
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind….
Da saßen wir gemeinsam an einem Tisch im Schulgarten unserer Grundschule. Fünf Menschen jesidischen, muslimischen und christlichen Glaubens. Wir tranken gemeinsam Kaffee, aßen Kuchen und erzählten uns von unserem Glauben. Einer unter uns, ein gebürtiger Kurde muslimischen Glaubens, wusste sehr viel über das Jesidentum, diese bis heute so verfolgte Religionsgemeinschaft. Geboren noch im Irak hatte es ihn sehr interessiert, was seine Nachbarn glauben. Und er erzählte, dass es Kurden/innen christlichen, muslimischen, jesidischen und jüdischen Glaubens gibt. Neugierig fragten wir nach, diskutierten, hörten zu. Wie waren wir in den Schulgarten gekommen? Es war vergangenen Donnerstag, am Tag der Einschulung für die Erstklässler. Nach dem Einschulungsgottesdienst im Martin-Luther-Haus, der Einschulungsfeier in der Mosaikschule, saßen wir `Großen´ nun bei Kaffee und Kuchen zusammen, während die `Kleinen´ ihre erste Schulstunde hatten. Und da auf der Bank im Schulgarten waren wir uns einig: So wie wir in der Kirche gemeinsam unser Vertrauen in den einen Gott, Schöpfer aller Menschen, bekannt haben, so wollen wir unsere Kinder großziehen – in Frieden und Respekt vor einander. Ich habe mich an ein Wort Jesu erinnert gefühlt: „Wo zwei oder drei in meinem (nämlich in Gottes) Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20) Ich denke, Jesus, Gott, war mitten unter uns. Klar, auch wir in Bärenkämpen haben Menschen, die den Worten der AfD von einem `christlichen Abendland´ und der Angst vor `Überfremdung´ folgen. Bei den letzten Wahlen haben bei uns in Bärenkämpen über 15% der wahlberechtigten Menschen die AfD gewählt. Haben sie dabei manche menschenverachtenden Worte überhört? An diese Bank im Schulgarten habe ich mich noch einige Tage erinnert: Wir haben geredet, zugehört und nachgefragt. Wir haben durchaus auch schwierige Themen angesprochen: `Ehrenmorde´, Respekt vor den Regeln im aufnehmenden Land, Respekt vor der Polizei… Ich denke, das ging, weil wir uns erst so sehr zugehört haben – neugierig und interessiert am Anderen. Ich wünsche mir mehr solcher Bänke des Zuhörens und am liebsten bei Kaffee und Kuchen.

Sabine Bade
Pfarrerin, Ev. St. Marien-Kirchengemeinde, Bezirk MLH in Minden
Es gibt noch viel zu lernen

Dr. Jörg Bade
Pfarrer, unterrichtet als Religionspädagoge am Leo-Sympher-Berufskolleg
Das Schöne sehen
So langsam nähern sich die Sommerferien dem Ende. Noch ein paar Tage, und es rollen morgens wieder die Schulbusse durch die Stadt. Das nennen wir Alltag. Dann steht wieder alles auf Vollbetrieb in den Schulen, in den Kirchengemeinden und im täglichen Leben. In den Ferien lief manches ruhiger. Konnten wir es genießen? Viele Familien nutzten die Ferien zu einem Urlaub in anderen Regionen. Meine Frau und ich haben mit unseren Enkelkindern eine Fahrt mit der Mindener Museumseisenbahn erlebt. Wir Erwachsenen genossen die Entschleunigung und erinnerten uns an den Geruch und die Geräusche vom öffentlichen Nahverkehr unserer Kindertage. Die Augen der beiden vierjährigen Zwillinge konnten sich nicht satt sehen. Jeder Trecker und jeder Bagger wurde begeistert wahrgenommen. Tiere wurden benannt und schließlich entdeckten sie die Windmühle in Südhemmern. Dort stand das Getreide in vollen Ähren, und die Kinder sammelten einige Halme auf, die auf dem Boden lagen. Die Körner waren fast reif. Dann ging es hinauf in die Mühle, wir konnten das weiße frische Mehl sehen. Aus Mehl wird Brot gebacken. Bevor wir später das Brot aßen, hoben die beiden Kleinen die Hände und formten einen Schmetterling. Gemeinsam sprachen wir ein Dankgebet: „Fliege, lieber Schmetterling, fliege hoch zum Himmel hin, sag dem lieben Gott dort oben, dass wir ihn fürs Essen loben. Amen.“ Mir wurde bewusst, dass die Augen einen Zugang geschaffen hatten zu der inneren Welt. Und dass der tägliche Umgang im kirchlichen Kindergarten und das Gebet im Elternhaus Früchte trug. Aber auch wir Erwachsenen sollten uns erlauben, mit unseren Augen das Schöne wahrzunehmen. Wenn der Alltag wieder losgeht und die Minuten enger getaktet sind, begegnen wir in unserer Gesellschaft auch wieder dem Ego und der Rücksichtslosigkeit. Wenn dann im Straßenverkehr wieder ein Obercooler sich toll findet, beim Fahrspurwechsel bewusst auf den Blinker zu verzichten, dann denke ich an die Sonnenblumen auf manchen Feldern oder an den herrlichen Sonnenaufgang, der am Morgen über dem Mindener Land geleuchtet hat. Dann orientiere ich mich nicht an der inneren Armut von Anderen, sondern an dem Reichtum von Gottes Schöpfung. Und spreche in Anlehnung an die Worte meiner Enkel: „Fliege lieber Schmetterling, fliege hoch zum Himmel hin, sag dem lieben Gott dort oben, dass wir ihn für seine schöne Schöpfung loben.“

Eberhard Baade
Pfarrer in der Kirchengemeinde Bergkirchen