
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Mögen Engel dich begleiten
„Dich schickt der Himmel!“ habe ich schon oft gedacht oder gesagt. Ein netter Mensch steht vor meiner Tür, der mir meinen Schlüsselbund bringt, den ich seit Stunden suche. Offenbar habe ich ihn beim Aussteigen aus dem Auto vor dem Haus verloren. Der freundliche Engel in Menschengestalt hat ihn aufgehoben und zur Haustür gebracht.
Der Himmel schickt Menschen, die auch in kleinen Alltagssituationen plötzlich hilfreich da sind, im richtigen Moment ein gutes Wort finden, helfen, trösten, in Notsituationen einspringen. Man nennt sie auch Engel, der Angelus ist ein Bote Gottes.
In der Bibel wird viel von ihnen erzählt. Sie steigen auf der Himmelsleiter auf und nieder in Jakobs Traum, sie sagen Sarah, dass sie ein Kind bekommen wird, sie sprechen zu Mose, dass er berufen ist, das Volk Israel in die Freiheit zu führen. Der Engel stellt sich Bileam und seiner Eselin in den Weg, um ihn daran zu hindern, das Volk Israel zu verfluchen. Ein Engel kündigt Maria an, dass sie die Mutter von Jesus werden wird und die Engel verkünden seine Geburt den Hirten auf dem Felde. Gott braucht Boten.
Im Film „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders sind die Engel schwarzgekleidete Menschen, die in der Stadt umhergehen. Nur die Kinder können sie sehen und nehmen sie als selbstverständlich hin. Die Engel können trösten, festhalten, Mut zuflüstern. Sie können nicht in das Geschehen eingreifen, aber sie sind da und manchmal spürbar.
An diesem Wochenende fangen die Herbstferien an. Viele machen sich auf, um sich zu erholen, Familie und Freunde zu besuchen, die Seele baumeln zu lassen. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen immer wieder Menschen begegnen, die der Himmel schickt, und dass sie behütet bleiben. So wie es in einem bei Taufen häufig gewünschten Bibelspruch heißt: Denn er hat seinen Engel befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Psalm 91, 11

Mirjam Philipps
Pfarrerin der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Windheim
„Ihr lebt da, wo andere Urlaub machen!“ Gedanken zum Erntedankfest 2021
Ich bin unterwegs beim Nordic Walking im Naturschutzgebiet entlang der Bastau. Der Mais ist in die Höhe geschossen, bald ist Erntezeit.
Die Vögel kreisen in Scharen über Wiesen und Feldern. Das „Muhen“ der Kühe ist zu hören, zwei Störche kreisen über mir, ab und zu gilt: „Rehe in Sicht!“
„Ihr lebt da, wo andere Urlaub machen!“ Dieser Satz fiel relativ schnell bei einem der ersten Besuche von Dortmunder Freunden, nachdem wir 2009 hierher nach Minden gezogen waren.
Jetzt an Erntedankfest, da wird mir bewusst, wie gut es mir und uns allen geht, in Europa, in Deutschland, in Ostwestfalen, hier in Minden.
Auch wenn die Ernten der letzten Jahre nicht so gut ausgefallen sind – Hunger und Durst mussten wir nicht leiden!
Von Dürre, Feuer und Flutkatastrophen blieben wir in Minden verschont. All das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.
Denn auch die Kontakte in der Gemeinde haben zum Großteil die Pandemie überstanden. Sie haben sich verändert.
All das lässt mich dankbar sein und diese Dankbarkeit gibt mir Kraft für Neuanfänge.
Wir müssen Gemeinde neu bauen, uns den veränderten Situationen anpassen. Wir müssen mehr auf unsere Umwelt achten, das ist in der Pandemie schnell aus dem Blick geraten.
Dass sich der Klimawandel nicht wegdiskutieren lässt, haben wir bei den Unwetterkatastrophen dieses Jahres erlebt. Und bei all dem Leid, oder vielleicht besser trotz allem Leid, das entstanden ist: jetzt gilt es anzupacken und nach vorne zu sehen.
Den Auftrag Gottes, diese Erde zu bebauen und zu bewahren und uns damit auch um unsere Mitmenschen zu kümmern, den wird niemand abstreiten. Für das Wachsen des Umweltbewusstseins bin ich dankbar, haben sich doch die 32 Konfirmanden meines diesjährigen Jahrgangs Blumenschmuck für die Martinikirche gewünscht, der nachher ausgepflanzt werden konnte.
All das schwingt für mich mit an Erntedankfest: Dankbarkeit, Freude, Sorge, Trauer, Chancen zum Neuaufbruch.
Gemeinsam können wir das schaffen, unser Mindener Land so zu erhalten, dass Menschen auch weiterhin sagen:
„Ihr lebt da, wo andere Urlaub machen!“ Und über unser Mindener Land hinaus gilt das für die ganze Erde.
Zugleich brauchen wir gelingende Gemeinschaft unter Menschen, die an einem Strang ziehen, um diese Ziele zu verfolgen.
Und für uns alle gilt dabei, dass Jesus sagt: „Du bist nicht allein! Ich bin dabei!“

Thomas Pfuhl
Pfarrer in der Ev.- Luth. St. - Martini - Kirchengemeinde Minden/Erlöserkirche
Wir haben die Wahl
Permanent…, ob Berufswahl, Partnerwahl, was will ich heute essen und: geh ich am Sonntag in den Gottesdienst?
Die Zeit der „Hirtenbriefe“ vor einer Wahl ist längst vorbei. 1980 war es das letzte Mal, dass die katholische Kirche, sich auf diese Weise zu einer Wahlempfehlung für ihre „Schäfchen“ äußerte. Und das ist gut so.
In einer Zeit, in der kirchliche Repräsentanten und Institutionen – oft zurecht – eher als Heuchler und schein-heilig betrachtet werden, ist es unangebracht, sich als moralische Instanz zu präsentieren. Natürlich ist das Christentum eine politische Religion, der Grundton, der sich durch jüdische und christliche Schriften der Bibel zieht, der „rote Faden“ sind die Betonung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, die Werte an denen sich der Konziliare Prozess und die Ökumenischen Versammlungen seit Anfang der 80-er Jahre ausrichteten. Ja, auch die Ausrichtung auf das kommende Gottesreich ist charakteristisch und unverzichtbar für den christlichen Glauben, aber darüber wird bei der Wahl ja jetzt nicht abgestimmt. Über Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung schon…
Ja, wir sind frei zu wählen und zu prüfen und zu entscheiden. Selbst die Ausrichtung an den drei genannten Stichworten des Glaubens, führt nicht direkt zum Kreuzchen bei ein und derselben Partei.
Ich habe mich auch an den Wahl-O-Maten angeschlossen, und war wenig überrascht, dass die meisten Übereinstimmungen meiner Überzeugung nicht mit dem Bündnis C zustande kamen (ehem. „Partei bibeltreuer Christen“ u.ä.).
Der christliche Glaube bekennt, dass Gott sich uns Menschen erwählt hat, und wenn wir dann wählen, unser Leben mit Gott zu leben, haben wir auch Orientierung bei unserer Wahl zum Bundestag.
Ich jedenfalls werde, bevor ich meine Kreuzchen setzte, die Programme der Parteien noch einmal intensiv prüfen auf Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.
Ihnen eine gute Wahl wünscht Pastor Volker Niggemann

Volker Niggemann
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien, Pfarrbezirk St. Matthäus