
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Handeln aus dem Geist der Liebe und Besonnenheit
Was sich in den letzten Wochen in deutschen Städten, wie auch in Minden, an Protesten formiert, macht nicht nur nachdenklich, sondern sollte uns aufhorchen und handeln lassen. Wenn selbsternannte Verfechter bürgerlicher Freiheiten als Querdenker offen und bedrohlich vor Privathäusern politischer Mandatsträger aufmarschieren und dies hinter harmlosen Spaziergängen zu maskieren suchen, so ist das kein gutes Signal für die beschworene Freiheit, sondern ein einschüchternder Bedrohungsakt, der Furcht auslösen soll.
Wir Christen können dazu als Menschen des Glaubens und der Versöhnung nicht schweigen sondern müssen ein klares „Nein“ formulieren. Nein, wir wollen solche Einschüchterungsversuche nicht dulden; wir widersprechen dem und treten dem im Namen und im Geiste Jesu entgegen.
„Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2.Timotheus 1,7).
Unser Evangelischer Kirchenkreis hat für das Mindener Land mehrheitlich einen Aufruf gestartet, um Querdenkern unter den Impfgegnern mit einem Aufruf zum Impfen entgegenzutreten. „Wir mahnen zu Wahrheit und Besonnenheit im gesellschaftlichen Diskurs. Kein Ziel rechtfertigt Lügen oder Verunglimpfung von Andersdenkenden. Wir widersprechen allen Verschwörungsmythen von sog. „Querdenkern“ und anderen Impfgegnern/innen, egal ob sie aus einem rechtsextremen oder alternativen Milieu stammen. Wir widersprechen allen, die irrationale Ängste schüren, indem sie behaupten, die Pandemie sei eine Erfindung und Impfungen würden negative Absichten verfolgen. Aufs Schärfste verurteilen wir auch hier jede Form von Antisemitismus.“ (nachzulesen unter https://www.kkminden.de/aufruf-der-synode-des-evangelischen-kirchenkreises-minden-zum-impfen/)
Wer im Sinne Jesu handeln will, lässt sich darauf ein, sein Leben in Freiheit und im Dienst zur Erhaltung von Gesundheit und Unversehrtheit des Menschen zu führen. Und dazu hat uns Gott seinen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit geschenkt.

Ralf Wagener
Religionspädagoge am Leo-Sympher Berufskolleg in Minden
Wie begnadete Menschen uns jetzt helfen können
Liebe Leser,
mitten in der fünften Welle begleitet von Dauerangst, Lärm in Medien und auf Straßen sowie Rissen in der Gesellschaft, ist die Frage, was und wer jetzt noch helfen kann: Impfen, im Gespräch bleiben bei allen Verschiedenheiten, Hoffnung geben, wo Kraft ausgeht, unbedingt. Letzteres beides versuche ich als Krankenhauspfarrer.
Und wer hilft? Sicher kein starker Mann, den manche sich wünschen, denn Autokraten beherrschen nicht die Balance von Freiheit und Verantwortung aller. Es bedarf stattdessen überall begnadeter Menschen. Begnadet darin, in der Wissenschaft, Lösungen zu finden. Begnadet an musikalischem Können, da Musik Flügel und neue Kraft verleiht. Begnadet in der Art der jetzt noch immer menschlichen Zuwendung bei der Pflege von kranken und alten Menschen.
Doch wo finden wir sie auch bei uns im Alltag? Der christliche Glaube antwortet: Bei einem mit deinem Herzen offenen Blick in den Spiegel. Nicht in dem des sich digital inszenierenden Narzissten, sondern durch Rückkehr zu dem, woher das Wort Gnade kommt:
Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. (Johannes 1,14).
Wenn sie alle in dieser Zeit dich aufstacheln, du könnest alles aus dir und allem herausholen, wenn du nur willst. Und wenn dann, weil‘s nicht funktioniert, die eine immer nur sich und der andere immer nur andern die Schuld gibt? Dann steht das Wort Gnade dem genau entgegen. Sie ist dir geschenkt, jeder und jede – fehlerbehaftet – ist auf sie angewiesen.
Und es anzunehmen, was dir geschenkt ist, ohne es beanspruchen zu können, das ist alles. Was wäre das für ein Leben, wenn wir alle wüssten, wir haben auf nichts einen Anspruch? Müssen wir dafür erst ins Krankenhaus kommen oder in eine Pandemie geraten? Alles ist Gnade, lassen wir los und nehmen täglich an, was in Fülle aus einer anderen Hand uns verliehen und geliehen ist.
Die Kriegsgeneration weiß davon, sie sollten wir in dieser Zeit fragen nach unserer Gnade der späten Geburt, statt sie zu isolieren. Vielleicht hört dann die vergebliche Suche nach Rettern auf der einen und Schuldigen auf der anderen Seite auf und der Lärm legt sich. Dann wären wir alle das, wozu wir eigentlich geschaffen sind: Begnadete Menschen.

Pfarrer Oliver Vogelsmeier
Klinikseelsorger im Johannes-Wesling-Klinikum Minden
Ein Geschenk der Sternsinger: Drei Buchstaben, die uns an Gottes Segen erinnern
Viele von uns werden sie kennen, die Sternsinger. Gruppen von Kindern, einige davon als Könige (oder Königinnen) verkleidet, ziehen in diesen Tagen durch Städte und Dörfer und geben den Sternsingersegen an die Menschen weiter. Zugleich sammeln die Kinder für Hilfsprojekte, die bedürftigen Kindern weltweit zugute kommen.
Ich bin dankbar, dass diese Aktion, die eigentlich in der katholischen Kirche beheimatet ist, bei uns in Petershagen zu einem ökumenischen Projekt geworden ist. Kinder aus katholischen und evangelischen Gemeinden werden in einem ökumenischen Gottesdienst gemeinsam ausgesandt, um Menschen in unseren Dörfern zu besuchen.
Nach dem Besuch bleibt etwas von ihnen zurück: Ein Aufkleber mit den Buchstaben C+M+B. Die Buchstaben bedeuten: „Christus mansionem benedicat“ (= „Christus segne dieses Haus“). Ein guter Wunsch, denn er erinnert uns daran, wovon wir leben: Vom Segen, den Gott uns schenkt. Nicht das, was wir sind, tun und haben, trägt uns, sondern Gottes Hand.
Ein Psalmbeter hat das einmal so ausgedrückt: „Wenn der HERR nicht das Haus baut, dann ist alle Mühe der Bauleute umsonst. Wenn der HERR nicht die Stadt bewacht, dann wachen die Wächter vergeblich.“ (Psalm 127,1). Gerade in diesen Zeiten merken wir, dass wir als Menschen trotz allem technischem und medizinischem Fortschritt nicht alles in der Hand haben.
Da können wir den Zuspruch, dass Gott uns segnet, gut gebrauchen. Gottes Segen ist keine Garantie, dass im Leben immer alles klappt und dass uns nichts Schweres begegnet. Aber Gott sagt fest zu, dass er es dennoch gut mit uns meint, uns auch auf schweren Wegen Kraft gibt und uns nicht allein lässt. Und dass am Ende aller unserer Wege er selbst steht, um uns in seine Arme zu nehmen. Ich bin dankbar, dass ein kleiner Aufkleber mit den Buchstaben „C+M+B“ mich immer wieder daran erinnert.

Thomas Salberg
Pfarrer, Kirchengemeinde Friedewalde