Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Jesus Christus sagt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“ (Johannes 6,37) – Jahreslosung 2022

Manchmal geht es mir noch immer so: ich schicke jemanden vor, wie ich es schon als Kind tat: „Frag Du lieber,“ sagte ich zum Bruder oder zur Schwester, versteckte mich hinter den Eltern und manchmal erwische ich mich noch dabei, dass ich meine Frau vorschicke: „Frag Du lieber!“ Bei einer Reise, in einem Geschäft, an einer unbekannten Tür. Natürlich frage ich heutzutage meistens selbst, aber wer kennt es nicht: gerade, dann wenn man nicht weiß, was oder wer einen erwartet oder eben nicht erwartet, stellt sich irgendwie das Gefühl ein: ich störe möglicherweise (diesen Eindruck kann man gelegentlich nicht ganz unbegründet in manchen Einrichtungen oder Geschäften haben), ich bin nicht willkommen, werde abgewiesen oder zumindest abweisend behandelt. Es klagen mir aber auch Menschen ihr Leid ihrer Erfahrungen, irgendwo abgewiesen worden zu sein: bei Behörden, bei der Job- oder Wohnungssuche, bei Verwandten oder Freunden, von denen sie anderes erwarteten. Und wer schon häufiger in seinem Leben schroff abgewiesen wurde, traut sich dann oft gar nicht mehr zu fragen, anzuklopfen, irgendwo anzurufen. Schon zu oft mussten sie hören: „Ich habe keine Zeit; hier sind Sie falsch; das geht mich nichts an!“ Die Verzweiflung von Menschen in Not kann man sich oft gar nicht schlimm genug vorstellen.

Jesus hatte häufig mit Menschen zu tun, denen es genau so ergangen ist, die völlig verzweifelt waren, weil niemand öffnete, niemand zuhörte, niemand half und da waren seine Worte und die Erfahrungen, die sie dann mit und bei ihm machten wie Balsam für die Seele. Hier bei ihm bin ich richtig, hier werde ich garantiert nicht abgewiesen.
Was er immer schon jedem Menschen versprach, kann uns nun für das neue Jahr 2022 als eine besondere Zusage begleiten. Was dieses Jahr bringen wird, keiner von uns weiß es! Dass der Weg ins neue Jahr nicht nur mit Hoffnungen, sondern mit vielen Befürchtungen um die Gesundheit, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Weltfrieden verbunden sind, brauche ich eigentlich nicht zu betonen. Es werden viele Menschen gute Adressen, Türen und Ansprechpartner*innen brauchen. Und bei allen Sorgen, möglicherweise abgewiesen zu werden oder wenn wir uns nicht trauen zu fragen, die Zusage Jesu gilt: „Ich bin niemals abweisend, weil ich anwesend bin.“ An jedem Tag, in jedem Augenblick auch in diesem neuen Jahr.

 

 

Pfarrer Bernhard Speller

Pfarrer Bernhard Speller

Assessor des Ev. Kirchenkreises Minden (stellvertretender Superintendent) und Pfarrer der Ev.-Ref. Petrigemeinde Minden

Eine Rose im Winter

Mitten im Winter –  blüht eine Rose;

beim Advents-Singen auf dem St. Lukas-Kirchplatz an den Rosenstöcken zum 60-jährigen Chorjubiläum (inzwischen 65  :-)) und zum 10-jährigen Gemeindemitglied-Sein!

Völlig unzeitgemäß, überraschend  wecken die einsamen Farbtupfer – rosarot – mitten im trüben, dunklen, kalten Winter Erinnerungen; Erinnerungen an helle, sommerliche, beschwingtere Zeiten. Dieses sorglosere Sommer-Gefühl scheint eingefroren; zugedeckt vom Frost des 2. Pandemie-Winters, von der Trauer um liebe Verstorbene.

Doch – die Rose blüht im Winter.
Sie trägt Trauer und Kälte.
Sie atmet den Anfang unserer Sehnsucht nach einer Welt, die uns gefällt.
Im Advent warten wir auf Weihnachten. Das Fest, an dem jedes Jahr neu die Liebe und das Licht in uns und in unsere Welt hinein geboren werden soll. Das kann nur ein göttliches Geschenk sein.
Im göttlichen Menschenkind Jesus werden uns der Glaube an das Gute, die Hoffnung auf die Menschen- und Weltfreundlichkeit und die Liebe zur Gerechtigkeit vor Augen geführt, neu ins Herz gelegt.

