
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Ehrensache – Thema Fairness
Der Glaube versetzt Berge. Die Liebe verleiht Flügel. Und Fairness, was macht die?
Die schönsten Geschichten schreibt dazu der Sport.
Tischtennisfans werden sich erinnern: WM-Achtelfinale 2005 in Shanghai. Timo Boll führt gegen den Chinesen Liu 13:12 im entscheidenden Satz. Hat Matchball. Der Ball des Chinesen landet scheinbar hauchdünn hinter der Platte. Aus. Sieg für Boll. Aber was macht Boll? Boll zögert keine Sekunde. Korrigiert die Entscheidung des Unparteiischen. Zeigt Kantenball an. Gibt den Ball gut. Verliert am Ende mit 13:15 Satz und Match. Das gleichzeitige WM-Aus für ihn.
„Schön blöd“, mag mancher denken. Wo im Leistungssport doch nur Siege zählen. Und die Entscheidung des Schiedsrichters eindeutig war. „Darüber muss man nicht nachdenken. Für mich war das Ehrensache“, erklärte Timo Boll später im Interview. „Ich habe das nie bereut. Warum auch? Der Ball war an der Platte, also war es sein Punkt. Ich habe ja nicht etwas verloren, was mir gehört hat, sondern nur etwas zurückgegeben, was nie mein war.“
Fair geht vor! „Sportlichkeit“ ist eben nicht nur das Resultat körperlicher Fitness, sondern auch Zeichen einer aufrechten Haltung: Ehrlichkeit gehört dazu. Aufrichtigkeit. Und die Achtung des Gegners natürlich. Klar bleiben und Charakter zeigen, statt Erfolg um jeden Preis! Für Boll war das „Ehrensache“. Eine Selbstverständlichkeit.
Was man davon hat? Nun, bei Selbstverständlichkeiten fragt man nicht danach. Allerdings bleibt faires Verhalten nicht folgenlos. Neben menschlicher Anerkennung gewinnt man bestimmt einen Freund dazu. Aber was das Entscheidende ist: die Selbstachtung. Ein gutes Gewissen ist bekanntlich ein sanftes Ruhekissen. „Glücklich“ nennt Jesus in der Bergpredigt darum alle, „die ein reines Herz haben“.
Also, der Glaube versetzt Berge. Die Liebe verleiht Flügel. Fairness aber, Fairness macht glücklich. Übrigens nicht nur im Sport. In diesem Sinne – ein schönes Wochenende!

Jens Burgschweiger
Pfarrer am Bessel-NRW-Sportgymnasium Minden
Sonntag nach Ostern
Liebe Leserinnen und Leser,
wir feiern an diesem Wochenende den ersten Sonntag nach Ostern. Dieser Sonntag hat einen besonderen Namen: „Quasimodogeniti“, was bedeutet: „Wie neugeborene Kindlein“. Der Name dieses Sonntages will uns sagen, dass seit der Auferstehung Jesu Christi sich etwas grundlegend Neues ereignet hat, Jesus hat in seiner Auferstehung den Tod für einen jeden von uns überwunden, uns den Zugang zu Gottes ewiger Herrlichkeit eröffnet.
„Neugeborene Kindlein“ – wäre es nicht schön, wir dürften jetzt unser Leben ganz von Neuem beginnen, ohne alle Fehler, die wir bis jetzt gemacht haben? Und das dürfen wir tatsächlich, weil Jesus alle unsere Schuld ans Kreuz getragen und sie für uns dort bezahlt hat.
„Neugeborene Kindlein“ – dies hat noch eine andere Bedeutung. Kinder sind gewöhnlich orientierungsbedürftig, sie brauchen Jemanden, der sie an die Hand nimmt.
Ich persönlich bin oft ratlos, was ich tun soll. Und ich bin dabei in einer guten Gesellschaft. Unsere Kanzlerin sagte am 10. März in einem öffentlichen Digital-Gespräch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hilfs- und Krisentelefonen:
„Wir versuchen jetzt, die Brücken zu bauen, aber wir wissen auch nicht, wohin wir die genau bauen. Also, das Ufer sehen wir ja auch nicht.“
Es ist eine ehrliche Aussage und die Kanzlerin spricht vielen aus dem Herzen. In den Stürmen des Lebens sind wir oft ratlos. Wie gut, dass wir eine Adresse haben, an die wir uns mit unserer Ratlosigkeit wenden dürfen. Eine Liederdichterin, Hedwig von Redern, die wohl auch diese Erfahrung gemacht hat, wendet sich mit einem kindlichen Vertrauen in ihrer Not an Gott selbst:
„Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl;
das macht die Seele still und friedevoll.
Ist’s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,
dass ängstlich schlägt mein Herz, sei’s spät, sei’s früh.“
Lass uns unsere Sorgen vor Gott im Gebet bringen und auch für unsere Regierenden beten.
Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen Ihr Pastor Daniel Brüll

Daniel Brüll
Pfarrer in der Kirchengemeinde Petershagen
Fasten ist gut, nicht fasten auch.
Fasten ist gut, nicht fasten auch. In beiden Fällen können wir Gott und die eigene Seele spüren – wenn er es will. Gott lässt sich weder herbei fasten noch herbei schwelgen. Mal begegnet er hier, mal dort. Auf der Geburtsstation, im Sterbezimmer. In jedem Fall öffnet er mir die Augen, mich und die Welt neu zu sehen.
In diesem Jahr habe ich mich für‘s Nicht-Fasten entschieden. Mit Kaffee, Schokolade und anderen Lieblingslastern mache ich mir diese bitteren Wochen genießbar. „Pecca fortiter – sündige kräftig!“ Der Heilige Augustinus wusste, wovon er sprach. Ich habe sogar schon, offen gestanden, eine Tüte mit Ostereiern weggelutscht, die mich so angeschmachtet haben.
Wenn fasten, dann am besten gezwungen. Vielleicht hat Gott uns ja dazu Corona geschickt (wenn er es geschickt hat), dass wir kapieren, wie kostbar ein Leben in Gesundheit ist, an welch‘ hauchdünnem Fädchen unsre scheinomnipotente Zivilisation baumelt. Kleine Mutation hier, kleine Nebenwirkung dort, schon purzeln alle Strategien durcheinander. Heißdiskutierte Konzepte, wann Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen wieder beginnen, fliegen in den Schredder.
Jammern, Schimpfen, Schuldige suchen – das ist nicht der kreative Weg des Glaubens. Wie wäre es mit der Weisheit des Rabbi Sussija: Als sein Esel von einem Bären gefressen war, lief er tagelang jubilierend durch’s Städtel. Nach dem Warum gefragt, antwortete er: „Ich will Gott danken, dass ich nicht auf dem Esel gesessen habe. Sonst wäre ich nicht hier“.
Recht hat der Rabbi, auch heute: Was hätte uns alles sonst noch passieren können?! Vor wieviel Schlimmerem sind wir bewahrt worden? Wofür könnten wir nicht alles, auch in diesen Wochen, danken – als Gesellschaft, als Kirche, ganz persönlich? Einen kräftigen Schuss von dieser jüdischen Weisheit wünsche ich auch mir und Ihnen – vielleicht gereicht uns die herbe Suppe, die wir in dieser Zeit löffeln müssen, damit am Ende ja zum Guten.

Andreas Brügmann
Pfarrer in der Offenen Kirche St. Simeonis