
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Feindesliebe macht gesund
„Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.“ Dieser Zweizeiler von F. W. Bernstein beschreibt einen der bekanntesten Autoren des Neuen Testamentes, Paulus. Mit beißender Ironie, unverhohlenem Spott und sogar mit Ohrfeigen stellte sich der Apostel denen entgegen, mit denen er früher gemeinsame Sache gemacht hatte. Ursache für diese Wandlung war eine Heilung.
Paulus war gezeichnet von einer chronischen Krankheit. Wie ein „Pfahl im Fleisch“ quälte sie ihn, legte ihn regelmäßig für mehrere Tage lahm und bescherte ihm Visionen von grellen Lichtern, starke Schmerzen, Übelkeit und Drehschwindel. Hartmut Göbel, Professor für Neurologie und Schmerztherapie, vermutet anhand dieser Beschreibungen Migräne als Ursache dieser Anfälle. Durch seine Erziehung und durch die religiöse Tradition seiner Herkunftsgemeinde – er war Schüler des Gamaliel, eines Rabbiners, der der orthodoxen Schule der Pharisäer angehörte – gab es für Paulus nur ein Mittel, von den Schmerzen dieser Krankheit befreit zu werden: absolute Gesetzestreue. Jesus, der viele Krankheiten durch Zuwendung und praktizierte Nächstenliebe geheilt hatte, war für Paulus zunächst ein Feindbild. Das änderte sich schlagartig, als Paulus auf dem Weg nach Damaskus war.
Von einem Anfall getroffen, fiel Paulus vom Pferd und blieb blind und bewegungslos am Boden liegen. Mitten in diesem Anfall, so berichtete er anschließend, habe er eine Stimme gehört, die er Jesus zuordnete: „Warum verfolgst du mich?“ Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Migräneanfälle für Paulus ein Zeichen für einen weit entfernten Gott. Das war jetzt anders. Gott war in seiner Nähe. Krankheit war nicht mehr Einsamkeit, sondern Gemeinschaft mit Gott. Noch etwas anderes vertiefte dieses Erlebnis: Als er von seinen Begleitern blind nach Damaskus gebracht wurde, waren es gerade die Jesusfreunde, seine ehemaligen Gegner, die ihn von seiner Blindheit heilten. Schuppen seien ihm von den Augen gefallen: Liebe ist das höchste Gebot. In einer liebevollen Zuwendung erfüllen sich alle Gesetze in einem Moment.
Die Migräneanfälle ist Paulus nie losgeworden. Doch deren Folgen, Einsamkeit, Verlassenheit oder Hilflosigkeit konnte er überwinden. Er fühlte sich auch in der Krankheit von Gott begleitet.

Frieder Küppers
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien
Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie? (Mt. 6, 26)
Sie sitzen vor dem großen Schrank und schauen in die unteren Fächer. Hier liegen Dinge, die lange nicht mehr in ihrer Hand waren: Kinderbücher, alte Spiele für 6 – 12-Jährige. Nach und nach wächst der Stapel der Sachen, die nicht mehr gebraucht werden. Sie sollen jetzt weg, denn es ist zu viel für die neue gemeinsame Wohnung, die sie sich nehmen wollen. Sie sind nicht mehr die Jüngsten, haben sich kennen- und lieben gelernt und wollen nun miteinander alt werden. Und da gibt es viel, was nicht mehr gebraucht wird, was übrig ist aus vergangenen Jahren, Beziehungen, der Familienzeit und den Jahren des Alleinseins, wo manches gekauft und angeschafft wurde, um die innere Leere auszufüllen.
Das Leben ist freier, individueller, aber in vielem auch einsamer geworden und das Materielle wird allzu oft zum Trost, zum Lückenfüller für das, was an Menschlichem vermisst wird. – Jetzt aber ist da jemand, nach langer Zeit, der bereit ist, mit ihr ein neues Leben zu beginnen im fortgeschrittenen Alter ohne wenn und aber und sie ist genauso offen, voller Freude, voller Pläne,… und da verliert das Materielle wie von selbst seine Bedeutung…
Im Evangelium nach Matthäus heißt es zu diesem Sonntag: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ Für mich gewinnen diese Worte einen etwas anderen Sinn als eine bloße Materialismuskritik oder eine strikte Aufforderung zu asketischem Leben. Wer sich wie das Paar vor seinem >>Lebens-Schrank der toten Besitztümer<< frei machen kann von dem vielen, was er oder sie gehortet, gehegt und gepflegt hat, der kommt wieder bei einem Menschen oder generell bei Menschen an, die mit Nähe, Worten und Zuneigung ein neues Leben öffnen können, egal zu welchem Zeitpunkt im Leben. In diesem Sinne wünsche ich vielen loslassen zu können, um Menschen zu gewinnen in einem erfüllenden Leben ohne Sorge um die Besitztümer in unseren Wohnungen und Häusern.

Christoph Kretschmer
Schulpfarrer am Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg
Was treibt dich an?
Was treibt dich an im Leben, in der Familie, bei der Arbeit oder beim Sport?
Fangen wir mit dem Letzten an. Ich frage mich manchmal, wenn ich Sport sehe: „Hey, was treibt dich an, dass du unten auf dem Spielfeld so lustlos hinterher läufst.“ Und dann sieht man andere, die zerreißen sich förmlich.
Aus der Rolle des Betrachters kommen wir heraus, wenn wir uns die Frage stellen im Blick auf unseren Beruf. Ist es die Bezahlung, nicht ganz unwichtig, die Liebe zu der Arbeit und den Menschen, mit denen ich es zu tun habe? Dass ich im Beruf die Erfüllung finde, wenn ich etwas, tue und das gelingt. Dass ich Wertschätzung erfahre. Treibt mich an, dass ich sehe, wie gut ich meine Gaben und Fähigkeiten einsetzen kann?
Im Blick auf Familie und Freunde ist es in aller Regel die Liebe zu den Menschen, die uns antreibt, Dinge zu tun und manchmal auch Dinge zu ertragen. Liebe, die uns ein weites Herz schenkt, wenn es darum geht, kleine und große Macken der Freunde, des Partners und der Kinder zu akzeptieren.
Was treibt mich an in meinem Leben? Gott hat uns gegeben den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit (siehe auch 2. Timotheus-Brief, Kapitel 1, Vers 7).
Gott will uns alles geben, was wir für ein gelingendes Leben brauchen.
- Kraft für jeden neuen Tag, aber nie Kraft für eine Woche im Voraus, dann hätten wir spätestens nach 3 Tagen alle Kraft verbraucht.
- Erschrocken hat mich vor einiger Zeit die Aussage: Ich wünsche mir jemanden, der mich liebt. Wir werden von Jesus unendlich geliebt. Er ist derjenige, der auf diese Welt kam, um uns seine Liebe zu bringen.
- Wie viel Leid und Missverständnisse würden vermieden, wenn wir mit Besonnenheit an alles herangingen. Mal innerlich einen Schritt zurücktreten und die Situation betrachten, uns die Frage stellen, was wäre im Sinne von Jesus die richtige Entscheidung?
Ich wünsche uns, dass uns der Geist Gottes, der Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit antreibe zu allen guten Werken.

Peter Fischer
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Hille