Das Advents-Singen klingt nach:
„Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart,
wie uns die Alten sungen, aus Jesse kam die Art
und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter
wohl zu der halben Nacht.

Das Blümlein, das ich meine, davon Jesaja sagt,
hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd;
aus Gottes ewgem Rat
hat sie ein Kind geboren,
welches uns selig macht.“

„Mitten im kalten Winter“, unter erbarmungs-losen, ärmlichen, gefährdeten Verhältnissen haben die Eltern Maria und Josph ihrem neugeborenen Jesus das Beste gegeben, was sie hatten:
Ihre Liebe, ihre Umsicht. Sie haben Leben geschenkt, behütet, gefördert, damit aller Welt ein noch viel größeres Geschenk gemacht werden konnte: Uns selig zu machen.
Das verheißt
Gottes Idee, uns zu adeln mit Seiner lebendigen Gegenwart –
Gottes Wille, uns aufzuhelfen zu einem glücklichen Leben –
Gottes Kraft, uns durchzutragen durch „die Tiefe des nächsten Tals“,
in der „uns bis heute der Heiland geboren“ wird.

Rosen blühen mitten im Winter.

 

Iris Rummeling-Becht

Iris Rummeling-Becht

Pfarrerin, St. Marien Kirchengemeinde Minden

„Trost!“

Vor 280 Jahren komponierte Georg Friedrich Händel sein bekanntestes Werk – das Oratorium „Der Messias“. Es handelt von Jesus Christus – seiner Geburt, seinem Tod, seiner Auferstehung. Das Werk beginnt mit einem alttestamentlichen Text aus dem Buch des Propheten Jesaja: „Tröstet, tröstet mein Volk – spricht euer Gott“. Das ist sozusagen das Motto des ganzen Oratoriums. Denn in ihm wird musikalisch und mit biblischen Texten erzählt, was Gott tut, um uns, seine Menschen, zu trösten, zu retten, uns zu helfen.

Dieser Text begegnet uns am morgigen Sonntag. Es ist eine der biblischen Lesungen zum 3. Advent. Was bedeutet „Trost“ eigentlich? Ist das nicht eher etwas für Kinder, die sich das Knie aufgeschlagen haben oder traurig sind, weil ihr Stofftier verschwunden ist? Nun, die Sorgen und Nöte eines Kindes müssen ernst genommen werden. Aber ebenso wie ein Kind, so brauchen auch wir Erwachsenen Trost. Es ist der Zuspruch, die Ermutigung, der Beistand in Zeiten, in denen es uns schlecht geht. Trost erfahren wir, wenn jemand an unserer Seite ist in schweren Stunden; wenn jemand unsere Nöte kennt und uns versteht; wenn wir erfahren, dass unser Leiden auch bei anderen schwer wiegt; wenn wir Unterstützung bekommen in der Überwindung dessen, was uns zusetzt.

So wie wir ein Kind trösten, so müssen auch wir getröstet werden. Gott selber verspricht uns diesen Trost! Er reißt den Himmel auf und kommt zu uns. Doch nicht als zerstörende Naturgewalt, sondern mit menschlicher Schutzlosigkeit. Gott wird Mensch. Er kommt zu uns, ganz nah, mit dem Pulsschlag unseres Lebens in unsere gebrochene Welt! Es ist der „Immanuel“, der „Gott mit uns“ in dem und mit dem Gott in unserer Welt erscheint und sie verändert. Dieser Gott will – ja: er WIRD! – bei uns sein! Bei den Geimpften und den Ungeimpften, in den Klassenzimmern und auf der Intensivstation, bei den Kranken und den Gesunden, bei den Genesenen und den Sterbenden, bei den Traurigen und den Fröhlichen, in unserem Klagen und in unserem Hoffen, an Weihnachten 2021 – und zu aller Zeit.

Georg Friedrich Händel wurde viel Geld angeboten, um sein Oratorium aufzuführen. Doch er nahm das Geld nicht an, sondern ließ seine Musik kostenlos erklingen. An dieser Trostmusik wollte er nichts verdienen. Sie sollte für die Armen und Kranken sein – umsonst, so wie Gottes Trost und seine Gnade.

„Tröstet, tröstet mein Volk – spricht euer Gott“.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten 3. Advent!

Christoph Ruffer

Christoph Ruffer

Pfarrer an St. Martini in Minden