Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Punkte in der Sünderkartei

Der Wochenspruch dieser Woche steht im Römerbrief 5, Vers 8:

Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.

Fabian Vogt, Pfarrer und Schriftsteller- und seit vielen Jahren Radioverkünder beim hessischen Rundfunk, schrieb in seinem Buch  „Lauter besondere Tage“, eine Kurzandacht über die Verkehrssünderkartei in Flensburg. Er wunderte sich, dass man auch heute noch von „Verkehrssündern“ spricht, wo doch „Sünde“ ursprünglich ein religiöser Begriff ist.

Wer ist denn ein Sünder? Eigentlich bezog sich dieser religiöse Begriff gar nicht auf irgendein bestimmtes Fehlverhalten, sagt Vogt.  Sünde meint: Der Mensch ist von Gott getrennt. Und weil Gott, damit gar nicht einverstanden ist, will er die Sünder zur Umkehr bringen, zurück zu ihm. Womit macht er das? In dem Gott vergibt, schreibt Vogt. Worte, die mich angesprochen und berührt haben.

 Auch ich kenne das Verkehrszentralregister in Flensburg, das 1956 ins Leben gerufen wurde. Alle Verkehrsteilnehmer, die gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, werden dort registriert. Das weiß jeder! Für erhebliche Vergehen gibt es die sogenannten Punkte. Das sind dann die schwarzen Punkte auf der weißen Weste. Hat man davon zu viele, ist der Führerschein weg. Bleibt man im erlaubten Limit, passiert erst mal gar nichts und die Punkte löschen sich nach ein paar Jahren wieder. Manche müssen auch einen Fahrtüchtigkeitstest (MPU) machen, den „Idiotentest“, um den Führerschein wieder zu erlangen. Verkehrssünder in Deutschland können aber ihre Fehler wieder gut machen, indem sie sich auf eine vorausschauende, angepasste Fahrweise zurückbesinnen. Die gedankliche Brücke von Vogt, dass Gott selbst so was wie ein himmlisches Zentralregister führen könnte, indem er dann unsere Lebenspunkte registrieren würde, erschreckte mich zunächst. Da hatte ich gleich Bilder im Kopf! Ich dachte bei mir, dass Gott dann sehr viel Arbeit mit uns hätte. Wir fahren doch immer schneller, höher und weiter durch unser Leben.

Ich weiß aber, dass das nicht unser Untergang ist, denn Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Er bietet uns immer wieder an, die Punkte zu löschen. Durch seine Barmherzigkeit. Das nennt man Vergebung.

Gute Fahrt! Ihre Schwester Andrea

 

Impulsquelle : Fabian Vogt, Lauter besondere Tage, 2017 by Kawohl Verlag

Andrea Brewitt

Andrea Brewitt

Oberin , Diakonie Stiftung Salem

Passionszeit: Tauwetter für die Seele

Passionszeit: Tauwetter für die Seele

Der Schnee war ein Geschenk. Für ein paar Tage durfte das durch den Lockdown eh schon sehr ruhige Leben noch ein wenig mehr runtergefahren werden. Haben Sie es nicht auch genossen, die schneeweiße Stadt oder die schneeweiße Natur zu betrachten? Aber, ganz ehrlich: die Sonne, die den Schnee hat schmelzen lassen, war mir auch willkommen.

Ostern liegt mittig zwischen der längsten Nacht und der kürzesten Nacht des Jahres. Nicht zufällig. Der Zeitpunkt des Osterfestes ist entstanden als Zeichen des Sieges, dem der Tag über die Nacht gelingt. Wie Jesus, der uns an Ostern ein Zeichen des Sieges gibt, den das Leben über den Tod erringt. Vor die Siegesfeier des Osterfestes hat die kirchliche Tradition eine Zeit der Vorbereitung gestellt, die Passionszeit. Wie der Schnee verschwindet, wenn die Sonne scheint – nicht von heute auf morgen, sondern als ein langsamer Prozess – so kann auch unsere Seele nicht auf einen Schlag die gefühlte Kälte der Angst vor dem Tod in ein Feuer der Begeisterung für das Leben verwandeln. Die Passionszeit ist das Dazwischen.

Der Landwirt weiß, dass es für die Natur von Nutzen ist, wenn der Schnee langsam schmilzt. Geht die Schmelze zu schnell, so fließt alles Wasser weg in die Bäche und Flüsse. Schmilzt der Schnee aber langsam, so dringt die Feuchtigkeit in die Erde, wo sie willkommen ist und dem Wachstum dient. Deshalb hat die kirchliche Tradition sechs Wochen einer inneren Schneeschmelze für uns erdacht. Passionszeit ist Fastenzeit: Eine Zeit des Verzichtes, vor allem aber eine Zeit der Selbstprüfung: Bin ich eigentlich bereit für die Größe Gottes, die in der Auferweckung Jesu von den Toten aufleuchtet wie die Sonne? Bin ich bereit, mich von dieser Sonne bescheinen zu lassen?

Ich wünsche uns allen, dass die Vorfreude auf Ostern in uns wächst und dass sie sich in eine Vorfreude auf den auferstanden Jesu Christus wandelt.

Michael Brandt

Michael Brandt

Pfarrer, Ev. Kirchengemeinde St. Jakobus in Minden

Abwarten und Tee trinken?

Von Heißgetränken und einer Spur Gottvertrauen

Manchmal hilft nur noch Tee. Am besten aus einer großen Tasse. Aufgießen, ziehen lassen und, sobald es ohne Verbrennen geht, den ersten kleinen Schluck trinken. Hilft. Denn: Ist die Tasse leer, fühl ich mich besser. Die Sorgen sind nicht weg, aber kleiner. Ich bin nicht total fröhlich, aber weniger traurig. Das Problem ist nicht gelöst, aber ich hab die eine oder andere Idee im Kopf.Das liegt wahrscheinlich nicht an dem guten Zeug, das die in den Tee reintun.Vielleicht liegt es eher daran, dass ich beim Teetrinken ruhig werde.„Abwarten und Teetrinken“ ist kein dummer Spruch. Sondern ziemlich weise.

In der Bibel kommt Tee nicht vor. Die Sache mit dem Abwarten schon.In Psalm 46 Vers 11 steht: Seid stille und erkennt, dass ich Gott bin. Der Psalm redet von schweren Zeiten. Und davon, dass Gott bei seinen Menschen ist. Dass er zu seiner Zeit und auf seine Weise hilft.Stille werden und erkennen, dass Gott Gott ist – ganz schön schwer. Das heißt ja: Erkennen, dass wir nicht Gott sind. Dass wir nicht alles können. Dass sich mit Fleiß, Disziplin und Tatendrang nicht alles lösen lässt. Dass manche Dinge Zeit und Geduld brauchen. Das ist – gerade im Moment – schwer auszuhalten.

Lasst es uns trotzdem üben. Vielleicht fangen wir mit einer schönen, großen Tasse Tee an. Und trainieren bei jedem kleinen Schlückchen einen Hauch Gottvertrauen. Denn: Es tut gut, sich daran zu erinnern, dass wir nicht alleine sind. Es tut gut, sich daran zu erinnern, dass wir nicht alles können. Und dann weiterzumachen mit dem, was wir tun können. Und das ist ja manchmal gar nicht so wenig. Also: Abwarten und Teetrinken…

Catharina Bluhm

Catharina Bluhm

Pfarrerin, Kirchengemeinde St. Simeonis, Bezirk St. Thomas