Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Ferienreif

Noch ein paar Tage, dann ist es geschafft. Die Schultaschen fliegen in die Ecke, die Brotdosen werden vorher hoffentlich noch geleert. Und dann ist „chillen“ angesagt bei allen, die etwas mit Schule zu tun haben.
Der Endspurt vorher ist eine echte Herausforderung. Hier noch eine Arbeit, da ein Schulfest, ein Ausflug, vor den Ferien ist viel los. In den letzten Schultagen ist an Unterricht kaum zu denken.
Und dann steht – endlich – Erholung an erster Stelle. Aber das ist gar nicht immer so leicht. Als Familie sind wir uns einig: der Strandurlaub wird es nicht. Und ist es nicht viel klimafreundlicher, zu Hause zu bleiben? Aber da kommt die Erholung zu kurz. Wären ein paar Einkehrtage nicht schön, aber dann bitte ohne Kinder. Oder ein Wellnessurlaub. Eine Freizeit für die Kids. Oder als Familie.
Es ist gar nicht so einfach, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen. Alle haben ihre eigenen Vorstellungen von Urlaub und Entspannung. Klar ist, der Druck muss raus. Der Akku ist leer.
„An alle, die total unter Druck stehen, weil so viel von ihnen verlangt wird: Kommt zu mir! Ich werde dafür sorgen, dass ihr euch so richtig entspannen könnt.“ – Jesus in Matthäus 11,28.
„Jesus“, würde ich gerne sagen, „Wie soll das gehen? Du kennst unseren Alltag nicht. Die Zeiten heute sind viel anstrengender geworden als vor 2000 Jahren. Immer erreichbar. 1000 Möglichkeiten. Und Aufgaben. Und Pflichten. Das ist mit deinem Leben damals überhaupt nicht zu vergleichen.“
Aber das Angebot Jesus gilt: „Komm zu mir. Ich will dir Ruhe schenken.“
Das ist die Voraussetzung: zu Jesus zu kommen – in Gedanken, Gebet, Musik, in eine Kirche, in die Natur. Zeit, losgelöst vom stressigen Alltag mit all seinen Anforderungen. Nach Gottes Willen fragen. Und feststellen, Gott macht viel weniger Druck als ich gedacht habe.
„Erquicken“ steht in der Lutherbibel, so wie ein frisches Glas Wasser an einem heißen Tag. Ich bin gespannt, was Gott sich einfallen lässt, wenn wir uns auf ihn einlassen, zu ihm gehen.

Nicole Bernardy

Nicole Bernardy

Pastorin, Evangelisch-methodistische Kirche

Wofür braucht es eigentlich noch Kirche?

Immer mehr Menschen treten aus. „Ich kann gut ohne Kirche meinen Glauben haben“ sagen viele.
Klar, jede*r darf glauben, was und wie er oder sie will. Aber christlicher Glaube ist mehr als nur private Ansicht. Christlicher Glaube will nicht nur meine Seele ins Gleichge­wicht bringen, sondern auch die Welt verändern. Dazu brauche ich Leute, die mich ermutigen, wenn mir Glauben und Leben schwerfallen, weil sie sich be­we­gen lassen durch den Geist, von dem es in der Bibel heißt: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnen­heit.“ Dann ist Kirche dazu gut, Ängste zu überwinden durch starken Mut, solidarische Liebe und zuversichtliche Gelassen­heit.
Ängste gibt gerade überall: Krieg in Europa, Inflation, Klimawende und noch die privaten Sor­gen. Da täte eine Gemeinschaft in solchem Geist gut. Aber Kirche? Leider steht sie selbst viel zu oft für eigene Zukunftssorgen statt für diesen Geist, der Ängste überwindet. Keiner braucht auch noch eine Kirche der Angst. Dabei feiert Kirche mit ihrem Ge­burts­tag zu Pfingsten diesen Geist. Ihm muss sie sich immer wieder öff­nen. Dann kann sie ein Ort sein, wo er die Angst vertreibt, weil hier Men­schen aufeinander achten und in Liebe ihre Hoffnung teilen. Kirche muss sich daran messen, ob man in ihr spürt, wessen Geistes Kind sie ist.
Manchmal gelingt ihr das auch bei uns: im seelsorglichen Gespräch, beim Konfi-Camp, im fröhlichen Gottesdienst, bei der Kirchenmusik, in einer Gemeindegruppe, beim Friedens­gebet, mit der Arbeit der Flüchtlings­hilfe, in diakoni­schen Einrichtungen – im­mer, wenn Kirche mir hilft, anderen zu helfen und ich dabei die eigenen Sorgen loswerde. Da spüre ich die Kraft der Liebe, die mir Besonnenheit schenkt. Das kann ich nicht allein. Kirche hilft mir, befreiende Geist-Erfahrung zu machen, wenn sie sich selbst von Gottes Geist bewegen lässt. So wird sie wieder attraktiv für Menschen, die noch überlegen auszutreten.

Michael Mertins

Michael Mertins

Superintendent, Ev. Kirchenkreis Minden

Göttlicher Energieversorger

In Lahde wird eine Schiffsladung Kohle verbrannt, in Hille dreht sich ein riesiges Windrad und in Meißen stecke ich mein Ladegerät in die Steckdose und mein Handy bekommt die nötige Energie für die nächsten paar Stunden Höchstleistung. Und dazwischen passiert ganz viel, was Menschen mit meinem begrenzten Physikverstand, fast schon etwas wundersam vorkommt. Aber es führt eben dazu, dass wir in jedem Winkel unserer Region jederzeit mit genügend Strom und Energie versorgt sind. Und abgesehen von den hohen Preisen ist das ja wirklich faszinierend, dass das den Energieversorgern gelingt. Irgendwie die Energie aus einem Schiff voller Kohle und einem Windhauch in Hille so umzulenken, dass mein Handy daraus mit Energie versorgt werden kann.

Wir sind ja gerade noch in der Pfingstwoche. Wir feiern, dass Gott den Heiligen Geist in seine Gemeinde hineingibt. Der wirkt jetzt schon seit fast 2000 Jahren in der weltweiten Kirche. Unter anderem auch als ein riesiger göttlicher Energieversorger. Er verbindet die Gemeindeglieder weltweit untereinander und vor allem mit einer riesigen göttlichen Kraftquelle. Er verbindet uns mit dem, was Gott mit uns vorhat, und mit dem, was Jesus Christus für uns getan hat. Er ist unser Zugang zu Gott, zu all der Liebe, die er für uns empfindet, zu der Kreativität und Freude, mit der er in unser Leben hineinwirken will, zu dem Recht, zu dem er uns verhelfen möchte. Er schafft es, die riesige göttliche Kraftquelle so mit jedem „Endverbraucher“ zu verbinden, dass ganz unterschiedliche Menschen und Bedürfnisse auf ihre ganz persönliche Art durch Gottes Kraft gestärkt werden. Und das wirkt. Bis in den letzten Winkel unserer Region hinein genauso wie um die ganz Erde. Hier gibt es einen Energieversorger, der keinen hohen Preis von uns fordert, sondern Gottes Kraft liebevoll an uns verschenkt. Etwas wunderbar für meinen begrenzten Verstand. Aber es führt dazu, dass wir mit Gott verbunden und von ihm mit Energie versorgt werden. Jederzeit und überall.

Pfarrer Thomas Berneburg

Pfarrer Thomas Berneburg

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lerbeck, Pfarrbezirk Meißen und Neesen