Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Mensch sein – ohne Kompromisse

Liebe Leserinnen und Leser!

Der Schmuck des Christbaums ist wieder im Schrank verstaut, die letzten Weihnachtsplätzchen aufgegessen und nach dem Jahreswechsel, gefeiert mit Böllern und Raketen, ist nun in der ersten Woche des neuen Jahres wieder der Alltag eingekehrt. Für die Christen in unserer Stadt Minden, die das Fest der Geburt Jesu noch ein wenig länger haben nachglühen lassen, endet an diesem Sonntag mit dem Fest Taufe des Herrn die Weihnachtszeit. Die rührende Weihnachtsgeschichte, die wir am Heiligabend hörten und die Kindheitsgeschichten Jesu, die uns in den Tagen nach Weihnachten begleiteten, liegen nun hinter uns. 18 Jahre des Schweigens liegen zwischen der Kindheitsgeschichte des zwölfjährigen Jesu im Tempel in Jerusalem (Lk 2) und der Taufe durch Johannes den Täufer im Jordan (Lk 3). 18 Jahre, über die die Evangelien keine näheren Angaben machen. 18 Jahre des Schweigens, der Stille, in denen Jesus zunahm „an Weisheit, Alter und Gnade vor Gott und den Menschen“ (Lk 2, 52). Und dann, Jesus ist rund 30 Jahre alt, – wir würden sagen, er sei im besten Alter -, steht er unter den vielen Menschen, die am Jordan Buße tun, um von Johannes in den Fluten des Stromes von ihren Sünden rein gewaschen zu werden. Da also steht der Gottessohn, – wahrer Mensch und wahrer Gott -, von dem wir glauben, dass er selber ohne Sünde war. Er lässt sich von Johannes taufen und von Sünden reinwaschen, die er selber nicht begehen kann, nicht begangen hat. In dieser kleinen Szene ist schon vieles vom dramatischen Leben dieses Jesus von Nazareth, den die Christen als den Sohn Gottes verehren, enthalten. Sich ganz klein zu machen, sich angreifbar zu machen und verletzlich, sich für andere auszuliefern, für andere durch das Feuer, an das Kreuz zu gehen; sich hinzugeben ganz und gar, dies ist das Besondere an diesem Jesus von Nazareth, das auch nichtgläubige Menschen und jene, die den christlichen Glauben nicht kennengelernt haben, berührt. Dies ist eines der Geheimnisse des Gottes, an denen die Christen glauben: Gott selbst wird in diesem Menschen Jesu radikal Mensch, wird Mensch, mit allem, was zum Menschsein dazu gehört. Gott selbst ist uns im Menschen Jesus von Nazareth nahe, hat sich berührbar, anfassbar, verletzlich gemacht. Gott wird Mensch, mit allen Konsequenzen, ohne Kompromisse, ohne Hintertür oder Ausweg.

Ich wünsche uns und Ihnen, dass auch das Jahr 2020 unter dem Segen Gottes stehen wird, der in Jesus Mensch geworden ist. Für Dich, für mich…

David F. Sonntag

David F. Sonntag

Pastor am Mindener Dom

Meine Zeit steht in deinen Händen

Liebe Leserin, lieber Leser,

genau 4 Tage ist es jung: das neue Jahr. Noch viel Zeit liegt in 2020 vor uns. Spätestens ab Montag hat die meisten von uns der Alltag wieder fest im Griff: Sitzungen, Telefonate, noch schnell die E-Mails beantworten, die Bluse aufbügeln, die eine oder andere Besorgung machen… Zeitmanagement ist da gefragt. Optimales Timing, denn oft läuft uns die Zeit weg.   

Ärzte, Ärztinnen und Pflegekräfte können ein Lied davon singen. Sie hätten gerne mehr Zeit, um sich den Patienten und Patientinnen zu widmen.  

Umgekehrt kann sich die Zeit scheinbar unendlich hinziehen. Z.B. bis sich ein kleiner Fortschritt auf dem Weg der Genesung einstellt oder  bis man aus dem Krankenhaus entlassen wird.

Wie leer können acht Stunden und wie erfüllt können wenige Augenblicke sein! Was ist ein Tag nur abgehakt im Kalender? Wie wichtig sind dagegen die fünf Minuten, die man morgens dem Wecker noch abtrotzt! Intensive Zeiten der Liebe. Ein gutes Gespräch, das in Erinnerung bleibt.  

Ein Beter der hebräischen Bibel sagt: Gott, „meine Zeit steht in deinen Händen“ (Ps. 31, 16). Nichts ist mir so ausschließlich anvertraut wie meine Zeit. Sie ist eins der kostbarsten Geschenke, die Gott mir macht.

