
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Hört, hört!
„Wer nicht hören will muss fühlen“ – kennen Sie diesen Satz auch? In früheren Zeiten war er die Einleitung zu einer elterlichen Tracht Prügel. Heute dient er eher als Ausdruck pädagogischer Resignation und heißt dann soviel wie: „Mach nur so weiter. Du wirst schon sehen, was Du davon hast.“ In jedem Fall ist er in unserem Sprachempfinden negativ besetzt.
Entweder bedeutet er: Da ist jemand, der die Autorität hat, uns zu sagen, was wir tun sollen. Und tun wir es nicht, dann hat er auch die Macht, seinen Willen durchzusetzen.
Oder er besagt: Da ist jemand, der meint, es besser zu wissen als ich. Und das gibt er mir auf überhebliche Weise zu verstehen.
Dabei ist der Satz eigentlich gar nicht so schlecht:
Wir haben etwas gesagt bekommen. Nun können wir entscheiden, ob wir diesen Worten folgen wollen. Sind wir taub für das Gesagte, oder dringt es zu uns durch? Lassen wir es an uns ran, oder verweigern wir uns?
Beim Nachdenken darüber dämmert in uns die Erkenntnis, dass es wohl gut wäre, zu hören.
Auch der Schreiber des neutestamentlichen Hebräerbriefes wirbt um seine Leser: „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.“ (Hebr. 3,15). Dieser Vers steht über diesem Sonntag und der kommenden Woche.
Es gibt für uns ein „Heute!“, eine Zeit, in der Gott uns anspricht. Er hat uns etwas zu sagen, und er hat auch Anspruch darauf, dass wir ihm zuhören und seinen Worten folgen. Natürlich hat Gott alle Macht und Autorität, seiner Rede an uns Nachdruck zu verleihen. Aber es muss ja gar nicht auf eine Machtfrage zwischen Gott und uns hinauslaufen, wenn wir bereit sind, Gottes Wort zu Herzen zu nehmen. Gott tut alles, um unser Herz für sich und sein Wort zu öffnen. Er kommt sogar selbst in diese Welt, um uns zu sich zu rufen – so haben wir es an Weihnachten gefeiert. Und als letzte Konsequenz seiner Zuwendung stirbt er für uns am Kreuz – das Bedenken wir in der kommenden Passionszeit. Gottes Wort an uns ist dadurch ganz weit weg von einer Machtfrage. Es ist das Wort der Liebe und Zuwendung! Wollen wir dafür wirklich taub und verschlossen sein?!
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

Christoph Ruffer
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Martini
Beleuchtungswechsel
Wie Gottes Licht uns anders sehen lässt
In den Psalmen in der Bibel gibt es einen Satz über Gott, der mich früher immer etwas ratlos zurückließ: „In deinem Lichte sehen wir das Licht“ (Psalm 36, Vers 10). Wieso braucht man Gottes Licht, um das Licht zu sehen?, so habe ich mich gefragt. Bis mir eines Tages etwas einfiel, was wir in der Schule über das Licht gelernt haben. Denn damit wir einen Gegenstand sehen, muss erst einmal Licht aus einer Lichtquelle auf ihn fallen. Was wir dann sehen, ist das Licht, das dieser Gegenstand zurückstrahlt.
Ob das Psalmwort das so gemeint hat? Dass der Glaube Dinge anders wahrnimmt, weil er sie in Gottes Licht sieht? Ich glaube schon.
Nehmen wir einmal eine Bekannte, die uns begegnet. Wir merken: Ihr geht es nicht gut. Und sie fragt: „Hast du einmal etwas Zeit für mich?“ Wir haben eigentlich etwas ganz anderes vor. Aber Gottes Licht zeigt uns jemanden, der uns braucht – und dass das Zuhören jetzt wichtiger ist als andere Dinge.
Oder wir gehen an einer prächtigen Villa vorbei und sind ein wenig neidisch. „Ja, so müsste man leben!“ Und dann scheint Gottes Licht darauf, und wir merken, wie viel Gutes Gott auch uns geschenkt hat – und dass wir doch eigentlich auch mit dem, was wir haben, glücklich sein können.
Und wenn alles ganz finster erscheint und wir gar keinen Weg mehr für uns sehen, dann zeigt uns Gottes Licht, dass Gott uns nicht allein lässt in der Dunkelheit.
Glauben heißt, gewissermaßen die Beleuchtung zu wechseln bei dem, was wir sehen. Dinge in Gottes Licht zu sehen, bedeutet, sie anders zu sehen. Manches, was uns wichtig scheint, gar nicht so wichtig zu nehmen. Und anderes dafür umso wichtiger.
Versuchen Sie doch einmal, Menschen oder Dinge, die Ihnen heute begegnen, in Gottes Licht zu sehen. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie manches mit anderen Augen – und damit ganz neu – sehen werden!

