Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Wir haben die Wahl

Permanent…, ob Berufswahl, Partnerwahl, was will ich heute essen und: geh ich am Sonntag in den Gottesdienst?
Die Zeit der „Hirtenbriefe“ vor einer Wahl ist längst vorbei. 1980 war es das letzte Mal, dass die katholische Kirche, sich auf diese Weise zu einer Wahlempfehlung für ihre „Schäfchen“ äußerte. Und das ist gut so.
In einer Zeit, in der kirchliche Repräsentanten und Institutionen – oft zurecht – eher als Heuchler und schein-heilig betrachtet werden, ist es unangebracht, sich als moralische Instanz zu präsentieren. Natürlich ist das Christentum eine politische Religion, der Grundton, der sich durch jüdische und christliche Schriften der Bibel zieht, der „rote Faden“ sind die Betonung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, die Werte an denen sich der Konziliare Prozess und die Ökumenischen Versammlungen seit Anfang der 80-er Jahre ausrichteten. Ja, auch die Ausrichtung auf das kommende Gottesreich ist charakteristisch und unverzichtbar für den christlichen Glauben, aber darüber wird bei der Wahl ja jetzt nicht abgestimmt. Über Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung schon…
Ja, wir sind frei zu wählen und zu prüfen und zu entscheiden. Selbst die Ausrichtung an den drei genannten Stichworten des Glaubens, führt nicht direkt zum Kreuzchen bei ein und derselben Partei.
Ich habe mich auch an den Wahl-O-Maten angeschlossen, und war wenig überrascht, dass die meisten Übereinstimmungen meiner Überzeugung nicht mit dem Bündnis C zustande kamen (ehem. „Partei bibeltreuer Christen“ u.ä.).
Der christliche Glaube bekennt, dass Gott sich uns Menschen erwählt hat, und wenn wir dann wählen, unser Leben mit Gott zu leben, haben wir auch Orientierung bei unserer Wahl zum Bundestag.
Ich jedenfalls werde, bevor ich meine Kreuzchen setzte, die Programme der Parteien noch einmal intensiv prüfen auf Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.

Ihnen eine gute Wahl wünscht Pastor Volker Niggemann

Volker Niggemann

Volker Niggemann

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien, Pfarrbezirk St. Matthäus

Hirtenbrief

Thema: Die Möglichkeiten liegen vor der Tür

Eine Woche ist es noch hin bis zur Bundestagswahl: Zeit für einen Hirtenbrief? Das war „früher“ das Mittel der Wahl. Kirchenleitende Männer schrieben auf, wie sie die politische Lage sahen, und ließen diese Gedanken von ihren Untergegebenen verlesen, damit ihre Schäfchen auch wussten, wie sie zu wählen hatten.

Auch wenn evangelische Christen und Christinnen ein anderes Verständnis von Oben und Unten haben, so gibt es in ihrer Geschichte doch Situationen, in denen eine solche Mitteilung verantwortlich genutzt worden ist.

Im Dritten Reich haben leitende Gremien der Bekennenden Kirche Gemeinden, die sich nicht von den Nazis gleichschalten lassen wollten, auf dem Wege von sog. Kanzelabkündigungen in Bedrängnis getröstet und zu weiterem gemeinsamem Handeln ermutigt.

Wir leben heute nicht in einer Diktatur; trotzdem gibt es Fragen und Probleme, die uns bedrängen: Wie schaffen wir es, dass wir so mit einem nicht ausreichend erforschten Virus umgehen, dass nicht Schülerinnen und Schüler die Hauptleidtragenden sind? Wie gehen wir so mit dieser Erde um, dass auch unsere Kinder und Enkel noch Möglichkeiten zu einem erfüllten Leben finden? Wie tragen wir den Streit über diese Fragen so aus, dass wir uns nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen oder in Resignation und Schweigen verfallen, sondern bei aller Meinungsverschiedenheit gemeinsam nach Lösungen suchen, die uns vorwärts bringen?

Wir können nach dem richtigen Weg fragen in unseren Religionsgemeinschaften, Parteien und gesellschaftlichen Gruppen, denn wir haben Religions-, Meinungs- und Informationsfreiheit. Wir können uns für das als richtig Erkannte einsetzen auf den verschiedenen Ebenen unserer Gesellschaft, denn wir leben nicht in einer Diktatur.

Der Trost ist: Wir haben die Möglichkeiten, uns Quellen der Kraft und Orientierung zu suchen.

Die Ermutigung: Wir haben die Möglichkeiten – bleibt nicht zu Hause sitzen!

Armin Backer

Armin Backer

Pfarrer in der Ev.-luth. St.-Marien-Kirchengemeinde Minden, Pfarrbezirk Albert-Schweitzer-Haus

Untergrund Friedensarmee

Erst als ich von der Bank im Glacis aufstehe, sehe ich, wer da vor mir gesessen und seinen Schriftzug hinterlassen hat: Das „Underground Peace Corps“ – die „Untergrund Friedensarmee“. Schade, denke ich, es wäre so schön, wenn der Frieden nicht im Untergrund, sondern viel sichtbarer wäre.

„Selig – glücklich zu preisen – sind die Friedensstifter!“ so formuliert es Jesus Christus in seiner Predigt auf dem Berg im Matthäusevangelium 5,9.

Er hätte auch gleich noch sagen können, wie anstrengend und nicht immer erfolgversprechend es ist, sich für den Frieden einzusetzen. Ja, wie anstrengend es ist, den Frieden zu wollen und zu suchen.

Aber auch wie schön, wenn Frieden entsteht zwischen Einzelnen, Familien, Nachbarn und Gruppen.

Was dann passiert, beschreibt das Lied „So ist Versöhnung (Jürgen Werth/Johannes Nitsch): „Wie ein Fest nach langer Trauer, wie ein Regen in der Wüste, wie der Frühling, wie der Morgen, wie ein Lied, wie ein Gedicht, wie das Leben, wie die Liebe, wie Gott selbst das wahre Licht“.

So befreiend ist es, wenn Frieden wird, wo vorher nur Streit und Neid waren und man sich den Frieden gar nicht vorstellen konnte.

Wie kann Frieden von uns ausgehen und woher nehme ich die Kraft dafür? Meine Hoffnung und meine Kräfte sind begrenzt, aber ich kann auf Gottes Liebe und Güte zurückgreifen. Ich kann auf Beleidigendes mit einem Segenswort antworten, ich kann Streit schlichten und nicht anfeuern. Ich kann helfen, dass etwas ungeahntes Neues entsteht: Frieden.

Da uns Menschen ja immer wieder Gelegenheit zur Vergebung bieten, wünsche ich Ihnen und mir viele gute Erlebnisse und einen langen Atem dabei, Frieden zu stiften.

Olaf Mohring

Olaf Mohring

Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Minden