Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Gedanken zum Sonntag (07.11.2021)

„Jetzt ist endlich Frieden zwischen uns!“ Der Sohn am Krankenbett seiner alt gewordenen Mutter ist gerührt. Ihm kommen die Tränen. Tränen der Erleichterung und Dankbarkeit. Jahrelang hat er auf das gewartet, was gerade passiert ist. Seine Mutter hat ihn um Entschuldigung gebeten. Eine zentnerschwere Last ist von seinen Schultern genommen. Die jahrelangen Anschuldigungen,  die verletzenden Worte, die verzweifelten Gedanken sind  vorbei. Jetzt ist Frieden!

Als Krankenhausseelsorgerin habe ich  gestaunt. Ich weiß genau, wie schwer es für die Mutter war, diesen Schritt zu gehen. Wie weit wird der Friede zwischen den beiden reichen?

            „Reichweite Frieden“ – dieses Motto hat die Ökumenische FriedensDekade  für dieses Jahr gewählt. Vom 7.11. bis zum 17.11. 2021 gibt es in ganz Deutschland  dazu zahlreiche Veranstaltungen: Gottesdienste, Konzerte, Ausstellungen  und vieles mehr.  Ein aktuelles Thema angesichts von rechtspopulistischen Strömungen in unserer Gesellschaft, kriegerischen Konflikten in der Welt, angesichts von Antisemitismus und Rassismus.

            Krieg und Gewalt haben eine furchtbare Reichweite. Folter, traumatische Erfahrungen können Menschen bis an ihr Lebensende belasten. An den Folgen von Kriegen haben noch spätere Generationen zu tragen.

Frieden reicht weiter. Bis in Gottes Friedensreich hinein. Dort wird es kein Leid, kein Geschrei und keine Schmerzen mehr geben (Offenbarung 21,4).   

Etwas davon können wir schon jetzt aufblitzen sehen. Immer, wenn Frieden entsteht. Frieden beginnt im Kleinen. Mit einer Sehnsucht im Herzen. Mit einem Lächeln, das zwischen Menschen Brücken baut. Frieden entsteht, wo Vorurteile Andersdenkenden gegenüber ausgeräumt werden. Wo die Hand zur Versöhnung ausgestreckt wird, auch wenn es Überwindung kostet.  Wie bei Mutter und Sohn, die ich als Krankenhausseelsorgerin besucht habe. Ich hoffe, dass die beiden noch eine gute Zeit miteinander erleben. Dass die Mutter irgendwann in Frieden sterben kann. Und der Sohn in Frieden weiterlebt.

Pfarrerin Melanie Drucks

Pfarrerin Melanie Drucks

Evangelische Krankenhausseelsorgerin, Johannes Wesling Klinikum Minden

Böses mit Gutem vergelten

Leicht gesagt, schwer getan – der Wochenspruch dieses Sonntags hängt die Latte hoch mit seinem Rat: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!“ (Römerbrief 12, 21). Dem guten Paulus fiel das auch nicht immer leicht – in manchen seiner Briefe kocht dem Apostel im Streit um die Wahrheit die Galle über, in üblen Beschimpfungen seiner Gegner.

Mir selber macht dieser Wochenspruch auch Probleme. Wenn mir als Radfahrer zum 3. Mal in der Woche ein Auto die Vorfahrt nimmt und ich mich als ohnmächtiges Opfer erfahre, fluppen durchaus unchristliche Bilder vor‘s geistige Auge. Da sitzt gedanklich der Hammer locker, ein flinker Kieselstein  in der Tasche käme mir da gut zu pass.

Wie ist es mit Menschen, die ganz anders das Opfer brutaler Gewalt werden, von Polizei und Militär, in Myan Mar, Weißrussland oder sonstwo auf der Welt? Soll man da mit Jesus „auch die andere Wange hinhalten“ (Matt. 5,39) und zuschauen, wie unschuldiges Leben von skrupellosen Staatsschergen zerstört wird, anstatt der menschenverachtenden Gewalt Einhalt zu gebieten?

So sehr es richtig ist, Gewalt notfalls durch Gegengewalt in die Schranken zu weisen – das Wort des Apostels Paulus ist kein frommer Spruch, sondern eine tiefe menschliche Wahrheit. Wirklich ändert  sich nur was, wenn ich den Teufelskreis durchbreche. Wenn ich es schaffe – wenn es mir geschenkt wird! -, mit Gutem zu reagieren. Lächeln statt Stinkefinger. Wenn wir beide, mein Gegenüber und ich, überrascht werden, dass es ganz anders geht. Schwierig, aber nicht unmöglich. In jedem Fall ein Segen, für alle.

Kreativität und Mut sind hier gefragt. Daraus kann Ungeahntes entstehen. Das schönste Beispiel hörte ich von einem älteren Herrn: Als er im Edeka mit dem Einkaufswagen eine Dame anfährt und die ihn erzürnt anzischt, wirft er ihr lächelnd eine Kusshand entgegen. Entwaffnung mit Folgen. Gestern feierten die beiden Diamantene Hochzeit.

 

Andreas Brügmann

Andreas Brügmann

Pfarrer der offenen Kirche St.Simeonis

Eine harte Nuss?

Jetzt ist wieder Nuss-Zeit – ich versuche jedes Jahr schneller zu sein als die Eichhörnchen und mir einige leckere Walnüsse und Haselnüsse zu sichern. Schließlich lassen sich Nüsse auch für den Winter gut lagern und zu schmackhaftem Gebäck verarbeiten. Dabei haben die Bäume vor den Genuss die Arbeit gesetzt: der leckere Kern ist von einer harten Schale geschützt, dafür brauche ich das passende Werkzeug. Aber die Mühe lohnt sich auch!

So sind Nüsse sprichwörtlich geworden: Eine ‚harte Nuss‘ ist entweder ein schwieriges Problem oder ein Mensch, der es mir in Verhandlungen nicht leicht macht. Für meine Konfirmandinnen und Konfirmanden sind Bibeltexte manchmal auch eine ‚harte Nuss‘. ‚Wie war das damals bei Jesus? Wie hat er das gemeint?‘, für diese Fragen braucht es die richtigen Werkzeuge, wie einen Nussknacker – die habe ich damals im Theologiestudium bekommen.

Und so machen wir uns gemeinsam auf den Weg mit dem Bibeltext. Wenn alles gut geht und der Heilige Geist uns lächelt, dann ist das wie bei ‚Drei Nüsse für Aschenbrödel‘. Dieser magische Moment, wenn die Nuss sich öffnet und uns allen ein Licht aufgeht für unser Leben. Was es bedeutet von Gott geliebt zu sein, was alles Aufregendes in meinem Leben passieren kann, wenn ich diese Liebe in mein Herz hineinlasse. Wie gut zu entdecken, dass Jesus sich auskennt mit dem Leben und auch dann an meiner Seite geht, wenn es bei mir gerade knüppeldick kommt. Diese Erfahrungen zeigen mir, dass die Bibeltexte keine hohlen Nüsse sind, sondern voller Leben und Hoffnung.

Neugierig oder sehnsüchtig geworden? Dann gehen Sie doch mal in eine Bibelgruppe oder fragen Sie den ‚Nussknacker ihres Vertrauens‘, ihre Pfarrerin oder ihren Pfarrer, was Sie schon immer mal fragen wollten. Die Kolleginnen und Kollegen freuen sich bestimmt, denn wofür haben sie sonst so lange studiert?

 

Katja Reichling

Katja Reichling

Pfarrerin der Mariengemeine Bezirk 3