer in der tiefsten Krise Kraft empfangen durfte durch den Glauben, ruft es gerne in die Welt hinaus: „Freut euch in dem Herrn allezeit, und abermals sage ich: Freut euch! Der Herr ist nahe!“

Pfarrer Eberhard Baade

Pfarrer Eberhard Baade

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bergkirchen

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Es ist ein ganz normaler Morgen an der Gesamtschule Porta.  Es ist 8.19 Uhr. Ich gehe die Treppen in den zweiten Stock des Haupthauses unserer Schule – natürlich coronakonform auf der rechten Seite des Treppenhauses und mit Maske. Ich bin auf dem Weg in eine unserer 6. Klassen – quirlig, lebendig, aufgedreht. Die üblichen Verdächtigen blicken um die Ecke , hinter der Klassentür sehe ich ein Paar Augen, alle rasen irgendwie auf ihre Plätze. Ich höre den  Ruf „Er kommt!“ und betrete dann die Klasse.  28 wuselige junge Menschen fordern ab diesem Moment meine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Er kommt – mit diesem Ruf wird deutlich: jetzt geht’s los. Da geschieht etwas und wir hören etwas, was uns bis jetzt nicht bekannt ist. Neues kommt, Leben heißt Lernen. Manchen interessiert es nicht, was wir heute besprechen;  andere sagen: Das haben wir  schon gehabt Wieder andere sind mit anderen Dingen beschäftigt – gerade noch eine Nachricht schicken ( und zu riskieren, dass man den Vormittag ohne Handy auskommt, wenn man erwischt wird ) …

Ähnlich sind wir Menschen ja auch, wenn wir den Ruf ER Kommt! In der Adventszeit hören. Für den einen ist es der Start zum Deko- und Backmarathon, für die Anderen beginnt eine Zeit der frohen Erwartung. Wieder andere freuen sich über Kerzenschein und besinnliche Musik, können aber mit dem Inhalt dieser Zeit wenig anfangen. Neugierig warten, auf der Lauer liegen, erwartungsvoll durch den Schlitz in der Tür blicken – das tun die wenigsten. Dabei lohnt es sich definitiv mehr auf Jesus zu warten als auf mich.

Er kommt – wer wird da eigentlich angekündigt? Jesus, der Helfer, der Frohmacher, der Tröster. Auch ein Lehrer, der uns die komplizierten Dinge des Reiches Gottes beibringen möchte. Denn von Gott wüssten wir nichts, wenn er es uns nicht selber sagen würde. Es wird der angekündigt, auf den seit Jahrtausenden Menschen warten, weil unser Leben hier ziemlich kompliziert ist und wir einen benötigen, der uns einlädt, mit ihm den Weg durch das Leben zu finden. Ein Heiler, der das in uns reparieren möchte, was zerbrochen und kaputt ist. Gerade jetzt in diesen Tagen, in denen unser Leben von vielen Unwägbarkeiten und Unsicherheiten geprägt ist, in denen wir merken: Wir sind dünnhäutiger geworden, unsere Nerven liegen schneller blank, da merken wir: wir schaffen das alles nicht allein. Da brauchen wir Hilfe. Und Hilfe naht. Es gibt einen Namen, der zugleich ein Programm ist. Wer kommt? Jesus, Jeshua auf aramäisch. Und das heißt übersetzt: Gott ist mein Helfer, mein Retter, mein Erlöser. Und so einen haben wir jetzt bitter nötig.

Aus meiner 6. Klasse gehe ich nach 1 Stunde wieder heraus. Bis zum nächsten Mal. Wenn Jesus kommt , dann kommt er um zu bleiben. Bei dir, in dir, neben dir, vor dir, hinter dir – von allen Seiten will er dich umgeben.

Wir sind nicht allein – Gott sei Dank.

Bleiben Sie behütet und gesund

Ihr Eckart Zinnke

Eckart Zinnke

Eckart Zinnke

Pfarrer an der Gesamtschule Porta