Das heißt doch: Alles, was wir erleben, ist in Gottes Händen geborgen und  aufgehoben: die stressigen Situationen, in denen wir der Zeit hinterher rennen, die still geweinten Tränen, ohnmächtige Wut, Zeiten der Krankheit und Schmerzen. Genauso die schönen Zeiten, geprägt von liebevollen Begegnungen, tragfähiger Freundschaft, von Erfolg im Beruf und fröhlichen Festen.

Klar ist: Das Jahr 2019 gehört der Vergangenheit an. Unwiederbringlich. Was im neuen Jahr geschehen wird, ist ungewiss. Politisch genauso wie im persönlichen Leben.

Gewiss ist: Unsere Zeit steht in Gottes Händen. Wir können sie nutzen und das Beste aus ihr machen. Jetzt.

 

Ein gesegnetes neues Jahr!

Drucks, Melanie

Drucks, Melanie

Pfarrerin in Johannes Wesling Klinikum

Gott nahe zu sein, ist mein Glück

„Frohes neues Jahr!“ „Gutes neues Jahr!“ rufen wir uns gegenseitig zu oder schreiben es.

Zum neuen Jahr fangen wir an zu hoffen – für uns selbst und für andere.

Diese Hoffnungen und Wünsche finden sich jedes Jahr in Postkarten, Briefen, E-Mails und WhatsApp-Nachrichten.

Am Endes eines Jahres wünschen wir uns und anderen Erfolg, Gesundheit, Liebe, Kraft, manchmal auch Gottes Segen, vor allem aber Glück.

Wir wissen nicht, was 2020 auf uns zukommt. Aber wir hoffen das Beste, wir hoffen, dass wir am Ende eines Jahres glücklich erzählen können, was wir Schönes erlebt haben.

Aber was ist Glück? Was macht mich glücklich? Wann spreche ich von Glück? Ist Glück Zufall, Schicksal? Schwein gehabt?

In der Hirnforschung hat man viele Erkenntnisse über die biologischen Grundlagen von Glücksgefühlen gewonnen. Glückshormone spielen dabei eine Rolle.

Es gibt die Glücksforschung, die festgestellt hat, das Glücksgefühle eng mit der Lebenszufriedenheit, mit der Lebenshaltung zusammenhängen.

In dem ostasiatischen Land Bhutan ist das Glück der Bürger sogar oberstes Regierungsziel und auch bei uns ist die Literatur zum Thema Glück unüberschaubar.

Inzwischen wird sogar vor dem Streben nach Glück gewarnt. Glücksstreben ist ein zusätzlicher Stressfaktor geworden, der zum Burn-out führen kann.

Ich denke, Glück kann man nicht anstreben, nicht machen, nicht kaufen.

Im 73. Psalm heißt es: „Gott nahe zu sein, ist mein Glück.“ (Ps 73,28 Einheitsübersetzung)

Vielen Menschen ist dieses Vertrauen auf Gott im Leben abhanden gekommen.

Ihre Alltagserfahrungen vermitteln etwas anderes. Wo ist der Gott der Liebe und der Gerechtigkeit? Wieso muss gerade mir diese Unglück passieren? Wo ist in meinem Leben spürbar, dass Gott nahe ist?

Seit dem Herbst gehört die Begleitung der Gäste im Hospiz zu meinen Aufgaben. Dort begegne ich Menschen, die Schlimmes erlebt haben, die viel Leid tragen müssen und mit Gott und der Welt hadern. Aber ich erlebe auch einfühlsame Pflegekräfte, wertschätzendes Miteinander, eine wohltuende Atmosphäre, intensive Begegnungen.

Und dabei entdecke ich: so kann Gottes Nähe spürbar werden. Hier komme ich in die Nähe Gottes. Nicht in einem großes mystisches Erlebnis, sondern mitten im Alltag, wenn wir einander zutiefst menschlich begegnen, ist Gott dabei. Und das macht glücklich!

Die Voraussetzung ist, dass ich bereit sein muss, nach Gottes Nähe zu fragen und sie finden möchte.

Vielleicht kann die Suche dann ganz anders  sein, so wie Pablo Picasso es beschreibt:

„Ich suche nicht – ich finde.

Suchen ist das Ausgehen von alten Beständen und ein Findenwollen von bereits Bekanntem.

Finden, das ist das völlig Neue.

Alle Wege sind offen, und was gefunden wird, ist unbekannt.

Es ist ein Wagnis, eine heiliges Abenteuer.“

Machen Sie sich im neuen Jahr auf den Weg! Viel Glück!.

Karin Daniel

Karin Daniel

Pfarrerin in der St. Martini-Kirchengemeinde in Minden