
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Alles ist ganz einfach – auf mein Handeln kommt es an
Der Philosoph als König? Idee schön, Praxis schwierig, siehe das Fiasko des Weisen Plato. Andersrum: Der König als Philosoph, der römische Kaiser Marc Aurel zum Beispiel. König Salomo, wenn wir der jüdischen, christlichen und muslimischen Überlieferung trauen. Wie Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ ist auch das Buch des „Predigers Salomo“ (hebr. Kohelet) noch heute lesenswert – seine Betrachtungen über das Leben, die Welt und die Menschen muten an wie ein existenzialistischer Essay unserer Tage.
„Alle Wasser laufen ins Meer“, heißt es im 1. Kapitel, 7. Vers: Alles hängt mit Allem zusammen. Nichts kommt von allein, nichts bleibt allein. Nichts ohne Voraussetzungen oder Folgen, ohne Ursachen und Wirkungen. Wasser steigt auf zum Himmel, Regen lässt trocknes Land erblühen, Flüsse münden in die unendliche Weite des Ozeans, dem neues Wasser entsteigt im ewigen Kreislauf. Wer Böses tut, bringt Böses hervor, das zu neuem Bösen führt und über eine Kette negativer Beeinflussungen den Bösen unter seiner eigenen Bosheit begräbt. Wer Gutes tut, schafft Gutes, das vielfältig Gutes hervorbringt und eine unendliche Abfolge an Gutem bewirkt – und als Teil dieser Kette auch die Person, die Gutes getan hat, mit Gutem belohnt.
„Gesetz des abhängigen Entstehens“ (Pratityasamutpada) heißt dieses Prinzip in der Philosophie des Buddhismus. Wir finden es in allen Religionen. Schon als Kind habe ich es entdeckt: Wenn ich in der Sandburg des Nachbarn ein Loch mache, stürzt eins nach dem anderen zusammen – mit dem Heulen des Spielgefährten als Folge und einer Ohrfeige vom großen Bruder am Ende. Im Grunde ist alles ganz einfach. Paulus: Was der Mensch sät, das wird er ernten (Galater 6,7). Jesus: Wer zum Schwert greift, wird durchs‘ Schwert umkommen (Matthäus 26,52). Nochmal der Rabbi von Nazaret: „Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun, so tut’s auch ihnen“ (Lukas 6,31). Und ich – muss jetzt nur eins entscheiden: Wann fange ich damit an?

Andreas Brügmann
Pfarrer, Offene Kirche St. Simeonis
Die Welt retten
Indiana Jones ist zurück
Er kann es nicht lassen. Endlich ist Indy im wohlverdienten Ruhestand, hat böse Bösewichter besiegt, Atombomben überlebt und Generationen von Studierenden für Archäologie begeistert. Aber kaum droht neue Gefahr, setzt er seinen speckigen Hut auf – und rettet mal wieder die Welt.
Im wirklichen Leben wird die Welt selten von gewaltbereiten Archäologieprofessoren mit simplem Weltbild, Hut und Peitsche gerettet. Die Rettung der Welt ist schließlich eine wesentlich kompliziertere Aufgabe als Bösewichtern antike Zeitmaschinen wegzunehmen. Und laut Kinokritik sind die Helden auch nicht mehr das, was sie mal waren. Im wirklichen Leben stellen wir uns vielleicht die Frage, ob und von wem die Welt noch zu retten ist.
Die Frage ist auch, ob wir darauf warten können, dass Indiana Jones oder sonst wer kommt und das erledigt. Oder ob wir mindestens da, wo wir sind, die Welt retten können. Für einen Augenblick. Für einen Menschen. Für einen Ort. So könnte das gehen: Mit Aufmerksamkeit und Gespür für den Moment. Mit einem Streit, den wir lassen. Mit Zuhören statt Totreden. Mit in Schutz nehmen statt mitlästern. Mit Hinsehen statt Weggucken. Mit Verzichten statt Raffgier. Mit Totholzecken im Garten, Gastfreundschaft, einem Meter Wasserleitung in Tansania, Besuch in der Nachbarschaft und noch viel mehr.
„Tu was dir vor die Hände kommt, der Herr ist mit dir!“ Den Rat aus 1. Samuel 10, 7 finde ich klug und hilfreich bei meinem winzig kleinen Anteil an der Rettung der Welt. Und vielleicht habe ich ab und zu die Titelmelodie von Indiana Jones im Ohr, wenn ich aus dem Haus gehe.

Catharina Bluhm
Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Simeonis
Wie alt bist du?
Diese Frage aus einem Kindermund kommt wie aus dem Nichts. Meistens antworte ich etwas wie: „Ich bin so alt wie ich mich fühle“ oder „Ich war schon mal jünger“, manchmal aber auch die richtige Zahl. Am selben Tag fragt mich ein Erwachsener: „Wie alt bist du?“ und „Was hast du in den Jahren gemacht?“ Jetzt hätte ich gerne eine kurze Auszeit, um die Höhepunkte meines Lebens richtig darzustellen. Meist erzähle ich von meinem Beruf als Pastor, besonderen Urlauben, besonderen Menschen, die ich getroffen habe, von meiner Familie und den Orten, an denen ich schon gelebt habe. Aber diese Frage geht mir nach: „Wie habe ich meine Jahre verbracht?“. Von dort ist es gedanklich nur noch ein kurzer Sprung zu der Frage nach dem Sinn meiner Tage und meines Lebens.
Wie habe ich meine Tage gefüllt? Diese Frage beschäftigte schon Menschen vor vielen tausend Jahren. Der Beter von Psalm 90 formuliert es in Vers 12 so: „Lehre uns, unsere Zeit zu nutzen, damit wir weise werden“. Er weiß um die knappe Ressource Zeit, die uns zur Verfügung steht. Er weiß um das Ende seines Lebens und gerade deshalb bittet er darum, dass er seine Zeit gut, klug und weise nutzt.
Vielleicht bietet sich die Ferienzeit für diese Gedanken an: zurückzublicken und zu reflektieren, nach vorne zu blicken und weise Entscheidungen für den Umgang mit meiner Zeit zu treffen. Mit dem Ende der Ferien kommen wir dem Praxistest der guten Vorsätze immer näher.
Als Christen sind wir getröstet und getragen von dem Gedanken, dass unsere Zeit in Gottes Händen steht (Psalm 31,16) und wir bei Gott gut aufgehoben sind.

Olaf Mohring
Pastor der Kirche am Glacis – Evangelisch Freikirchliche Gemeinde Minden