
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
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Es gibt Sportarten – wie Boxen, Judo oder Ringen –, in denen der Athlet von Zeit zu Zeit „Gewicht machen“ muß. Um in der von ihm bevorzugten Gewichtskategorie starten zu können, paßt der Sportler seine Körpermasse an. Um sein Gewicht zu reduzieren und optimal für den Wettkampf aufgestellt zu sein, nimmt er zum Teil extreme Maßnahmen in Kauf. Dazu gehören Hungerdiäten, forciertes Schwitzen, Verzicht auf Flüssigkeit bis hin zu einem längeren Kopfstand kurz vor dem Wiegen, da die Fließgeschwindigkeit des Blutes eine Gewichtsreduktion vortäuscht. Auch individuelle Ernährungspläne für Spitzensportler sind nicht unüblich. Diese Pläne, Einschränkungen und herausfordernden Maßnahmen sollen dazu dienen, daß im Wettkampf die optimale Leistung erbracht wird.
Was uns die Fastenzeit abverlangt, ist dagegen nahezu eine Kleinigkeit: Während der Fastenzeit und an jedem Freitag des Jahres übt der Katholik einen konkreten Verzicht. Traditionell wird am Freitag kein Fleisch gegessen. Aber auch eine andere Einschränkung im Konsum von Genußmitteln ist möglich. Nur am Aschermittwoch und Karfreitag ist der Verzicht auf Fleischspeisen ausdrücklich vorgeschrieben.
Und was soll diese katholische Eigenart? Geht es etwa darum, „Gewicht zu machen“ für Gott? In gewisser Weise: Ja. Denn der Ruf der Fastenzeit nach Verzicht, aber auch nach Gebet und praktizierter Nächstenliebe, soll mich gut aufstellen für DEN „Wettkampf“ meines Lebens. Es handelt sich um einen Wettstreit mit mir selbst, in dem ich Jesus Christus immer ähnlicher werden soll. Im Grunde geht es darum, meinen eigenen Egoismus zu reduzieren, dadurch daß ich mich für Jesus Christus öffne. Jesus bittet mich, immer mehr zuzulassen, daß ER in mir handelt. Dann werde ich mit SEINER Hilfe den Wettkampf meines Lebens gewinnen, das Ziel meines Lebens erreichen: Das ewige Leben, das unendliche Glück bei Gott, das uns Ostern verheißt.
Es grüßt Sie,
Ihr Pastor Christian Bünnigmann

Christian Bünnigmann,
Pastor im Pastoralverbund Mindener Land
Punkte in der Sünderkartei
Der Wochenspruch dieser Woche steht im Römerbrief 5, Vers 8:
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.
Fabian Vogt, Pfarrer und Schriftsteller- und seit vielen Jahren Radioverkünder beim hessischen Rundfunk, schrieb in seinem Buch „Lauter besondere Tage“, eine Kurzandacht über die Verkehrssünderkartei in Flensburg. Er wunderte sich, dass man auch heute noch von „Verkehrssündern“ spricht, wo doch „Sünde“ ursprünglich ein religiöser Begriff ist.
Wer ist denn ein Sünder? Eigentlich bezog sich dieser religiöse Begriff gar nicht auf irgendein bestimmtes Fehlverhalten, sagt Vogt. Sünde meint: Der Mensch ist von Gott getrennt. Und weil Gott, damit gar nicht einverstanden ist, will er die Sünder zur Umkehr bringen, zurück zu ihm. Womit macht er das? In dem Gott vergibt, schreibt Vogt. Worte, die mich angesprochen und berührt haben.
Auch ich kenne das Verkehrszentralregister in Flensburg, das 1956 ins Leben gerufen wurde. Alle Verkehrsteilnehmer, die gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, werden dort registriert. Das weiß jeder! Für erhebliche Vergehen gibt es die sogenannten Punkte. Das sind dann die schwarzen Punkte auf der weißen Weste. Hat man davon zu viele, ist der Führerschein weg. Bleibt man im erlaubten Limit, passiert erst mal gar nichts und die Punkte löschen sich nach ein paar Jahren wieder. Manche müssen auch einen Fahrtüchtigkeitstest (MPU) machen, den „Idiotentest“, um den Führerschein wieder zu erlangen. Verkehrssünder in Deutschland können aber ihre Fehler wieder gut machen, indem sie sich auf eine vorausschauende, angepasste Fahrweise zurückbesinnen. Die gedankliche Brücke von Vogt, dass Gott selbst so was wie ein himmlisches Zentralregister führen könnte, indem er dann unsere Lebenspunkte registrieren würde, erschreckte mich zunächst. Da hatte ich gleich Bilder im Kopf! Ich dachte bei mir, dass Gott dann sehr viel Arbeit mit uns hätte. Wir fahren doch immer schneller, höher und weiter durch unser Leben.
Ich weiß aber, dass das nicht unser Untergang ist, denn Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Er bietet uns immer wieder an, die Punkte zu löschen. Durch seine Barmherzigkeit. Das nennt man Vergebung.
Gute Fahrt! Ihre Schwester Andrea
Impulsquelle : Fabian Vogt, Lauter besondere Tage, 2017 by Kawohl Verlag

