Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Gutes Miteinander

Lass dich anstecken von der Menschlichkeit und infiziere gründlich deine Umgebung, auf dass der Virus der Nächstenliebe die Welt erobert, bevor es ein anderer Virus schafft. (Christa Schyboll, Autorin, geb. 1952)

Von welchem Virus lassen wir uns anstecken? Von dem Virus der Angst vor einer Corona-Erkrankung? Dann auf und in die Supermärkte, um weiter die Regale ohne Sinn und Verstand leer zu kaufen!

Oder lassen wir uns infizieren von dem Virus der Gleichgültigkeit? Was interessieren uns die Flüchtlinge in der Türkei? Oder in Syrien? Oder sonst wo in der Welt? Wir haben genug mit uns zu tun.

Der morgige Sonntag wird in der evangelischen Kirche „Okuli“ genannt. Dieser Name erinnert an den alten Eingangsgesang aus Psalm 25: Meine Augen sehen stets auf den HERRN.

Wer es dem Psalmbeter gleichtut, der starrt nicht ängstlich auf die Gefahren und Herausforderungen des Lebens. Der Blick auf Gott schenkt Mut und Zuversicht. Denn auch in Gefahr lässt er uns nicht allein.

Das heißt nicht, dass man sich angesichts der Corona-Viren nicht die Hände waschen muss. Das löst auch nicht automatisch die großen Probleme der Weltpolitik, die zu immer neuen Flüchtlingsströmen führen.

Aber wir müssen nicht wie ein Kaninchen auf die Schlange starren. Wir blicken auf den, der uns das Leben geschenkt und bis heute erhalten hat. Im Vertrauen auf ihn lassen wir uns vom Virus der Nächstenliebe anstecken. Wir sorgen zunächst für die Kranken. Wir kümmern uns um die Leidtragenden. Wir lassen uns berühren von der Not anderer.

Mit Blick auf Gott werden wir gute Wege des Miteinanders finden! Denn wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg. Sich zunächst um andere zu sorgen und Mitmenschlichkeit an den Tag zu legen, ist das Gebot der Stunde. Denn ein guter gesellschaftlicher Zusammenhalt ist die beste Voraussetzung, um kleine und große Herausforderungen zu meistern. Und wer dabei auch noch mit Gottvertrauen ans Werk geht, kann sich hilfreich einbringen.

Thomas Lunkenheimer

Thomas Lunkenheimer

Pfarrer und Theologischer Vorstand der Diakonie Stiftung Salem

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Wie zeigt man Liebe?

STOPP! Nicht weiterlesen.

Zunächst 30 Sekunden selbst denken! (Gucken Sie lieber auf die Uhr!)

Also: Wie zeigt man Liebe? (Die Zeit läuft…)

… (30 Sekunden) …

Gar nicht so leicht, oder?

Ist Ihnen (als Mann) auch der Klassiker eingefallen?

Manchmal bringe ich meiner Frau ein paar Blumen mit. Einfach so. Nicht um „was gut zu machen“ oder um etwas zu erreichen. Einfach so.

Oder: Meine Frau nimmt mich in den Arm. Einfach so. Ohne besonderen Anlass. Oder doch: Weil sie mir sagen will: „Ich habe dich lieb.“

So ist Gott auch: Zuvorkommend. Er kommt mir zuvor.

Seine Liebe ist schon da, wenn wir ihn noch nicht sehen.

Lassen Sie sich von seiner Liebe erreichen? Man kann sich das schlecht selbst sagen. Aber morgen ist es in vielen Gottesdiensten auch in ihrer Nähe zu erfahren:

Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. (Brief des Apostels Paulus an die Römer Kapitel 5, Vers 8)

Seine Liebe drückt sich nicht einfach in Worten aus, sondern ist eine Geschichte geworden, die Geschichte des Jesus von Nazareth. Der schon für Sie und mich da ist, bevor wir uns ihm zuwenden.

So ist er eben, der Vater von Jesus Christus: Zuvorkommend. Unsere Ablehnung überwindend.

Daran gilt es sich zu erinnern. Heute, morgen, immer wieder neu.

Schönen Sonntag!

Hans-Hermann Hölscher

Hans-Hermann Hölscher

Pfarrerin, Kirchengemeinde Lahde

Wann beginnt der Vorkrieg?

In ihrer Erzählung „Kassandra” lässt die Schriftstellerin Christa Wolf die trojanische Seherin Kassandra fragen: „Wann der Krieg beginnt, wissen wir, aber wann beginnt der Vorkrieg?“Die Erzählung von Christa Wolf ist eine moderne Verarbeitung des Trojanischen Krieges von Homer, allerdings mit dem Unterschied, dass Krieg und Gewalt hier nicht heldenhaft verherrlicht werden, sondern Gewalt und ihre Vorstufen unter kritisch analytischen Blick kommen.„Wann der Krieg beginnt, wissen wir, aber wann beginnt der Vorkrieg?“Im Abschnitt des Matthäusevangeliums, der vor zwei Wochen in den katholischen Kirchen gelesen wurde, setzt sich Jesus mit den Erdbeben, aber vor allem mit den Vorbeben der Gewalt auseinander: „Ihr habt gehört, dass den Alten gesagt wurde: Du sollst nicht töten. Ich aber sage Euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein..“. (Mt 5,21).Natürlich ist das orientalisch zugespitzt. Jeder von uns hat seinem Nächsten schon mal gezürnt und wird deswegen nicht gleich in der Hölle landen. Aber wenn dieser Satz auch nicht wortwörtlich zu verstehen ist, dann will er sagen: Die Gewalt beginnt im Kopf, im Zorn und im Hassen. Das zweite Vorbeben der Gewalt ist dann das Hetzen.Um die Frage der Seherin Kassandra zu beantworten:“ Wann beginnt der Vorkrieg?“, kann man biblisch aber genauso psychologisch und soziologisch sagen: Wenn Hass, Angst oder auch Frustration sich in Hetze umsetzen, dann braucht es nur noch eines labilen Menschen und einer Waffe bis Menschen tot auf der Straße liegen.

Die Botschaft Jesu ist nicht nur eine Botschaft an die Frustrierten und die Zornigen, sondern an alle Menschen: Gewalt beginnt im Kopf.

Wolfgang Ricke

Wolfgang Ricke

Pfarrer am Johannes Wesling Klinikum