Thomas Salberg
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Friedewalde
Zwischen den Zeiten
Jeden Tag wieder – wir stehen vor Entscheidungen, existentielle Entscheidungen: Einkaufen – nein/ja – jetzt/später?!?
Anrufe, Mails, Dates etc. tätigen, um Privates, Gesundheitliches, Berufliches, Organisatorisches, … zu erledigen – nein/ja – jetzt/später?!?
Welt-Geschehen verarbeiten und einordnen – desorientiert und desillusioniert davonkommen oder handlungsorientiert und souverän durchkommen?!?
Zwischen den Positionen werden simplere und kompliziertere Entscheidungs-Mechanismen abgerufen werden. Darin spiegelt sich ein Grund-Datum unseres Mensch-Seins.
Die jetzige Jahreszeit, gerade noch „zwischen den Jahren“, auf der Schwelle dieses neuen Jahres 2023 mag uns ebenso in eine Zwischenlage versetzen. Der Schwung für´s Neue Jahr hält noch ein wenig vor; möglicherweise konnten sich einige gute Vorsätze schon anstoßen lassen – Auf-der-Schwelle-Sein zwischen Altem und neu Vorgenommenem.
Auch im Kirchenjahr befinden wir uns zwischen zwei großen Festkreisen; wir kommen vom Weihnachts-Festkreis und erwarten den Oster-Festkreis:
Die menschliche Nähe Gottes feier(t)n wir in Jesus Christus; Seine liebenswerteste Präsenz unter uns und weihnachtlich-wohltuende Gegenwart für uns.
Die göttliche Nähe Gottes feiern wir in Jesus Christus, Sine Inklusion von verlorenem und geglücktem Leben, für uns. Mit dieser österlich-kraftvollen Präsenz werden wir befähigt, den täglichen Spagat zwischen gewünschter und ertragener Wirklichkeit durchzuhalten mit dem Ziel, die bestmögliche Wahl in unseren alltäglichen Entscheidungen zu treffen.
Diese werden sich wohl weiterhin im Spannungsbogen von „optimal – suboptimal – gescheitert“ bewegen.
Mit GOTTES Willen und Wirken für uns haben wir darin einen starken Bündnispartner. Seine Integrationskraft bindet Krisen- und Verlusterfahrungen zusammen mit Lösungs- und Resilienzerfahrungen:
Gehalten, getragen durch GOTTES weihnachtlich-naher und österlich-heilender Gegenwart können wir immer wieder erstarken, können wir wider-stehen und wieder-stehen.
Die Inklusion von Verlorenem und Geglücktem, Fragwürdigem und Sinnvollem, Unfassbarem und Wundervollem ist und bleibt eine Lebensaufgabe, die wir mit unseren Entscheidungen auf`s bestmögliche versuchen zu bewältigen.
Wir befinden uns zugegebenermaßen immer „zwischen den Zeiten“:
Wir sind nie dauerhaft in absolut Feststehendem unterwegs. Das Beständige bleibt der Wandel. Im Wandel bleibt uns beständig unser GOTT zur Seite: „Gott, der da sprach: `Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten`, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi“. (2. Kor. 4, 6 f.)

Iris Rummeling-Becht
Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien, Bezirk Minderheide/St.-Lukas-Kirche