
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Wie alt bist du?
Diese Frage aus einem Kindermund kommt wie aus dem Nichts. Meistens antworte ich etwas wie: „Ich bin so alt wie ich mich fühle“ oder „Ich war schon mal jünger“, manchmal aber auch die richtige Zahl. Am selben Tag fragt mich ein Erwachsener: „Wie alt bist du?“ und „Was hast du in den Jahren gemacht?“ Jetzt hätte ich gerne eine kurze Auszeit, um die Höhepunkte meines Lebens richtig darzustellen. Meist erzähle ich von meinem Beruf als Pastor, besonderen Urlauben, besonderen Menschen, die ich getroffen habe, von meiner Familie und den Orten, an denen ich schon gelebt habe. Aber diese Frage geht mir nach: „Wie habe ich meine Jahre verbracht?“. Von dort ist es gedanklich nur noch ein kurzer Sprung zu der Frage nach dem Sinn meiner Tage und meines Lebens.
Wie habe ich meine Tage gefüllt? Diese Frage beschäftigte schon Menschen vor vielen tausend Jahren. Der Beter von Psalm 90 formuliert es in Vers 12 so: „Lehre uns, unsere Zeit zu nutzen, damit wir weise werden“. Er weiß um die knappe Ressource Zeit, die uns zur Verfügung steht. Er weiß um das Ende seines Lebens und gerade deshalb bittet er darum, dass er seine Zeit gut, klug und weise nutzt.
Vielleicht bietet sich die Ferienzeit für diese Gedanken an: zurückzublicken und zu reflektieren, nach vorne zu blicken und weise Entscheidungen für den Umgang mit meiner Zeit zu treffen. Mit dem Ende der Ferien kommen wir dem Praxistest der guten Vorsätze immer näher.
Als Christen sind wir getröstet und getragen von dem Gedanken, dass unsere Zeit in Gottes Händen steht (Psalm 31,16) und wir bei Gott gut aufgehoben sind.

Olaf Mohring
Pastor der Kirche am Glacis – Evangelisch Freikirchliche Gemeinde Minden
Du sollst Urlaub machen!
Gottes Gebot beinhaltet auch Ruhepausen
Du sollst Urlaub machen: das steht fast wörtlich in der Bibel. Gedenke des Ruhetags, um ihn zu heiligen. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun, aber am siebten Tag sollst du keine Arbeit tun. So steht es im zweiten Buch Mose, Kapitel 20. Vers 8. Eine der Vorschriften, die Gott auf dem Sinai seinem Propheten Mose auf die Steintafel schreibt. Offenbar hat Gott gewusst, wie sehr uns Menschen die Arbeit gefangen nimmt. Deshalb die Mahnung, regelmäßig eine Pause einzulegen. Gott selbst macht es uns vor: Bei der Schöpfung gönnt er sich am siebten Tag Urlaub. Gott ruhte und erholte sich heißt es im zweiten Buch Mose, Kapitel 31 Vers 17.
Urlaub zu machen und sich zu erholen ist also ein Gebot. Unseren Urlaubsanspruch müssen wir uns nicht verdienen. Der Mensch wird ja von Gott erst am sechsten Tag erschaffen. Also ist der folgende siebte Tag, der erste ganze Tag des Menschen auf der Erde, ein Ruhetag. Für den Menschen ist Ruhe der Anfang und nicht das Ende. Dietrich Bonhoeffer sieht hier eine tiefe Einsicht über die Rechtfertigung des Menschen vor Gott: „Die Feiertagsruhe ist das sichtbare Zeichen dafür, dass der Mensch aus der Gnade Gottes und nicht aus seinen Werken lebt.“ Schon bevor wir unsere Arbeit aufnehmen, haben wir Anteil an Gottes Ruhe. Uns wird Sinn geschenkt, bevor wir unser Leben selbst in die Hand nehmen.
Urlaub unterbricht den Alltag. Dabei geht es nicht unbedingt darum, von zuhause weg zu fahren. Oftmals fehlt uns dafür das Geld. Und in klima-sensiblen Zeiten ist eine Reise auch gar nicht immer nötig. Urlaub kann auch ein Tag im Freibad sein, oder Essen gehen, oder Musik hören, oder in der Sonne sitzen. Bewusst und ganz ohne schlechtes Gewissen die Ruhe genießen: Diese Unterbrechung des Alltags ist wichtig. Sie ist geboten. Ein Urlaubstag ist eine Insel im Strom der Zeit. Die Zeit steht nicht still. Aber wir gewinnen für einen Moment Abstand vom Leben. Eine Gelegenheit, sich wieder auf das zu freuen, was das Leben mit sich bringt..
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub.

Michael Brandt
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Jakobus
Ladestation Gott
Der Akku ist leer. Ich bin müde. Alles tut mir weh. Sätze, die ich die letzten Wochen oft gehört habe. Von unterschiedlichsten Menschen, aus allen Altersgruppen. Erst heute Morgen hörte ich den Satz: „Ich kann nicht mehr!“ von einem Kollegen. Er fühlt sich kraftlos, vom täglichen Stress, gepaart mit dem Ausblick in die Zukunft, was passiert in Russland, in der Ukraine?
Ich frage mich auch: Was passiert hier? Wo findet man seine Mitte? Womit beschäftigen sich jetzt junge Menschen? Sie leben in einer bedrohlichen Zeit. Krieg, Klimakrise, Inflation….
Wo ist die Unbeschwertheit hin? Die Freude, das Gute, die kostbaren Momente? Das Gefühl, dass man Bäume ausreißen könnte?
Früher war alles besser – wird ebenfalls oft in diesem Zusammenhang gesagt. Eine Erinnerung an andere Zeiten, die auch nicht immer sorgenfrei waren. Früher war es nicht besser, es war nur anders. Der Blick zurück kann im heute helfen. Im Psalm 139.5, ein beliebter Taufspruch, steht:
„Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“
Wirkt der Taufspruch „ein Leben lang“? Ab und zu nehme ich ein altes Fotoalbum zur Hand und schaue auf meine alten Tauffotos: Wer steht um mich herum und freut sich, dass ich da bin? Gott hat mir Menschen an meine Seite gestellt. Sie haben bei meiner Taufe versprochen, dass sie meine Kindheit begleiten und mich vor allem Übel beschützen wollen. Meine Eltern, meine Paten, die Gemeinde. Sie sollten mir zeigen, dass ich ein Kind Gottes und von ihm gesegnet bin. Dass, egal was kommen wird, einer immer da ist und mich auf meinem Weg begleitet. Der mich aufrichtet, wenn ich falle. Der mich tröstet, wenn ich sage: „Ich kann nicht mehr!“ Einer der meine Akkus wieder auflädt, wenn der Akku leer ist. Mein Gott, der mir in Krisenzeiten einen Engel schickt. Keinen mit Flügeln, aber mit einem fröhlichen Gesicht und offenen Armen!
Bleiben Sie behütet, heute und morgen und immer.