Andrea Brewitt
Oberin , Diakonie Stiftung Salem
Passionszeit: Tauwetter für die Seele
Passionszeit: Tauwetter für die Seele
Der Schnee war ein Geschenk. Für ein paar Tage durfte das durch den Lockdown eh schon sehr ruhige Leben noch ein wenig mehr runtergefahren werden. Haben Sie es nicht auch genossen, die schneeweiße Stadt oder die schneeweiße Natur zu betrachten? Aber, ganz ehrlich: die Sonne, die den Schnee hat schmelzen lassen, war mir auch willkommen.
Ostern liegt mittig zwischen der längsten Nacht und der kürzesten Nacht des Jahres. Nicht zufällig. Der Zeitpunkt des Osterfestes ist entstanden als Zeichen des Sieges, dem der Tag über die Nacht gelingt. Wie Jesus, der uns an Ostern ein Zeichen des Sieges gibt, den das Leben über den Tod erringt. Vor die Siegesfeier des Osterfestes hat die kirchliche Tradition eine Zeit der Vorbereitung gestellt, die Passionszeit. Wie der Schnee verschwindet, wenn die Sonne scheint – nicht von heute auf morgen, sondern als ein langsamer Prozess – so kann auch unsere Seele nicht auf einen Schlag die gefühlte Kälte der Angst vor dem Tod in ein Feuer der Begeisterung für das Leben verwandeln. Die Passionszeit ist das Dazwischen.
Der Landwirt weiß, dass es für die Natur von Nutzen ist, wenn der Schnee langsam schmilzt. Geht die Schmelze zu schnell, so fließt alles Wasser weg in die Bäche und Flüsse. Schmilzt der Schnee aber langsam, so dringt die Feuchtigkeit in die Erde, wo sie willkommen ist und dem Wachstum dient. Deshalb hat die kirchliche Tradition sechs Wochen einer inneren Schneeschmelze für uns erdacht. Passionszeit ist Fastenzeit: Eine Zeit des Verzichtes, vor allem aber eine Zeit der Selbstprüfung: Bin ich eigentlich bereit für die Größe Gottes, die in der Auferweckung Jesu von den Toten aufleuchtet wie die Sonne? Bin ich bereit, mich von dieser Sonne bescheinen zu lassen?
Ich wünsche uns allen, dass die Vorfreude auf Ostern in uns wächst und dass sie sich in eine Vorfreude auf den auferstanden Jesu Christus wandelt.

Michael Brandt
Pfarrer, Ev. Kirchengemeinde St. Jakobus in Minden